Die Parteien laufen sich allmählich für die Kommunalwahl warm. Sie findet voraussichtlich gemeinsam mit der Europawahl im Juni 2024 statt.

Irgendetwas bleibt immer hängen – und seien es Wahlplakate (siehe Foto). Die an »alte Zeiten« erinnern. Der OB-Wahlkampf ist vorbei, die SPD-Kandidatin hat sich aus der vordersten Front der SPD-Parteiarbeit verabschiedet, die CDU-Kandidatin agiert weiterhin als Dezernentin für Wirtschaft und beide hängen Mitte Mai noch immer einträchtig übereinander an einem Laternenmast in der Forsterstraße.

Die eine Wahl vorüber, die nächste in Sichtweite: 2024 werden in Mainz die Mitglieder der Ortsbeiräte und des Stadtrats sowie die Ortsvorsteher:innen gewählt. Es wird Zeit für die Parteien, Wahlprogramme zu formulieren, sowie die Kandidatinnen und Kandidaten einzusammeln.

Bündnis 90/die Grünen, SPD und FDP regieren seit den letzten Kommunalwahlen 2019 bereits zum dritten Mal in einer »Ampel-Koalition«. In politisch interessierten Kreisen wird, bislang noch spöttisch, diskutiert, ob die »Mainzer Handkäsmafia« sich auch dieser Koalition bemächtigt habe.

Politik lebt von Kompromissen, auch in Mainz. Hier funktioniert die Kompromiss­bildung geräuschlos, heißt es gibt kaum öffentlich ausgetragenen Streit. Um Entscheidungen nachvollziehen zu können, bedarf es intensiver Recherchen – eine Aufgabe für Medienschaffende und für Mitglieder im Stadtrat und in den Ortsbeiräten. Genau dies »empfahl« nun Andreas Behringer anlässlich seiner Verabschiedung als Stadtratsmitglied am 17. Mai 2023. Der SPD-Politiker wurde vom parteilosen Oberbürgermeister Nino Haase zum persönlichen Referenten auserkoren und war als manchmal eigenwilliges Mitglied im Ortsbeirat Altstadt und im Stadtrat bekannt. In seiner »Abschiedsrede« als Stadtratsmitglied erinnerte Behringer die Stadtratsmitglieder an ihre Aufgabe, die politische Richtung vorzugeben und die Verwaltung in der Umsetzung der Beschlüsse zu kontrollieren. Dazu seien im Auftrag der Bürger:innen Fragen zu stellen und Prozesse nachzuvollziehen – das gelte nicht nur für die Opposition, sondern für alle Stadtratsmitglieder.

Als ein grundlegendes Problem für die kommunale Demokratie nannte Behringer, wenn politische Debatten im Stadtvorstand, im Koalitionsausschuss und in den Vorständen der stadtnahen Gesellschaften geführt würden und nicht – öffentlich – in dem Gremium, das dafür vorgesehen ist: dem Stadtrat. Behringer sagte auch, er habe von klein auf gelernt, dass es in der Politik wichtig sei, eine Haltung einzunehmen und das Beste an der Demokratie sei nicht die Mehrheitsbeschaffung, sondern das Wissen, dass jeder mal mitentscheiden kann, sei es durch einen Kompromiss oder weil sich die Mehrheiten mal ändern könnten. Der im Livestream der Stadtratssitzung vernehmbare Applaus für Behringer war sehr spärlich. Wie vielen Mainzer:innen hat er aus der Seele gesprochen? | SoS