Im Schürhoff am Neuborn in Wörrstadt gilt vor allem eines: Es muss frisch und hausgemacht sein.

Mister X blättert murmelnd drei Seiten vor, zwei wieder zurück, »…wo ist denn…«, wieder vorblätternd, »…ah ja, hier…nein, da«. Mit der Sortierung der Speisenkarte kommt er nicht so recht klar. »Es ist doch eigentlich einfach«, doziert er, »Vorspeisen, Salate, vielleicht Zwischengerichte, Hauptgänge, Desserts. Vielleicht noch eine Spezialitätenkarte und die Gerichte für die Kinder«. Aber im Schürhoff am Neuborn in Wörrstadt ist vieles anders. Auch die Karte. Und wie beim Italiener (Pizza oder Pasta?) oder beim Asiaten (Nudel- oder Reisgerichte? Ente, Hühnchen, Rind oder Schwein?) stehen hier erst mal ganz prinzipielle Fragen an. Deutsch oder US-Amerikanisch? Spätzle, Burger, Schnitzel oder Rumpsteak? Alles weitere, wie Zubereitungsart, Beilagen oder Dipps ergibt sich dann. Wer also nach Kategorie liest, freut sich, wenn dabei die möglichen Beilagen immer wieder aufgeführt sind. Wer es aufeinanderfolgend liest, stolpert dann gleich dreimal über die gleichen Beilagen.

Familie Schürhoff macht noch andere Dinge anders. Meist achtet man schon gar nicht mehr auf die winzig kleinen hochgestellten Buchstaben oder Ziffern, die in der Speisenkarte die 320 Zusatzstoffe und Allergene anzeigen. Meist verbirgt sich dieser Chemiebaukasten in so genannten Convenience-(Bequemlichkeits-)Produkten, also Fertigsoßen und –suppen, vorgeschältes oder vorgegartes Obst und Gemüse oder Beilagen. Und weil die Schürhoffs in der Küche solche Fertig- und Halbfertiggerichte gar nicht erst benutzen, sind sie in der Speisenkarte auch nicht gekennzeichnet. Wer eine Allergie oder Unverträglichkeit hat, sagt dem auskunftsfreudigen Service Bescheid und erhält sofort geduldige Beratung.

Womit wir beim Kern der Dinge sind, dem auf den ersten Blick ungewöhnlichen Mix der Angebote. Hier gibt es Burger. Aber nicht die bekannten aus der Fast-Food-Kette, sondern hausgemachte. Nicht mit genormten tiefgekühlten Fertig-Patties. Die Küche verspricht Fleisch, das aus dem argentinischen Roastbeef geschnitten und dann durch den Wolf gedreht wird. Das Ganze liegt auch nicht zwischen zwei knatschigen Weizen-Buns, sondern in einem lackglänzenden Brioche-Brötchen.




Zur Bestellung

Wir nehmen einen kleinen (120 Gramm Roastbeef) BBQ-Burger für 10,50 Euro (der große mit 180 Gramm kostet 12,90 Euro), garniert mit Fleischtomate, Gewürzgurke, Schmorzwiebeln, Röstzwiebeln, Salat und BBQ-Soße, und einen Hawaii Burger (11,50/13,90 Euro) mit gegrillter Ananas, Cheddar, Zwiebel, Fleischtomate, Gewürzgurke, Salat, Currymayo und Ketchup. Beide mit Hauspommes (3 Euro), das sind gewellte frittierte Kartoffelscheiben, goldgelb, kross und saftig. Dazu gibt es einen sehr leckeren Beilagensalat mit Bohnen, Blattsalaten, Gurke, Tomate, Zwiebeln, Croutons und Sonnenblumenkernen.

Als Weltbürger, der alle Küchen zwischen Texas und Feuerland kennt, zeigt mir Mister X, wie man ohne Besteck einen großen Hamburger isst. Nach drei Versuchen sieht er aus wie ein kulinarischer Märtyrer nach den ersten Folterungen. Ein Bild des Jammers, das den Service so erbarmt, dass er sofort eine Runde Besteck und Mister X zu den Waschräumen bringt.

Wir probieren außerdem ein Sloppy Schnitzel (normal 10,90, doppelt 18,90 Euro), ein paniertes Schnitzel mit jener pastosen Hack-Soße, die der Legende nach vom »Sloppy Joe‘s« in Key-West/Florida erfunden wurde. Für meinen Geschmack ein bisschen senflastig, aber auch kräftig fruchtig.

Die Käsespätzle mit Emmentaler und Bergkäse und dem schon erwähnten Beilagensalat (12,50 Euro) wirkten dagegen etwas kraftlos. Spätzle mit mehr Biss und herzhafterem Käse hätten hier gut getan.

Die Getränke

Mit der Getränkekarte sind wir schnell durch. Die Beschränkung auf Weingüter aus der nächsten Umgebung ist ehrenwert, aber den Blick auf das restliche Rheinhessen zu weiten, wäre für Genusstrinker eine Wohltat. So hatten wir mit dem halbtrockenen Grauburgunder, einem trockenen Riesling und einem trockenen Chardonnay (4,20 bis 4,50 Euro für das 0,2-Glas) drei brave Vertreter mit Frucht, aber wenig Körper im Glas. Zur Südstaatenküche muss es ja auch nicht Wein sein. Die Karte bietet genügend Alternativen.

Ach ja: Abschließender Kommentar von Mister X, als er von den Waschräumen zurück kommt: »Sauber!«

| Lou Kull

ESSEN7,5
TRINKEN6,5
SERVICE7,5
AMBIENTE7,0
PREIS/LEISTUNG8,0
GESAMT36,5 : 5 = 7,3 KAPPEN

Fazit

Wer eingetretene Pfade mal verlassen will, ist hier richtig. Was wie eine Vereinsgaststätte wirkt (Sonnenterrassen-Blick zu den Sportplätzen), ist ein Ort, an dem so gekocht wird, wie man es eigentlich immer gern hätte: frisch, originell, alles hausgemacht. Das ist bei Gerichten, die man sonst aus der Fast-Food-Küche an der Autobahn kennt, bemerkens­wert und man schmeckt den Unterschied. Der Service ist herzlich und hilft beim Navigieren durch die Karte. Sonderwünssche – kein Problem. Das Getränkeangebot hilft vor allem gegen den Durst. Die Preise sind für Hausmacherkost von Guacamole bis frisch gemahlenem Hack in Ordnung.

Restaurant Schürhoff am Neuborn
Am Neuborn 2
55286 Wörrstadt
Telefon: 06732 6 07 96 14
www.schuerhoff-neuborn.de
info@schuerhoff-neuborn.de
Öffnungszeiten
Mi bis So 17 bis 21 Uhr;
So/Feiertag auch 12 bis 14 Uhr