Am 22. März steht weltweit das Thema Wasser im Mittelpunkt. Mancherorts gibt es zu viel davon, andernorts vertrocknen die Ernten. Auch in Mainz und Umgebung muss über den Wasser­verbrauch (Trinkwasserversorgung) nachgedacht werden.

Schneeschmelze, tagelange Regengüsse, Hochwasser: Nach drei sehr trockenen Sommern, mit wenig Niederschlägen und hohen Temperaturen müssten doch die Wasservorräte in den Böden aufgefüllt, der Grundwasserpegel angestiegen sein? Ist das so? DER MAINZER fragte Kai Reinheimer, der in Ginsheim Gemüse anbaut, das er auf dem Mainzer Wochenmarkt verkauft und Mithun Basu, der als Kaufmännischer Geschäftsführer der Mainzer Netze GmbH auch für die Trinkwasserversorgung in der Region zuständig ist.

2018 begann Kai Reinheimer sich über die Bewässerungssysteme auf seinen Äckern Gedanken zu machen. Seine Brunnen waren ziemlich leer. Im Dürresommer 2019 war ihm dann klar, er muss jetzt schnell handeln, neue Bewässerungstechniken müssen her. Im Dürresommer 2020 musste er schließlich zwei Äcker »still legen«, die Beregnung komplett einstellen. Es war kein Wasser mehr da und er befürchtete, den Betrieb aufgeben zu müssen. Es ging dann doch weiter. Der Ginsheimer hat sich ein Netzwerk aufgebaut, das bis Südspanien und Israel reicht. Regionen, die schon immer mit Wasser haushalten mussten, um Nahrungsmittel anbauen zu können. Reinheimer adaptiert die Techniken, experimentiert und tüftelt, um die Bewässerungsarten an seine Böden anzupassen und auf seine Kulturen abzustimmen.

Aktuell, mit Blick auf das Hochwasser und die Regenmengen im Januar, blickt er entspannter Richtung Frühjahr. Sorgen bereitet ihm aber nach wie vor die Bodensättigung. Nach drei Dürrejahren in Folge dauert es schließlich lange bis die Lehm-Löß-Schichten wieder Wasser aufnehmen können. Anders als die Landwirte in den angrenzenden Gemarkungen Trebur und Bauschheim, kann der Ginsheimer kein unterirdisches Wasserreservoir »anzapfen«. Seine Brunnen brauchen Niederschläge und – Hochwasser, das unter den Hochwasserschutzwänden durchsickern, die Böden komplett durchfeuchten und sich langsam im Grundwasser verteilen kann. »Der Boden muss bis auf eine Tiefe von 2,50 m gesättigt sein, damit die Kulturen nach der Anpflanzung erst mal ohne Beregnung auskommen«, erklärt er.

200.000 Euro für Bewässerungstechniken

Kai Reinheimer

Kai Reinheimer, © Mario Andreya

Der Gemüsehof Reinheimer hat mittlerweile eigenen Angaben zufolge mehr als 200.000 Euro in neue Bewässerungstechniken investiert. Zuschüsse für die Investitionen und das Umrüsten von Landmaschinen gab es keine. »Wir wollten herausfinden, wie wir Wasser, Dünger und Energie einsparen können, dennoch gelten wir als nicht förderungswürdig.«

Herausgefunden hat er einiges. Der Gießwagen, der auf einer Breite von 36 Metern wässert, passt gut zu Blattkulturen. Tomatenpflanzen mögen schließlich die Tropfenbewässerung. Die dünnen Schläuche bringen das Nass direkt an den Wurzelbereich der Pflanzen, die Verdunstung ist geringer, es gibt keinen Windabtrieb und die Bodenfeuchte wird in drei Bodenschichten gemessen. Das spart 70% Wasser und 50 % Energie. Die über den Schläuchen ausgebrachte Mulchfolie aus Stärke oder anderen biologischen Materialien reduziert die Bodenverdunstung und Vögel können die Schläuche nicht aufpicken. Auch das ist ein Ergebnis der Trockenheit. Finden die Krähen kein Wasser mehr, picken sie Löcher in die Wasserschläuche, um zu trinken und zu baden.

Fließt durch die Schläuche kein Wasser, kann der Dünger direkt an die Pflanzen ausgebracht werden. »Das verhindert die Nitratauswaschung in den Boden und wir haben insgesamt 46 % weniger Düngemittel verbraucht, als erlaubt ist«, sagt Reinheimer. Und: Die Tropfenbewässerung kombiniert mit Mulchfolie verringere die Pilzanfälligkeit, entsprechend sei der Herbizid-Einsatz geringer. »Wir sind als Gemüseanbauer Standortgebunden, haben die Situation angenommen und machen das Beste daraus«, ist Kai Reinheimer überzeugt, dass seine Investitionen und sein Ausprobieren alternativlos sind.

Gemeinsam: Die Trinkwasser­versorgung langfristig sichern

Mithun Basu

Mithun Basu

Mithun Basu, Kaufmännischer Geschäftsführer der Mainzer Netze GmbH, ist skeptisch: »Wir sehen nicht, dass die Regenfälle und das Hochwasser ausreichen, dass wir als Trinkwasserversorger sorgenfrei in den Sommer schauen könnten.« Basu hat noch keine aktuellen Daten vorliegen, veranschaulicht seine Skepsis anhand von Daten zu den langjährigen Niederschlagsmengen und zum Temperaturanstieg. Die jährlichen Temperaturen in Deutschland von 1881 bis 2018 lagen in den letzten Jahre zunehmend im roten Bereich. Gleichzeitig blieben die Niederschlagsmengen in den Sommermonaten der letzten drei Jahre weit unter dem langjährigen Mittel. Der Klimawandel mit weniger beständigen Niederschlägen und höheren Temperaturen ist eindeutig und: »Für uns als Wasserversorger ist nicht der Durchschnittsverbrauch das Problem. Was uns ernsthaft Sorgen bereitet, ist der Spitzenverbrauch«, sagt Basu. Wenn an den sehr heißen Tagen Planschbecken gefüllt und Gärten bewässert werden, kann die Trinkwasserproduktion ihre Grenzen erreichen. »Wir wollen Zusammenhänge klarmachen, die von den Verbraucher/-innen akzeptiert werden und ihr Verhalten beeinflussen«, sagt Basu.

Einfach ausgedrückt lautet dieser Zusammenhang so: Ein wasserreicher Winter reicht nicht aus, in einem möglichen weiteren niederschlagsarmen und heißen Sommer so viel Wasser zur Verfügung zu stellen, dass zu allen Zeiten alle Gärten bewässert und alle privaten Planschbecken gefüllt werden können. Den Verbraucher/-innen soll bewusst werden, dass sie an den heißen Tagen Abstriche machen, wo es möglich ist. »Wir wollen die Verbraucher/-innen einbinden, ihnen ihren Beitrag aufzeigen, damit wir gemeinsam langfristig den Trinkwasserbedarf in unserer Region decken können – trotz weiter steigender Bevölkerung und trotz Klimawandel«, sagt Basu und: »Nutzen wir doch die Vorteile der Digitalisierung.« Ein Blick auf die Wetter-App zeigt, wann es heiß wird und das Planschbecken für die Kinder wird einfach ein paar Tage vorher gefüllt. Wer sich darauf einlässt, hilft, den Verbrauch in den Spitzenzeiten zu reduzieren. Das entlastet dann die Trinkwasserversorgung und trägt dazu bei, dass Anordnungen, Wasser zu sparen unnötig sind.

Wasserkraftwerke in Hof Schönau

Möglich sind solche Anordnungen auch in hiesigen Gefilden. In den gesetzlichen Regelungen vom Bundes-Wasserschutzgesetz bis zum Landeswassergesetz Rheinland-Pfalz sind die Prioritäten der Wasserversorgung festgelegt. Die öffentliche Versorgung steht ganz oben, heißt: »Beim Trinken darf es keine Abstriche geben«, sagt Basu. Die Mainzer Netze produzieren in ihren drei Wasserkraftwerken Hof Schönau, Eich und Petersaue das Lebensmittel Trinkwasser. Dieses kann zudem CO2-arm konsumiert werden: Wasserhahn auf, Glas füllen. Das Befüllen von Flaschen und der Transport von Kisten entfällt.

Hohe Investitonen für die Trinkwasserversorgung

Wird die Bewässerung von Gärten, das Waschen von Autos in einer Engpass-Situation reglementiert, können die Ordnungsämter entsprechende Kontrollen anordnen und Verstöße ahnden – nur da will niemand hin! Der Umgang mit Trinkwasser soll auch an sehr heißen Tagen möglichst im verantwortlichen Handeln des Einzelnen geregelt werden.

Die Mainzer Netze und die Mainzer Stadtwerke-Gruppe investieren im langjährigen Mittel pro Jahr durchschnittlich 10 Mio. € in die Erhaltung und den Ausbau ihrer Trinkwasserversorgung. In den kommenden fünf Jahren wird das Investitionsvolumen auf rund 85 Mio. € aufgestockt. 2021 werden zwei Brunnen im Wasserwerk Hof Schönau erneuert. Im Wasserwerk Eich müssen Pumpen ausgetauscht werden. Außerdem kommt die Erneuerung der Transportleitung vom Hof Schönau weiter voran. »Pro Abschnitt, für den wir ein Jahr einplanen, können 300 bis 1000 Meter erneuert werden, abhängig von den Gegebenheiten: ein Abschnitt, der über ein freies Feld führt ist leichter zu erneuern, als einer der entlang einer Bahntrasse oder einer Autobahn führt«, erklärt Basu.

| Marion Diehl (SoS)

www.mainzer-netze.de
www.gemuesehof-reinheimer.de

 

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