2020 war ein gutes Jahr für die Mainzer Stadtwerke AG und ein sehr schlechtes für den ÖPNV. Daniel Gahr, Vorstand der MSW ist insgesamt zufrieden und denkt an die Zeit nach der Pandemie.
Das Unternehmensergebnis 2020 wird auf jeden Fall »über Plan« liegen und, vorbehaltlich der abschließenden Prüfungen, werde es das beste Jahresergebnis seit 2012 sein, sagt Daniel Gahr zufrieden. Trotz der Corona-bedingten Einschränkungen und Herausforderungen. trotz der erheblichen Verluste der MSW-Tochter Mainzer Verkehrsgesellschaft (MVG), die von der MSW-»Mutter« wie eh und je ausgeglichen werden. Gerechnet wird mit einem MVG-Defizit von etwas über 20 Mio. € für 2020. Ohne die Corona-Hilfsgelder von Bund und Land wären es vermutlich an die 30 Mio. € gewesen. Insgesamt hatten 2020 der Bund und die Länder 5 Mrd. € zur Unterstützung des ÖPNV in Deutschland zur Verfügung gestellt, von denen 3,4 Mrd. € abgerufen wurden. Der Restbetrag von 1,6 Mrd. € kann 2021 erneut beantragt werden. Für die MVG waren 10,9 Mio. € bewilligt worden, 9,1 Mio. € hat das Verkehrsunternehmen erhalten, der Rest wird bis September 2021 ausbezahlt.
Hoher ÖPNV-Defizit
»Wir sind sehr dankbar für diese Unterstützung, aber wir rechnen auch für 2021 mit einem hohen ÖPNV-Defizit«, sagt Gahr. Er verweist auf Forderungen des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen, in dem auch die MVG Mitglied ist: Weitere 2 Mrd. € staatlicher Unterstützung seien nötig, um deutschlandweit die Verluste im ÖPNV abzufedern. Aktuelle Zahlen aus Mainz unterstützen diese Forderung: Bei der MVG sei in den ersten fünf Kalenderwochen 2021 der Barverkauf von Fahrkarten im Vergleich zu den ersten Wochen 2020 um 900.000 € zurückgegangen. »Dennoch bieten wir weiterhin ein fast hundertprozentiges Angebot, obwohl die Auslastung nur 20-25 % im Vergleich zu Nicht-Pandemie-Zeiten beträgt«, sagt Gahr.
Betriebswirtschaftlich sei das zwar nicht darstellbar, aber: »Der ÖPNV ist Bestandteil der Daseinsvorsorge und wir haben alles dafür getan, dass sich die Fahrgäste auch in Pandemie-Zeiten sicher fühlen können.« Das hohe Transportangebot bietet die Chance, dass die Fahrgäste sich nicht zu nahe kommen müssen – ein Signal, das über die harten Lockdown-Zeiten hinaus wirken soll: »Wir haben über Jahre hinweg einen kontinuierlichen Anstieg von Fahrgastzahlen und wir wollen nach Corona mehr ÖPNV als vorher.«
Wichtig für die Klimaneutralität
Entsprechende Weichen wurden längst gestellt, der Ausbau des Straßenbahnnetzes, u.a. durch die Anbindung an die Mainzer Oberstadt bis nach Weisenau und das Heilig-Kreuz-Viertel (HKV) ist in Arbeit. »Für das HKV haben wir die Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben«, stellt Gahr fest und erinnert daran, dass der ÖPNV auch eine wichtige Säule für die Klimaneutralität darstellt. Dazu passt die »Erfolgsgeschichte« des MVG-Jobtickets: 2012 hatte die MVG 27 Verträge mit Arbeitgebern für 26.000 Beschäftigte; 2021 waren es 41 Verträge für 49.000 Beschäftigte: »Das sind ein Drittel aller sozialversicherungspflichtigen Jobs in Mainz. Das ist doch was!«
HKV: 25% öffentlich geförderter Wohnraum
Ein Geschäftsfeld, das zum guten MSW-Jahresergebnis beiträgt, heißt Infrastrukturprojekte. Aktuell steht insbesondere das Heilig-Kreuz-Viertel in der Mainzer Oberstadt im Fokus. 2000 Wohnungen entstehen hier, elf Baufelder sind in der Entwicklung, sieben von den MSW mit 660 Wohnungen, vier Baufelder von Richter/ten Brinke mit 570 Wohnungen. Ein Viertel der Wohnungen sind öffentlich gefördert, die Kaltmiete wird zwischen 6,40 und 7,25 Euro der Quadratmeter liegen. »Eine Besonderheit dieses Wohnviertels ist auch, das Nebeneinander von Wohnen und Gewerbe«, sagt Gahr und erinnert daran, dass der Mainzer Impfstoffhersteller Biontech hier Platz für neue Produktionsstätten gefunden hat. Zeitgemäß sind auch die Konzepte für die Energieversorgung mit Fern- und Nahwärme, sowie die verkehrliche Erschließung: Gewünscht und geplant sei, möglichst viel motorisierten Individualverkehr aus dem Gebiet raushalten zu können.
| Marion Diehl (SoS)