»Lu’s Bunter Genuss« setzt in Jordan’s Untermühle neue Akzente. Jeden Tag ein neues Menü.

Es sind beeindruckende Stationen, die Luisa Jordan seit ihrer Kochlehre im Schlosshotel  Elmau absolvierte. Im dortigen Gourmettempel Luce d’Oro und später im Berliner Restaurant Facil – beide zwei Michelin-Sterne – war sie Mitglied in zwei der renommiertesten Küchenteams im Land, bevor sie ihre Ausbildung zur Küchenmeisterin abschloss.

Gründe genug für große Neugier auf ihren Neuanfang als Küchenchefin im elterlichen Betrieb »Jordan’s Untermühle« im rheinhessischen Köngernheim. »Lu’s Bunter Genuss« ist Titel und Versprechen der Neuinszenierung des seit fast 20 Jahren von den Jordans betriebenen Mühlenanwesens. Nach mehreren Renovierungen, Um- und Neubauten präsentiert es sich heute als stylishes Wellnesshotel und heimathistorisches Schmuckstück im Herzen Rheinhessens.

Sichtfachwerk, Naturstein, helles Holz und gedämpftes Licht prägen den gut besuchten Restaurantbereich, in dem sich auf gepolsterten Stühlen gemütlich sitzen lässt. Mit einem täglich wechselnden drei Gänge-Menü (55 €), dessen einzelne Gänge auch à la carte geordert werden können (Suppe 9 €, Vorspeise 15 €, Hauptgang vegetarisch 34 €, Fisch 35 €, Fleisch 36 €, Dessert 12 €), will Luisa Jordan »Die Welt auf den Teller« bringen. Dabei stützt sich die Küche auf hochwertige Produkte heimischer Erzeuger, von Metzgern, Jägern und Bauern aus der Region.




Wohldurchdachte Weinkarte

Begleitend dazu bietet die wohldurchdachte Weinkarte einen qualitätsorientierten Querschnitt durch das größte deutsche Anbaugebiet, von den Großen Gewächsen der VDP-Winzer über Bio- und Piwi-Weine bis hin zu Orts- und Gutsweinen aus der Nachbarschaft. Mehr als 80 Flaschenweine, ein Viertel davon auch als offene Weine, sortieren sich zum Schaufenster dieses vielfältigen Anbaugebiets. Die Preise (Piffchen ab vier Euro aufwärts) bewegen sich am oberen Rand. Wer es unbedingt international mag, findet auch noch eine Auswahl von Weinen aus Südeuropa und aus Übersee.

Das Menü von heute sieht eine Bouillon mit Pilzen und Schoten, einen Hauptgang (vegetarisch Bohnen mit Raita und Hirse, Fischgang Oktopus mit Dill und Kartoffeln, Fleischgang Huhn mit Peperonata und Beluga) und als Dessert entweder Maracuja, Macadamia und Biskuit oder (gegen fünf Euro Aufpreis) eine Käseauswahl mit Hausbrot und Butter vor. Als Hauptgang-Special ist gegen zehn Euro Aufpreis auch Reh mit Trüffel und Rosenkohl im Angebot. Da wir heute zu dritt sind, wählen wir neben Suppe und Dessert voller Vorfreude drei verschiedene Hauptgänge: Oktopus, Huhn und Reh.

Aromatisches Hausbrot

Zuvor aber genießen wir ein hoch aromatisches Hausbrot mit feiner Porung und elastisch-fester Krume. Mister X – bekennender Brot-Aficionado – lobt darüber hinaus die kräftige Kruste mit ihrem herb-malzigen Aroma. Die dazu gereichte Butter ist hart. Schade.

Die Bouillon steht auf dem Tisch. Eine Kraftbrühe, die ihren Namen verdient. Dunkelbraun, extrem würzig, mit angenehmer Schärfe im Rachen. Kleine Pilze (Enoki?), hauchdünne Streifchen von Kaiserschoten und dünne Scheibchen von Schwarzwurzel geben der feinen Brühe Textur und Biss. Ein geschmackvoller Auftakt.

Wenig Begeisterung zeigt Mister X bei der Verkostung des Geflügelgangs. Die enthäutete Hühnerbrust ist in Ordnung, keineswegs trocken, aber auch kein Gaumenschmaus. Die Peperonata mit geschmorten Paprika, Tomaten, Zwiebel und Belugalinsen versöhnt mit ihrer aromatischen Note.

Übersichtlich ist der Teller mit dem Wild-Gang. Eineinhalb Reh-Medaillons, zart gegart, lechzen nach aromatragender Sauce, da einige dünne Trüffelscheibchen neben dem Rosenkohl kaum auffallen. Highlight des Tellers aber sind dampfgegarte Teigsäckchen, die mit einer würzigen Rehfarce gefüllt sind.

Bleibt noch der Fischgang. Eigentlich ja der Meeresfrüchtegang, wie Mister X mir sofort erklärt. Da Tintenfische keine Wirbelsäule haben, sind sie eben Früchte. Basta! Aber was für welche: Stücke der Fangarme und des Körpers sind knusprig-zart und haben kräftigen Röstgeschmack. Geschmorte Tomaten, frischer Dill, Sardellen und frittierte Kapern steuern salzig-säuerliche Aromen bei. Halbierte Drillinge neutralisieren. Perfekt.

Recht erfrischend gestaltet sich das Maracuja-Dessert mit hauchzartem Bisquit und Macadamia-Crush.

Im Hinausgehen doziert Mister X noch, dass Oktopoden wie alle anderen Tintenfische keine Wirbelsäule haben und deshalb auch keine Fische sind, folglich im Menü kein Fischgang, sondern ein Meeresfrüchte-Gang. Er hat Recht.

| Lou Kull

ESSEN8,5
TRINKEN8,5
SERVICE8,0
AMBIENTE8,0
PREIS/LEISTUNG7,5
GESAMT40,5: 5 = 8,1 KAPPEN

Fazit

Luisa Jordans Heimkehr nach Köngernheim hat Jordan’s Untermühle gut getan. Die Erfahrungen aus den Geschmackstempeln in Elmau und Berlin heben das Niveau schmeckbar, auch wenn es im Detail noch Luft nach oben gibt. Der Service umsorgt den Gast angenehm, das schmucke Anwesen hat Wohlfühlcharakter. Das große Weinangebot aus der Region hält Vertrautes wie auch manche Entdeckung vor. Die aufgerufenen Preise stehen nicht immer in ausgewogenem Verhältnis zum Gebotenen.

Lu’s Bunter Genuss
in Jordan’s Untermühle
Außerhalb 1
55278 Köngernheim
Telefon: 06737 71 00 0
www.jordans-untermuehle.de
info@jordans-untermuehle.de
Öffnungszeiten
Täglich geöffnet.
Küche 18 bis 20.30 Uhr.
Sonn- und Feiertags 12 bis 20.30 Uhr
Reservierung empfohlen