Die Integration in den Arbeitsmarkt von geflüchteten Menschen zu beschleunigen ist ein Ziel des Job-Turbo; Ende März 2024 erklärten die Agentur für Arbeit Mainz sowie die Industrie- und Handelskammer für Rheinhessen und die Handwerkskammer Rheinhessen den Mainzer Job-Turbo.

Fachkräftemangel – überall. In der Industrie, im Handwerk, in der Verwaltung. Die geburtenstarken Jahrgänge gehen nach und nach in Rente: Es werden noch mehr offene Stellen nicht neu besetzt werden können. Tatsachen, die lange bekannt sind. Lange auch versuchen die Agentur für Arbeit, die Industrie- und Handelskammer und die Handwerkskammer gegen zu steuern. Die Institutionen bieten Programme und Projekte an, um mehr junge Menschen in Ausbildung zu bringen, um mehr Fachkräfte aus dem Ausland zur Arbeit in Deutschland zu bewegen und mehr Menschen aus dem Transferleistungsbezug in Arbeit zu bringen. Auch für die Arbeitsmarktintegration von Geflüchteten und für die Unterstützung von Betrieben, die Menschen ohne deutschen Pass beschäftigen, gibt es Förderprogramme und Unterstützungsangebote.
Diese Maßnahmen haben durch den Job-Turbo einen neuen Antrieb bekommen. Ziel ist, mehr Geflüchtete in den Arbeitsprozess zu integrieren und so weniger Geflüchtete übers Bürgergeld zu unterstützen. Das heißt, Menschen, deren Deutschkenntnisse noch nicht so gut sind, in Arbeit zu bringen und die Vertiefung der Deutschkenntnisse berufsbegleitend fortzusetzen.

Selbst für den Lebensunterhalt sorgen

Seit Februar 2024 können Geflüchtete bereits mit A2-Sprachkenntnissen eine Arbeit aufnehmen und so für ihren Lebensunterhalt selbst sorgen. Die Vertiefung der Deutschkenntnisse findet Job-begleitend online oder in Präsenz, z.B. in den Betrieben statt. Deutschlandweit sollen so fast 400.000 Menschen schneller in ein Arbeitsverhältnis gebracht werden. In den Jobcentern des Bezirks Rheinhessen (das sind die Jobcenter Mainz, Worms, Alzey-Worms und Mainz Bingen) sind rund 3.000 Geflüchtete aus der Ukraine und rund 6.000 aus Afghanistan, Eritrea, Irak, Iran, Nigeria, Pakistan, Somalia und Syrien gemeldet. Als arbeitslos zählen von dem 3.000 Ukrainer:innen rund 1.500 und von den 6.000 Geflüchteten aus den Asylherkunftsländern rund 2.800.
Einen Paradigmenwechsel nennt Heike Strack diesen Turbo. Die Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Mainz verdeutlicht dies am Beispiel der Geflüchteten, die in der Regel zwei Jahre in Sprachkursen und Qualifizierungsmaßnahmen festhängen, bevor sie eine Arbeit aufnehmen dürften. Durch den Job-Turbo sei es nun möglich, diese Erwerbsfähigen bereits mit einem A2-Sprachniveau in den Arbeitsprozess zu integrieren und arbeitsbegleitend weiter zu qualifizieren, sowie das Sprachniveau zu verbessern. Berücksichtigt würden dabei Arbeitsangebote, die «Berufsadäquat« seien, z.B. mit dem Start als Helfer:in im Pflegebereich, in der Gastronomie oder im Handwerk mit dem Ziel, den qualifizierten Berufsabschluss zu erwerben.

Problem Kinderbetreuung

Anja Obermann nannte die Struktur der Handwerksbetriebe, die oft als Familienunternehmen bestehen, als einen Vorteil für die Eingliederung von Geflüchteten. Die persönliche Ansprache und Begleitung von Menschen im Arbeitsprozess gelänge hier oft leichter, so die Hauptgeschäftsführerin der Handwerkskammer Rheinhessen. Gleichzeitig möchte Obermann den Betrieben die Angst, allein gelassen zu werden mit Menschen, die nicht so gut Deutsch sprechen, nehmen: «Für eine wirkungsvolle Umsetzung des Jobturbos setzen wir z.B. auf begleitende Module zur Qualifizierung und Spracherwerb sowie enge Begleitung und Unterstützung sowohl der Betriebe als auch der Migrantinnen und Migranten.« Obermann erinnerte aber auch daran, dass mehr Plätze für die Kinderbetreuung erforderlich seien um insbesondere die arbeitsfähigen Frauen in den Arbeitsprozess integrieren zu können.
Der Hauptgeschäftsführer der IHK Rheinhessen, Günter Jertz, betonte, «die Hürde Sprache, die wollen wir nehmen.« 42.000 mittelständische Betriebe in Rheinhessen müssten animiert werden, beim Job-Turbo mitzumachen. Er wies darauf hin, die Unternehmen könnten auf zahlreiche Angebote der IHK Rheinhessen zugreifen, um die Integration von Arbeitskräften mit weniger Sprachkenntnissen in den Arbeitsprozess zu unterstützen. Jertz nannte die rheinland-pfälzischen Welcome Center, den Runden Tisch «Internationale Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter«, Webinare zum Fachkräfteeinwanderungsgesetz sowie Workshops mit dem Netzwerk «Unternehmen integrieren Flüchtlinge, von der Rekrutierung bis hin zur Prüfungsvorbereitung«.

Marion Diehl/SoS
weitere Auskünfte und Informationen:
https://www.arbeitsagentur.de/vor-ort/mainz/jobturbo
https://www.hwk.de/migranten/
https://www.ihk.de/rheinhessen/aus-und-weiterbildung/ausbildungsberatung/fluechtlinge
Hinweis: Am 18. April 2024 findet die Mainzer Berufsanerkennungsmesse im Stadthaus Große Bleiche (Große Bleiche 46, 55116 Mainz) statt. Die Messe richtet sich an Zugewanderte mit ausländischen Abschlüssen und interessierte Unternehmen, die sich zur Anerkennung ausländischer Abschlüsse und entsprechenden Anpassungsqualifizierungen beraten lassen möchten.