Wasserstoff – der Energieträger verbessert die CO2-Bilanzen und ebnet den Weg in eine CO2-freie Mobilität. Volker Hans ist von der Technologie seit Jahren fasziniert. Als ehrenamtlich arbeitender Dezernent für Fördermittelmanagement treibt er den Einsatz von Wasserstoff in Mainz voran.

Die Bundesregierung hat ein Förderprogramm aufgelegt, mit dem der Einsatz von Wasserstoff in Deutschland vorangetrieben werden soll: HyLand. Drei Projektphasen bieten Städten, Landkreisen und Regionen die Möglichkeit, ausgehend von ihrem jeweiligen Ist-Stand im Umgang mit Wasserstoff, dessen Potenziale zu erkennen (»HyStarter«), tragfähige Konzepte zu erstellen (»HyExperts«) sowie zusammen mit Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft aktiv umzusetzen (»HyPerformer«).

Foto oben: Schmelze Blick in die Schmelze: Spezialglas wird bei Temperaturen von bis zu 1.700 Grad Celsius geschmolzen; SCHOTT erforscht wie Spezialglas mithilfe von Grünstrom oder Wasserstoff geschmolzen werden kann.

Die erste Phase, HyStarter hat Mainz übersprungen. Möglich wurde das, so erzählt es Volker Hans, weil die Mainzer Stadtwerke mit Kooperationspartnern bereits seit 2015 im Energiepark in Hechtsheim eine 6 MW-Power-to-Gas-Anlage betreiben. Dort entsteht »grüner« Wasserstoff, die Energie stammt aus den benachbarten Windrädern. 10 % des erzeugten Wasserstoffes werden in das Erdgasnetz in Mainz-Ebersheim eingespeist; 90 % per LKW u. a. zur Wasserstoff-Tankstelle transportiert, um die Brennstoffzellenbusse im Mainz-Wiesbadener ÖPNV zu betanken; außerdem werden Industriekunden beliefert. Die HyStarter-Phase zu überspringen war auch möglich, weil die Schott AG bereits seit Jahren den Einsatz von Wasserstoff in der Glasproduktion erforscht – das Unternehmen braucht einen Ersatz für den fossilen Energieträger Erdgas.

Volker Hans (FDP)

Als Ehrenamtler im Einsatz für die Wasserstoff-Technologie: Der Mainzer Fördermitteldezernent Volker Hans (FDP);
© Carsten Costard

Mainz wollte also direkt in die HyExperts-Phase einsteigen, für die eine Fördersumme von 400.000 Euro ausgeschüttet wurde. Die Vorbereitungen für die Bewerbungen waren umfangreich und komplex: es brauchte Expertise über das Wissen in den Unternehmen hinausgehend, der potenzielle Bedarf für den Einsatz von Wasserstoff musste erfasst werden, Vernetzungsstrukturen aufgebaut und politische Entscheidungsträger:innen überzeugt werden. Die Bewerbung für eine staatliche Förderung bedeutet immer Zeit- und Personalaufwand, es braucht Geld, um Expertise einzukaufen. Volker Hans nutzte seine Kenntnisse und Kontakte, überzeugte Menschen in Politik, Verwaltung und Unternehmen, beschaffte die erforderlichen Mittel – und es gelang: Die Projektskizze konnte rechtzeitig im Juni 2021 eingereicht werden. Im September 2021 verkündete die Mainzer Pressestelle: »Mainz erhält Zuschlag im ›HyExpert‹-Wettbewerb und wird eine von 30 Wasserstoff-Regionen.«

Mainz ist »HyExpert-Region«

Damit war »MaHYnzExperts« geboren – und jetzt begann für Hans und seine Mitstreiter:innen die Detailarbeit. Bis zum 31. Januar 2022 musste im Einzelnen dargestellt werden, wofür die 400.000 Euro Fördergelder ausgegeben werden sollen: Wie hoch ist der Anteil an Fahrtkosten, wie viel kostet die wissenschaftliche Expertise, wie viel die Workshops und die Öffentlichkeitsarbeit, welche Partner beteiligen sich. Das Geld für diese Arbeit konnte von der Mainzer Stiftung für Klimaschutz und Energieeffizienz bereitgestellt werden. Erneut gelang es in kürzester Zeit, alle Unterlagen einzureichen: Am 12. Mai 2022 wurde der Förderbescheid überreicht und Mainz somit offiziell zur »HyExpert-Region«.

Zum Einsatz kommt Wasserstoff in Mainz weiterhin als Beimischung im Erdgasnetz von Mainz-Ebersheim, für die Glasschmelze bei der Schott AG und in der Papiertrocknung der essity GmbH in Mainz-Kostheim – hier besteht laut Hans seit Anfang 2023 durch eine neue Trocknungsmaschine die Möglichkeit, Erdgas vollständig durch grünen Wasserstoff zu ersetzen; seit Juli 2021 sind zwei elektrisch angetriebene Müllfahrzeuge mit Brennstoffzellentechnik in der Mainzer Innenstadt unterwegs, ein Brennstoffzellenbus ist seit Januar 2022 für die Mainzer Verkehrsgesellschaft im Einsatz, fünf weitere werden demnächst folgen; die ursprünglich auf dem Betriebshof der Wiesbadener ESWE installierte Wasserstoff-Tankstelle wird in Kürze auf dem Gelände des Wirtschaftsbetriebs aufgebaut.

Fördermitteldezernent Volker Hans denkt längst über diesen Ist-Stand hinaus: Mainz wird sich für die letzte HyLand-Projektphase bewerben und will zum HyPerformer werden: 15 Mio. Euro Fördergelder sollen in dieser Phase ausgeschüttet werden. »Aufgrund der Einsparungen im Bundeshaushalt ist aktuell aber nicht sicher, ob diese Projektgelder weiterhin zur Verfügung stehen werden«, stellt Hans fest – und arbeitet dennoch am Bewerbungskonzept für die HyPerformer-Phase.

Brennstoffzellenbus

Der erste Brennstoffzellenbus bei der Mainzer Mobilität ist seit Januar 2022 im Einsatz
(© Mainzer Mobilität

Neue Ideen entwickeln

»Wir brauchen dazu neue Ideen, solche die über das hinausgehen, was im Einsatz von Wasserstoff bereits Usus ist.« Kontakte hat er geknüpft zu Unternehmen, die Wasserstoff-betriebene Nutzfahrzeuge herstellen – für den Einsatz auf Mainzer Äckern und in Mainzer Obstplantagen; Logistik-Unternehmen hat Hans angefragt, ob sie auf Wasserstoff-betriebene Transporter umsteigen würden, Tankstellenbetreiber, ob sie eine Wasserstoff-Tankstelle  (z. B. im Hechtsheimer Gewerbe­gebiet/­Messegelände) bauen würden, die Erweiterung des Mainzer Energieparks mit einer Verdoppelung der Wasserstoff-Produktion ist eine weitere Option, IHK und HWK sollen ihre Mitglieder befragen, ob sie auf Wasserstoff-betriebene Fahrzeuge umsteigen würden – alles unter dem Gesichtspunkt einer entsprechenden staatlichen Förderung. Denn noch sind Brennstoffzellen-betriebene Fahrzeuge viel zu teuer. Beispiel: Ein Dieselbus kostet aktuell ca. 300. 000 €, ein Wasserstoffbus ca. 800.000 €, abzüglich einer Förderung von 300.000 € ist er immer noch 200.000 € teurer als die alte, aber in Zukunft verbotene Dieseltechnik.

Vom Tisch ist mit großer Wahrscheinlichkeit die Idee, auf dem Gelände der Zentralkläranlage eine Elektrolyseanlage zu bauen, um grünen Sauer- und Wasserstoff zu erzeugen. Der Sauerstoff wird in der 4. Reinigungsstufe gebraucht, der Wasserstoff stünde bspw. für den Verkauf an der Wasserstofftankstelle zur Verfügung. Allerdings, so berichtet Volker Hans, sei die Elektrolyseanlage mit 1,25 MW sehr klein und es finde sich kein Unternehmen, das sie zu einem akzeptablen Preis baut.

Wasserstoff-Kernnetz

Ein weiteres Thema, mit dem sich Hans beschäftigt, ist der Anschluss an das Wasserstoff-Kernnetz, das die Bundesregierung sukzessive aufbauen will, in dem vor allem bestehende Erdgasleitungen umgerüstet werden. Im Städteausschuss Mainz-Wiesbaden hat Hans die Idee vorgestellt, ein bundesländerübergreifendes lokales Wasserstoff-Netz zu etablieren. Die Wasserstoff-Belieferung von industriellen Großkunden per Leitungssystem könnte im Unterschied zur Belieferung mit LKWs so CO2-neutral (und in der erforderlichen Menge) erfolgen.

Der Mainzer Fördermitteldezernent prüft derzeit, ob der Aufbau eines lokalen Wasserstoff-Netzes im KIPKI-Wettbewerbsverfahren des RLP-Wirtschaftsministeriums angemeldet werden könnte: Hier stehen für die Wasserstoffstrategie 25 Mio. Euro zu Verfügung.

| SoS