Das »BOOTSHAUS« im Hotel »PAPA RHEIN« an der Bingener Flusspromenade bietet in mehrfacher Hinsicht Genuss. Ambiente und Weinkarte sind extraordinaire.

In Rheinhessen finden sich vielerorts Fleckchen, an denen es sich zu verweilen lohnt. Nach einer gut halbjährigen, durch Corona bedingten Pause sind Mister X und ich erstmals wieder auf den Pfaden erfreuender Gastronomie unterwegs und landen mit dem »BOOTSHAUS« in Bingen gleich einen Volltreffer. Es liegt direkt an der Flusspromenade, die seit und mit der Landesgartenschau im Jahr 2008 eine enorme Aufwertung erfuhr.

Das »BOOTSHAUS« macht – wie sein Domizil, das Hotel »Papa Rhein« – seinem Namen alle Ehre. Das Gebäude und die komplette Anlage rundherum sind stilistisch durchgängig maritim gestaltet, im Inneren des Restaurants gibt es sogar Sitzplätze auf feinstem Sand. Wir sind um die Mittagszeit hier und nehmen auf der großzügigen Terrasse Platz, deren Bodenbelag aus hellen Steinplatten besteht. Urige Holztische und Stühle in Schmiedeeisen-Optik dienen als Möblierung, riesige Sonnenschirme bilden ein Schatten spendendes Dach. Insge­samt wirkt das Hotel-Restaurant-Ensemble mit den verwendeten Werkstoffen Holz, Glas, Stein und Metall ansprechend natürlich. Unser Blick schweift über den Fluss hinüber zur Rheingauer Seite, die sich von Burg Ehrenfels bis hin zur Abtei St. Hildegardis oberhalb von Rüdesheim-Eibingen in voller Pracht präsentiert.



Rindertatar frisch aufgeschnitten

Soweit die beeindruckenden Rahmenbedingungen. Nun aber zu Essen und Trinken. Vorweg bringt uns die freundliche weibliche Bedienung verschiedene Brote mit einer leichten, aufgeschäumten Butter, die vom Haus als »Röstbutter« bezeichnet wird. Mister X wählt als Vorspeise das Rindertatar mit Mojocreme, diversen Kräutern und Thunfischrillette. »Das Fleisch des Tatars ist offensichtlich frisch aufgeschnitten und nicht durch den Wolf gedreht. Sehr angenehm«, gibt X zu bedenken und scheint von diesem kleinen Gericht angetan zu sein. Die Rillette bezeichnet er als den »Pfiff schlechthin«. Bunte Kräuter, Blüten und Senfsaat auf dem Tatar lassen das Ganze (18 Euro) auch optisch sehr ansprechend erscheinen.

Unsere charmante Begleiterin hat sich für den »Bootshaus Salat« mit Makrele, Bohnen und pochiertem Ei (14 Euro) entschieden, der mit diversen Kräutern, Croûtons und Radieschenscheiben garniert ist. Das Dressing empfindet sie als »zurückhaltend, zart«, die Portion als »groß und sättigend«.

Vor mir steht derweil der »Segler Snack« für 11 Euro, der so recht maritime Gefühle aufkommen lässt. Serviert wird das hübsche Ensemble auf einer kernigen Holzplatte, auf der sich ein Stück Räucheraal, ein Schälchen mit Rührei, ein weiteres wiederum mit der besagten Röstbutter, zwei Scheiben geräucherter Schinken und drei Scheiben Gewürzbrot befinden. Es handelt sich hierbei nicht um eine revolutionäre wiewohl solide Vorspeise mit qualitativ hochwertigen Zutaten.

Kabeljau geschmacklich superb

»Knuspriger Kabeljau, Fregola mit Tomate, Aubergine, Pistou« – so steht das Gericht, das Mister X als Hauptgang bestellt, auf der Speisekarte. »Geschmacklich superb«, urteilt mein immerwährender Begleiter. Zudem sieht das, was auf dem Teller liegt, in der Tat raffiniert aus. Der Fisch ist umwickelt mit einem gerösteteten Kartoffelteig in Spaghettiform, als Fundament dient die Fregola-Pasta, die ihre Heimat in Sardinien hat und in der Form an schwäbische Knöpfle erinnert. Die Pistou, eine Art provençalisches Pesto, zieht sich in Ringform am Tellerrand entlang. Berechnet wird dieses Arrangement mit 29 Euro.

Die Dame an unserem Tisch hat ihre Freude an der »Reis Bowl« mit mariniertem Fjordlachs für 22 Euro. Da gibt es optisch und geschmacklich viel zu entdecken: Wildreis, gewürfelte Rote Bete, diverse Gemüse, Avocado, Koriandersamen und Ingwer. »Der Eindruck der Frische ist hierbei nicht allein sensorisch spürbar, sondern erfasst auch das Auge«, hören X und ich schwärmen.
Vor mir steht derweil das Bärlauchrisotto mit cremigem Eigelb und Radieschen zu 18 Euro. Das klingt nicht Aufsehen erregend. Gleichwohl wird auch mit dieser Speise der optische Sinn immens angesprochen, und soweit ich mich erinnere, hatte ich geschmacklich selten etwas Feineres auf der Zunge.

| Lou Kull

ESSEN8,5
TRINKEN9,0
SERVICE8,5
AMBIENTE9,5
PREIS/LEISTUNG9,0
GESAMT44,5 : 5 = 8,9 KAPPEN

FAZIT

Das »BOOTSHAUS« in Bingen ist wahrlich einen Besuch wert. Sämtliche Zutaten aller Gerichte, die wir probierten, waren erstklassig, die Arrangements der Speisen sind kreativ, und das Auge bekommt ebenso viel geboten wie Zunge und Gaumen. Das Ambiente ist aus den besagten Gründen extraordinaire. Den Service erlebten wir als ausgesprochen freundlich. Die Weinkarte lässt sich besten Gewissens der Spitzenklasse zurechnen. Bei den offenen Weinen findet man so renommierte Weingutsnamen wie Wittmann, Becker-Landgraf und Hemmes aus Rheinhessen, Tesch, Korrell und Joh. Bapt. Schäfer von der Nahe sowie Georg Breuer und Robert König aus dem Rheingau. Die Preise für 0,1 Liter liegen zwischen 4 und 6 Euro. Mit einer Vielzahl hervorragender Tropfen aus Deutschland, Österreich, Italien, Frankreich, Spanien und Portugal glänzt die Flaschenweinkarte.

Die gastronomische Verantwortung und Küchenleitung im »BOOTSHAUS« hat seit Ende August 2020 Nils Henkel inne, der zuvor drei Jahre lang Küchenchef auf Burg Schwarzenstein in Johannisberg war und hier den zweiten Michelin-Stern erkochte. Kurzum: Das was im »BOOTSHAUS« geboten wird, ist sein Geld wert.

BOOTSHAUS
im Hotel PAPA RHEIN
Hafenstraße 47a
55411 Bingen am Rhein
Tel. 0 67 21 / 350 10
hallo@paparheinhotel.de
WhatsApp 0 15 11 / 597 09 55
www.paparheinhotel.de/gastro/das-bootshaus
Öffnungszeiten: siehe oben genannte Website

 

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