Es geht um den Anbau von Getreide und Erdbeeren, um Frisch- und Kaltluft für die Innenstadt und um ein Gelände für die Life-Science-Branche: Lässt sich das unter einen Hut bringen?

Die Stadt Mainz will sich als (inter-)nationaler Wissenschafts- und Biotechnologiestandort etablieren. Im März 2022 wurden die Absichten in einer Städtebaulichen Strategie festgehalten; im November 2023 beschloss der Stadtrat den Gesellschaftervertrag für die biomindz GmbH. Als Standortentwicklungsgesellschaft in kommunaler Hand soll sie die Stadt Mainz dabei unterstützen, sich zu einem international sichtbaren und erfolgreichen Bio­technologiestandort weiterzuent­wickeln.

Für diese Entwicklung werden auch bislang unbebaute Flächen gebraucht. Der Fokus liegt auf dem 50 Hektar großen Gelände nahe der Mewa-Arena, zwischen dem Hochschulerweiterungsgebiet (B 158) im Osten, der Bahnlinie Mainz-Alzey im Westen, der Saarstraße im Norden und des Dalheimer Wegs im Süden (siehe Foto).

Die Fläche wird bislang ausschließlich landwirtschaftlich genutzt; sie zählt zu den Mainzer Frischluft- und Kaltluftentstehungsgebieten. Im Januar 2024 wurden die Ergebnisse der ersten Planungsstufe eines städtebaulichen Wettbewerbs für die Entwicklung des 50 Hektar großen Geländes der Öffentlichkeit vorgestellt.

Zu den Kritikern des gesamten Vorhabens, die sich im »Netzwerk Nachhaltige Stadtentwicklung« zusammengeschlossen haben, zählen auch »Pächter:innen und Eigentümer:innen betroffener Flächen«. Alfred Zimmer ist einer von ihnen.

Kein einheitliches Bild

Mitte Januar berichtete der Landwirt im Ruhestand und Vorsitzende des Gonsenheimer Bauernvereins e.V. dem MAINZER, wie er als Eigentümer die Bebauungsabsicht einschätzt. Alfred Zimmer weiß, dass der Boden hier erstklassig ist. Bis vor wenigen Jahren wurde hauptsächlich Gemüse angebaut für den Verkauf auf dem Gonsenheimer Wochenmarkt und in der gesamten Region. Mittlerweile gedeiht auf den Feldern überwiegend Getreide, auf einem Teil liegen Erdbeerfelder eines Draiser Obstbauern. Bei dem Gelände handelt es sich um klein-parzellierte Flächen, aufgeteilt auf viele Eigentümer:innen. Ursprünglich sollte das Nullfünf-Stadion hier errichtet werden. Damals, erinnert sich Zimmer, seien die Preisvorstellungen für den Verkauf der Flächen weit auseinandergegangen, das für den Stadionbau erforderliche Areal kam nicht zusammen. Die Arena musste schließlich ein Stück weiter in Richtung Stadt gebaut worden. Alfred Zimmer beobachtet, auch jetzt herrsche kein einheitliches Bild: Manche wollten verkaufen und auf das Angebot der Stadt (50 E/qm) eingehen, andere würden gerne einen höheren Quadratmeterpreis erzielen wollen.

Der Gonsenheimer wendet sich gegen die Bebauung der landwirtschaftlichen Fläche: »Es gibt genügend Leerstände in Mainz, u.a. im Hechtsheimer Wirtschaftspark und im alten Hechtsheimer Gewerbegebiet, da müssen nicht ausgerechnet diese Flächen mit der hervorragenden Bodenqualität zubetoniert werden.« Und: »Vielleicht sind wir in ein paar Jahren froh, wenn wir noch in der Lage sind, Nahrungsmittel in unmittelbarer Nähe der Stadt anbauen zu können«, blickt Zimmer auf die aktuellen Krisen und Kriege in der Welt. Zudem werde nach der Komplettbebauung des Kisselbergs durch gegenüberliegende Gebäude die Frischluft- und Kaltluftzufuhr weiter beeinträchtigt.

Alternativstandort?

Zimmer kritisiert, dass noch immer keine Alternative für diesen Standort geprüft worden sei und die unzureichende Information: »Als es um die Flächen für den Stadionbau ging, haben wir das aus dem Fernsehen erfahren und jetzt hat erneut niemand mit uns vorab darüber gesprochen.« Seitens des Stadtplanungsamtes sei den Landwirten ein Gespräch über die beanspruchten Flächen in Aussicht gestellt worden – das habe aber nie stattgefunden. Völlig unverständlich ist für Alfred Zimmer, dass Landwirte einerseits regionale Nahrungsmittel produzieren sollen, andererseits ihre Flächen mit Gebäuden zugepflastert würden: »Wie passt das zusammen?«

| SoS

Siehe auch…
Eine Städtebauliche Strategie, ein Städtebaulicher Wettbewerb, Zwei Gutachten:
Kaltluft und Frischluft spielen in allen eine Rolle. Welche?

Biotech-Standort: Kaltluft ist angesagt