LeBonBon zelebriert kreativ-bunte und mutige Küche mit hohem Anspruch.
Kleine Fehler schlagen kaum zu Buche. Location in ehemaligem Theater in der Mainzer Spritzengasse.

 

In den Räumlichkeiten, wo früher City-Kino und TiC (Theater im City) für Unterhaltung sorgten, wird seit Kurzem eine andere Form von Entertainment geboten. LeBonBon hat ein Konzept, das anderswo in der Gastronomie der Landeshauptstadt so nicht zu finden ist. Mister X und ich gehen voller Neugier in das Haus in der Mainzer Spritzengasse. Geradlinig gestyltes, dunkles Mobiliar und ein rustikaler Holzboden sowie eine langgestreckte Bar, an der kunstvolle Cocktails gemixt werden, dazu unterschiedlich lange Kunststoffröhren, die senkrecht von der Decke hängen, bilden den Rahmen. Zwei große Durchreichen lassen den Gast erkennen, dass in der Küche ein vielköpfiges Kochteam wirbelt. Die Kellner tragen teilweise hippe Hosenträger, sind sehr zuvorkommend, aufmerksam und flink.

Vorweg wird ein Gruß aus der Küche aufgetragen, der bereits darauf hindeutet, dass wir bezüglich der Küchenleistung einiges erwarten dürfen: Rillette vom Hirsch, Sauerkirsch-Risotto und Petersilien-Püree. Dazu bekommen wir zwei Sorten Brot, das außen leider beginnt trocken zu werden, und Butter. Im LeBonBon gibt es mehrere Speisekarten, die sozusagen Themenbereiche abdecken und deren Namen für sich sprechen: »Otto Lipp Bistro«, »Emmy Lipp Menü« und »Butchers’ Lovers Steaks«.

Blutwurstpraline ohne Fettstückchen

Mister X beginnt mit der Maronencremesuppe mit Preiselbeeren, Chili und geräucherten Entenbrustnocken zu 10,50 Euro. Kommentar des Gourmets: »Eine leichte, frisch aufgeschlagene Suppe, der der Preiselbeerschaum eine elegante Note verleiht. Das Gänseblümchen obenauf ist eine hübsche, kreative Verzierung.« Dazu mundet meinem immerwährenden Begleiter der trockene Graue Burgunder von Hofmann/Appenheim zu 6,20 Euro im 0,2-Liter-Glas. Von der Verheißung auf kulinarische Genüsse angeregt, bestellt X gleich eine weitere Vorspeise, und zwar die karamellisierte Blutwurstpraline mit Apfel-Linsen-Salat, Röstzwiebeln und Merrettich-­Gel (7,50 Euro). In der Blutwurst ist überhaupt kein Fett zu erkennen, »das Ensemble schmeckt fein und kraftvoll, die Blutwurst ist für meinen Geschmack allerdings zu schwach gewürzt«, so des Meisters O-Ton. Zu dieser Vorspeise macht sich der trockene Riesling »Fass 18« des Appenheimer Weinguts Knewitz (5,90 Euro) gut.

Nicht, dass ich Mister X alles nachmachen wollte, aber auch ich entschließe mich für zwei Vorspeisen. Der Gugelhupf aus Räucherlachs und Rauchforelle mit scharfem Gurken-Chutney und Meerrettich-Gel (14,90 Euro) schmeckt nicht nur großartig, sondern ist auch optisch brillant angerichtet. Das Chutney überwältigt mich in seiner Köstlichkeit geradezu. Der trocken ausgebaute Graue Burgunder von Groebe (Westhofen, 4,60 Euro) passt. Des Weiteren labe ich mich an den hausgemachten Trüffel-Pommes mit Parmesan (5,90 Euro). Die in einer typischen Spitztüte mit Zeitungsmotiven servierten Pommes sind außen knusprig und innen zart, die Sauce und der obenauf geriebene Trüffel bilden die perfekte würzig-feine Begleitung. Als Getränk bietet sich das Thomas Henry Tonic Water für 3 Euro an.

Einstieg in die große Steakwelt

Mister X widmet sich nun den fleischigen Genüssen, schließlich wirbt LeBonBon mit seiner Steak-Kompetenz. Mein Vis-à-vis steigt in die Steakwelt ein mit dem Sirloin Cut Sirloin mit Fettrand, das circa 250 Gramm schwer ist und 29 Euro kostet. Als Beilagen wählt er gegen Zuzahlung das Kartoffelgratin (4 Euro), Pfefferjus (3,50 Euro) und Kräuterbutter (2 Euro). Die Ränder des Fleischs erscheinen Mister X etwas trocken, innen ist das Medium-rare-Stück sehr schön saftig. Nun folgt der Fleischhöhepunkt: Dry aged (also trocken gereiftes) Filet, circa 250 Gramm, 46 Euro. Dazu nimmt X Pommes frites (4 Euro) und Pfefferjus (3,50 Euro). »Das Fleisch ist sehr gut geraten, was man bei diesem Preis zweifelsohne erwarten darf, die Pommes frites allerdings sind großenteils krisselig-klein und teilweise viel zu fest«, heißt sein Fazit.

Ich mache es preislich einige Nummern kleiner und starte meine Hauptspeisen mit dem »New York« BBQ Gourmet Steak Burger: 125 Gramm Dry agedSteak vom Lavasteingrill mit geriebenem Cheddar-Cheese, Bacon, Roten Zwiebeln, BBQ-Sauce, Gurken, Wachtelspiegelei und Home Fries (16,90 Euro). Das Fleisch – kein Hack, sondern ein richtiges Steak – überzeugt qualitativ, geschmacklich und von der Größe her. Die Sauce ist angenehm scharf, die Pommes frites ähneln leider denen, die es zu X’ zweiter Hauptspeise gibt.

Den Schlusspunkt setze ich mit auf der Haut gebratenem Wolfbarschfilet im gelierten Paprikasud, dazu werden Vanille-Sellerie-Püree und Kartoffelperlen gereicht (25,50 Euro). Die kleine Fischportion überzeugt geschmacklich, die Kartoffelperlen – kleine Bällchen – sind zu bissfest. Als Hingucker fungiert die künstlerisch gestaltete Sellerie-Deko mit Fischmotiven. Den trockenen »Fritz«-Riesling des Nackenheimer Weinguts Gunderloch (4,90 Euro) habe ich mir als Getränke-Begleiter ausgesucht. Mister X und meine Blicke kreuzen sich augenzwinkernd: So ausführlich haben wir selten getestet.

Fazit:

LeBonBon, das betreibertechnisch mit Hintz & Kuntz sowie LOMO im Verbund steht, ist eine hippe Location und stellt einen außergewöhnlich hohen Küchen-Anspruch an sich selbst, der auch zumeist eingelöst wird. Die von uns wahrgenommenen Flüchtigkeitsfehler sind mit Sicherheit leicht zu beseitigen. Das Küchenteam weiß jedenfalls, was es tut. Beste Zutaten und ein hohes Maß an Kreativität sind Pluspunkte, einige Speisen erscheinen uns preislich aber auf Sterneküche-Niveau und sind für das Gebotene zu teuer. Der puristisch formulierten Weinkarte mit einer Vielzahl von rheinhessischen Top-Weinen fehlen die gängigen Detail-Informationen, was geändert werden sollte. Vollends überzeugt der stilsichere, stets auf der Höhe befindliche Service.  | Lou Kull

ESSEN8,5
TRINKEN8,5
SERVICE9,0
AMBIENTE9,0
PREIS/LEISTUNG7,0
GESAMT42,0 : 5 = 8,4 KAPPEN
LeBonBon
Spritzengasse 2
55116 Mainz
Tel. 0 61 31 / 606 06 23
www.lebonbon-mainz.de
Öffnungszeiten:
Mo bis Sa ab 17 Uhr, Sa auch
vormittags, So Ruhetag,
tel. Reservierung ab 14 Uhr