Diskutiert wird schon lange, immer wieder kommen neue Vorschläge auf den Tisch und es tauchen weitere Akteure auf: Wie wird die Mainzer Innenstadt lebendiger?

Das Wirtschaftsleben zieht an, die Stadt füllt sich mit Menschen. Die auf jeden Fall »verzehren«, Speis und Trank sind sehr gefragt, die Gastronomie brummt – dem Anschein nach. Wie sich das Leben der Gastronomiebetriebe bei kälteren Temperaturen entwickelt, bleibt abzuwarten. Und der Einzelhandel? Freut sich aufs Weihnachtsgeschäft, hofft, dass nichts mehr Einschneidendes passiert, was das Weihnachtsgeschäft im stationären Handel erneut zum Erliegen bringt.

War es das? Sind die Corona bedingten Einbrüche überwunden? Wie geht die Entwicklung in der Innenstadt weiter? Welche Initiativen müssen die Gewerbetreibenden ergreifen, welche Rahmenbedingungen können von Stadt, Land, Bund über Steuerfinanzierung verbessert werden? Bringt die Mobilitätswende tatsächlich den stationären Einzelhandel zum Erliegen, weil die Menschen lieber mit dem eigenen Auto in die Stadt fahren wollen oder wollen die Menschen mehr Ruhe und Platz in der Stadt, um hier Geld auszugeben?

Es mögen nicht alle mitbekommen haben, aber es ist tatsächlich viel in Gang gekommen in den letzten Monaten. Da waren die Workshops, die Professor Funder im Auftrag der Mainzer Wirtschaftsförderung mit Wirtschaftsakteuren der Mainzer Innenstadt durchgeführt hat. Die Ergebnisse, so verlautet es aus dem Wirtschaftsdezernat, sollen auf jeden Fall noch in diesem Jahr vorgestellt werden. Wie sie dann in konkrete Aktionen umgewandelt werden – und vor allem, wann – ist offen.

Tempo 20 in der Mainzer Innenstadt

Mit der »City-Achse«, von der Bopp- über Kaiser- und Neubrunnenstraße bis hin zur Römerpassage sollen Neu- und Altstadt verknüpft werden. Die Idee stammt von der IG Mainzer City-Carré und dem Gewerbeverein Mainz-Neustadt. Wer die Akteure sind, die das aufgreifen und in den politischen Prozess einspeisen, ist offen. Auf Ansprechpartner:innen in der Mainzer Politik wartet auch Friedrich Demmler. Der Mitinhaber von Kinderladen Wirth hat vorgeschlagen, Tempo 20 in der Innenstadt einzuführen und dafür die Fahrradschutzstreifen wieder zu entfernen. Er unterstreicht noch einmal, dass sein Vorschlag nur den Bereich Aliceplatz bis Flachsmarkt und ab Kaiserstraße bis römisches Theater betreffe. Die Mainzer Straßenzüge sind zu kleinteilig, so Demmler und erlaubten kaum Fahrradwege. Als täglicher Radler weiß er zudem, dass Fahrradstreifen in der zentralen City Gefahrpunkte sind, die wiederholt zu gefährlichen Situationen führen.



Der Einzelhandelsunternehmer fordert explizit die Mainzer Grünen auf, sich mit ihren Kollegen im Landtag auf eine Lösung der Förderung von Park&Ride in den Gemeinden des Umlandes zu verständigen. »Wenn ich Bürgermeister von Saulheim oder Wörrstadt oder Nieder-Olm wäre, würde ich auch kein Geld in die Hand nehmen, damit ein Park & Ride Platz finanziert wird, der Pendler:innen und teilweise Kundschaft aus dem Umland nach Mainz abtransportiert. Das Land muss hier deutlich mehr investieren, um die ÖPNV-Anbindung für die Autofahrer attraktiver zu machen, damit nicht mehr über die Anfahrt für Kunden diskutiert werden muss«, meint Demmler.

Frühstück, Quartiere, Stadtgutschein

Teils vor, teils hinter den Kulissen haben auch der Verein Mainz Citymanagement und die unter seiner Ägide wirkende Citymanagerin Sandra Klima in den letzten Monaten einiges ins Rollen gebracht, wie Sandra Klima dem MAINZER schreibt.

Jeden ersten Mittwoch im Monat laden die Wirtschaftsförderung der Landeshauptstadt Mainz, die Werbegemeinschaft Mainz und das Citymanagement Mainzer Betriebe zum Netzwerk-Cityfrühstück ein. Alle Handelnden in der Mainzer Innenstadt haben hier die Möglichkeit, sich über ihre Ideen, Projekte oder Aktionen auszutauschen, sowie Probleme, Kritik und Anregungen anzubringen. Als Pendant dazu soll es in Kürze eine Afterwork-Veranstaltung geben, in der zu Impulsvorträgen auch Weine und Gastronomie vorgestellt werden. Citymanagerin Klima kündigt außerdem eine Neuauflage der Gemeinschaftsaktion »Die guten Adressen von Mainz« an. Hier stellen Händler:innen sich und ihr Geschäft vor.

Die Neuauflage soll »um eine digitale Präsenz erweitert« werden. Sandra Klima engagiert sich außerdem in der Quartiersbildung. Es geht um eine bessere Vernetzung innerhalb der Einzelhandelsquartiere wie Altstadt, Schillerplatz, Flachsmarkt, Fischtor, etc. (denen im MAINZER und auf www.­dermainzer.net besondere Wer­be­seiten gewidmet sind) sowie darum, An­sprech­partner:innen vor Ort zu haben und die Besonderheiten dieser Quartiere hervorzuheben – z.B. auf Hinweistafeln sowie mit »digitalen Formaten«. Als Ausdruck der Mainzer »Willkommenskultur« sollen künftig neue Geschäfte in der Mainzer Innenstadt vom Citymanagement gemeinsam mit der Werbegemeinschaft Mainz und der Wirtschaftsförderung persönlich begrüßt werden.

Schon länger im Gespräch und mittlerweile am Start ist der Mainzer Stadtgutschein: Das Citymanagement habe mit Keep­Local den idealen Partner zur Einführung eines Stadtgutscheins gefunden. Inzwischen seien mehr als 70 Mainzer Unternehmen angeschlossen. Für die Weihnachtszeit wird den Mainzer:innen ein besonderes Angebot unterbreitet: für 20,- € einen Gutschein kaufen und für 25,- € einkaufen. Apropos Weihnachten: In diesem Jahr kümmert sich vor allem das Mainzer Citymanagement gemeinsam mit der Werbegemeinschaft Mainz um die Weihnachts­beleuchtung.

Mit Bildern Geschichten erzählen

Das Ziel, die Mainzer Innenstadt attraktiver zu machen, dafür engagieren sich auch Manuel Schneider und das Team von geMAINZ­am. Allerdings setzen er und seine Mit­strei­ter:innen auf die Ansprache über Social Media. Die Plattform will innenstadtnahen Aktiven ein Gesicht geben und nutzt dazu in erster Linie Instagram. Hier werden die Geschichten der inhabergeführten Läden erzählt, um Infos zu transportieren und Beziehungen zur Kundschaft aufzubauen. geMAINZam soll sich zu einem digitalen Branchenbuch entwickeln, das über eine eigens designte Stadtkarte Nutzungsmöglichkeiten anbietet. Die Plattform ist ein loser Zusammenschluss von Unternehmer:innen, ohne Hierarchien, transparent und ehrenamtlich organisiert. Ein Team mit sechs Menschen, die sich hauptsächlich über Whats­App austauschen, organisiert die Aktivitäten. Aus dem Social Media-Raum heraus tritt geMAINZam mit einer Plakatkampagne, die zuletzt im Juli die Gesichter der Mitglieder in den Vordergrund stellte und nach der Bundestagswahl wiederaufgelegt wird. Ein Teil des Budgets dazu stammt von der Mainzer Wirtschaftsförderung.

Manuel Schneider, der nach seinem BWL-Studium in unterschiedlichen Branchen arbeitete und sein Geld zurzeit als Service-Leiter in der Eulchen-Brauerei verdient, bezeichnet die Mitstreiter:innen von geMAINZam als offen und am Austausch mit anderen Handelnden in der Innenstadt interessiert. In der Vergangenheit sei allerdings auch der Eindruck entstanden, dass jüngere Unternehmer:innen nicht wirklich ernst genommen würden.

Und wie geht es weiter?

Zuerst mit weiteren Initiativen. Die IHK für Rheinhessen lädt am 30. November 2021 zu dem Innenstadt-Forum: »Wie lebendig ist die Mainzer Innenstadt der Zukunft?« Oberbürgermeister Michael Ebling widmet sich der Frage: »Wohin will die Stadtregierung?«. Prof. Dr. Jörg Funder, fragt: »Wo steht Mainz, wo steht die Welt?«. Mit »Einkaufslust im Boulevard LU« beschäftigt sich Bauunternehmer und Investor Tim Gemünden, und Dirk Brunner, Leiter Lidl Immobilien Südwest Rhein-Main, spricht zum Thema »Lebensmittel-Handel neu gedacht«. Weitere Impulse zum Thema Handel kommen von Dr. Thomas Scherer, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Rheinland-Pfalz. Die anschließende Diskussion wird moderiert von Detlef Hans Franke, Geschäftsführer der FuP Kommunikations-Management GmbH, die Kooperationspartner der Veranstaltung ist. Infos und Anmeldung: www.rheinhessen. ihk24.de/innenstadtforum.

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Mainzer Innenstadtentwicklung: Corona als Schub für gemeinsames Handeln