In den nächsten Tagen sind wir alle aufgerufen, einen neuen Stadtrat zu wählen, wenn wir nicht bereits von der Briefwahl Gebrauch gemacht haben. Im April tauchten die ersten Ständer der Parteien im Stadtbild auf. Auf den ersten Blick sah es so aus wie eine Großoffensive unserer Volkshochschule. Die CDU rief auf zu einer kulinarischen Rundreise durch Europa unter dem Motto »alles Käse oder was?«  Die SPD veranstaltete einen Vogelkundlichen Rundgang durch die Mainzer Neustadt und eine Partei warb sogar für einen Selbstverteidigungskurs.

Dieser mehr oder weniger friedliche Auftakt fand dann im Mai ein rasches Ende. Fast über Nacht wurde die Stadt überschwemmt von unzähligen Wahlplakaten. Da ich, wie viele andere Mainzer, nicht zu denjenigen gehöre, die sich tagelang durch Wahlprogramme arbeiten wollen, habe ich mir die Wahlwerbung angeschaut.

Alles besser!?

Die CDU wirbt mit dem Motto »Besser«, zum Beispiel steht auf einem Plakat »Besser Wohnraum schaffen« auf einem anderen »Besser Stau auflösen« Ich weiß nicht, was sich die Werbeagentur und die CDU dabei gedacht haben, aber mein Sprachempfinden bäumt sich bei diesem Slogan ein wenig auf. »Besser den Stau auflösen, als ihn zu verursachen«, das ist ein verständliche Aussage.  Und an wen richtet sich die Forderung besser den Stau auflösen, als… ?

Die »freien Wähler (FWG)« wollen gleich die ganze Stadt besser machen. »Mainz besser machen«, lautet ihr Slogan. Das ist auch ein Aufruf, aber an wen richtet sich dieser? Übrigens war und ist die Aktion »Meine Stadt besser machen« eine Initiative der Körber-Stiftung, die in Hamburg, Halle, Stuttgart, Stendal und Forst bereits durchgeführt wurde und zwar unter der gleichen Überschrift. Die Körber-Stiftung hat dafür vor Ort Bürger eingeladen, an Gesprächsrunden teilzunehmen. Wirbt jetzt die FWG für diese Gesprächsrunden unter der Leitung der Stiftung oder hat sie einfach nur den Slogan übernommen, um Geld für ein eigenen zu sparen?

Die SPD wirbt mit vielen Köpfen und der Überschrift »…«Für Euch, für Mainz«, manchmal tauchen auch Inhalte auf, aber wohl dosiert.

Die FDP zeigt auch ihre Kandidaten und versorgt sie jeweils mit einem Spruch. In der Nähe meiner Haustür wirbt eine FDP-Kandidatin mit der Aussage: »Miteinander statt gegeneinander«. Auch in diesem Fall ist unklar, ob das an ihre eigene Bundespartei gerichtet ist oder an meinen Nachbarn.

Die Grünen gehen in der Plakatwelt fast ganz unter, alles erscheint nicht besonders motiviert, nach dem Motto »die wählen uns doch sowieso nicht…«

Aggressiv & populistisch

Ganz anders die Parteien ÖDP und die Linken, die sind in höchstem Maße aggressiv und populistisch unterwegs.  »Unbestechliche wählen jetzt die ÖDP«! Das ist eine Aussage, die wohl umgekehrt lauten soll: alle die nicht die ÖDP wählen sind bestechlich. Das ist für eine Partei, die das D, wie demokratisch, im Parteinamen hat, schon sehr bedenklich! Vor kurzem hat die Partei den Slogan geändert in: »Aufrichtige Bürger wählen jetzt ÖDP«, also ich hätte den Spruch bei einer anderen Partei verortet, deren Plakate nirgendwo in der Innenstadt hängen.

Die Linke tönt mit dem Motto »Gerechtigkeit nur mit uns«. »Umverteilen, Armut bekämpfen«, liest sich auch ganz nett. Die Linken haben mindestens einen Kandidaten in ihren Reihen, der über ein Immobilienvermögen verfügt, nun bin ich mal gespannt, ob er dieses nun dem Verein Armut und Gesundheit schenkt.

Dann gibt es noch eine Partei, die mit der Überschrift »Sei kein Arschloch« in den Wahlkampf zieht, das würde ich gerne zurückgeben.

Wie man auch immer zu den einzelnen Parteien steht, auffällig ist, dass Mainz-Themen wenig Platz auf den Plakaten finden. Klar, mehr Wohnungen zu erträglichen Mietpreisen, gute Kinderbetreuung etc. findet sich auf vielen Plakaten. Aber es gibt in Mainz wohl kein Thema, dass es wert ist, konkret nicht nur mit einer Forderung, sondern auch mit einer Lösung abgebildet zu werden. Ich habe nur eine Ausnahme gesehen, die SPD hat plakatiert, dass sie den kommunalen Wohnungsbau verstärken will, um günstigen Wohnraum zu schaffen.

Nun gut, wer die Mainzer Kommunalpolitik seit Jahren verfolgt, der wird nur einen Wunsch haben, bitte liebe Wähler, sorgt für klare Mehrheiten, die wir dringend brauchen!

| Mogunzius

 

Wahlen: Endspurt