Am Rossmarkt vereint »to:mas Die Weinbar« Mittelmeer-Genüsse aus Ost und West mit Rheinhessenwein. Pinsa ist der neue Star.

Was wurde nicht schon alles über Trends und Wunder in Küchen und Restaurants geschrieben – über Superfoods und Powerfruits, Matcha-Latte, Poke Bowls und Sushi-Bagels. Essen, Trinken und Marketing gehen schon immer gut zusammen.

Noch recht neu in diesem Konzert ist die derzeit trendende »Pinsa«, die – ihrem eigenen Mythos folgend – von den alten Römern stammt und jetzt wiedergeboren wurde.

Alles Küchenlatein. So schön der Mythos, so profan die Wirklichkeit. Ja, es waren zwei Römer, Alberto di Marco und sein Vater Corrado, die sich vor 20 Jahren die raffinierte Mischung aus Weizen-, Reis-, Sojamehl und Sauerteig ausgedacht haben. Der angeblich lateinische Name Pinsa und die nette Geschichte von den Pinsa-Bäckern in der Antike sind eine »storiella«, frei erfunden, wie Corrado kürzlich selbst eingestand. Kein Fake ist indessen das Ergebnis: ein fluffiger, außen knuspriger und innen saftiger Teig, der sich mit allem bele­gen und verfeinern lässt, was schmeckt.
Mit entsprechend vielen Fragezeichen machen Mister X und ich uns auf nach Alzey. Am Rossmarkt im Stadtzentrum hat sich Thomas Heinicke niedergelassen, der mitten in der Pandemie für sein gerade erst eröffnetes Lokal »to:mas« eine Lösung für den Außer-Haus-Verkauf brauchte und so zu einem der Vorreiter der »Pinsa« in Deutschland wurde.




Levantinischen Küche

Das blieb nicht die einzige Überraschung, die der Gastgeber auftischt, der vielen noch aus der Zornheimer Weinstube und zuletzt dem Schloss Sörgenloch bekannt ist. Auf einer seiner Reisen hat er sich für die Aroma-Feuerwerke der levantinischen Küche begeistert – und sie prompt nach Alzey mitgebracht, wo er die Küche des östlichen Mittelmeeres mit jener aus Italien und Frankreich vermählt. Statt Spundekäs und Fleischwurst gibt es zum Rheinhessenwein deshalb Hummus, Thunfischpaste und Pinsa.

Klingt gewagt, ist gekonnt umgesetzt und hat die Gäste schnell überzeugt, wie wir uns im voll besetzten Gastraum überzeugen können. Im modernen Ambiente der ehemaligen Rheinhessen-Vinothek, ein bisschen eng, geht es unkompliziert zu. Wir fühlen uns wohl.

Gerichte der Aromenvielfalt

Der Empfehlung des Maître, uns mit einer bunten Mischung der angebotenen Gerichte der Aromenvielfalt des östlichen und westlichen Mittelmeers hinzu­geben, folgen wir gern. So stehen wenig später Lachstatar mit Apfel und Zwiebeln (15 €), Pulposalat mit Chili und Knoblauch (14,50 €), hausgemachte Thunfischpaste (8 €), Hummus mit Kichererbsen (7 €), und eine kleine Pinsa mit Knoblauch, Pesto, Parmesan und Pinienkernen (5 €) auf dem Tisch. Und weil es Mister X auch noch nach einem Fleischgericht gelüstet, bekommen wir außerhalb der Karte auch noch ein Lammragout mit Ratatouille und Kichererbsen.

Alle Hoffnungen auf Wohlgerüche und die Aromenvielfalt des Morgenlandes erfüllen sich auf diesem Tisch. Zart marinierte Stücke von Pulpoarmen (eigentlich ja Füßen) haben dank Chiliflocken und Limette ordentlich Wumms, während das Lachstatar zurückhaltender gewürzt ist, um dem feinen Fisch nicht in die Quere zu kommen. Der Hummus hat neben den Kichererbsen einen gleichrangigen Anteil von Sesammus und schmeckt zu frischen Scheiben von hellem und dunklem Brot. Die Thunfischpaste ist deutlich gehaltvoller, als man es von der italienischen Tonnato-Soße kennt. Das Geheimnis: Neben Mayonnaise und Schmand adeln Kapern, Sardellen und rote Zwiebeln die Paste zum eigenständigen Gericht. Das Lammragout, butterzart, zaubert dank Kreuzkümmel und Zimt Tausendundeinenacht in die rheinhessische Hügellandschaft. Und dann kommt sie, die Pinsa: knusprig, luftig wie Blätterteig, und dennoch saftig im Innern. Ein herrliches Aroma von Knoblauchbutter, Pesto gibt ihr Geschmacksfülle, geröstete Pinienkerne nussigen Crunch. Das kann eine Pizza definitiv nicht.

Platzhirsche des rheinhessischen Weinadels

Der Blick in die Weinkarte untermauert, warum das »to:mas« im Untertitel »Die Weinbar« heißt. 20 offene Weine, noch einmal 25 Flaschenweine repräsentieren die Platzhirsche des rheinhessischen Weinadels, berücksichtigen aber auch aufstrebende junge Winzer und scheuen nicht den Blick über die Grenzen in europäische Weinregionen. Die Preise liegen mit einem Schoppenpreis von meist vier bis sechs Euro in einem gastfreundlichen Bereich. Bei den Flaschenweinen gilt vorbildliche Transparenz: Auf den Preis ab Hof des Winzers schlägt das to:mas zwölf Euro auf. Für die Mitnahme gilt der Preis des Weinguts ohne Aufschlag.

Im Gastraum flirrt die Luft, das Stimmengewirr, angeregt von den Düften der Levante und dem Geist des Weines, erinnert entfernt an einen orientalischen Bazar. Mister X lächelt zufrieden. »Ein ungewöhnliches Konzept, eine außergewöhnliche, konsequente Umsetzung. Und das Publikum folgt dem neugierig und mit
Genuss. Was will man mehr.«

| Lou Kull

ESSEN8,5
TRINKEN9,5
SERVICE9,0
AMBIENTE8,5
PREIS/LEISTUNG9,0
GESAMT44,5 : 5 = 8,9 KAPPEN

Fazit

Thomas Heinicke bringt in Alzey rheinhessischen Wein mit den Gewürzen des Orients und der Raffinesse der italienischen und der französischen Küche zusammen. Ein gelungenes Experiment eines gastronomischen Weltenbummlers. Das »to:mas« pflegt nicht die große Geste, eher die Liebe zum Detail. Das gilt in der Küche ebenso wie im Weinangebot. Der Gast wird von einem fürsorglichen Service mitgenommen und stets gut beraten. Preis und Leistung stehen zueinander in bestem Verhältnis. Wer Pizza mag, wird Pinsa lieben. Empfehlung: Einfach mal ausprobieren.

to:mas Die Weinbar
Rossmarkt 4
55232 Alzey
Telefon 06731 94 79 41 0
www.to-mas.de
info@to-mas.de
Öffnungszeiten
Di bis Sa 11 bis 23 Uhr.
Durchgängig Küche.
So und Mo Ruhetage.