Die gute Nachricht zuerst: Gut, dass wir nicht in Frankfurt wählen müssen, da bewerben sich 20 (!) Menschen um den freigewordenen OB-Posten, einschließlich des Straßenbahnfahrers Bahnbabo.
Bei uns in Mainz geht es gemäßigter zu, nur 7 Personen sagt ihr Selbstwertgefühl, dass sie sich als bestens geeignet fühlen, den Stuhl des OB zu besetzen.

Im öffentlichen Dienst gibt es für alle und jeden Posten eine ausführliche Arbeitsplatzbeschreibung, die die notwendige Stellenanforderungen beschreibt. Nicht aber für die Stelle eines/r Oberbürger-meisters/in! Da es sie nicht gibt, fällt vielen schwer zu beurteilen, ob er oder sie das Profil erfüllt.

Es gibt eine Gemeindeordnung, dort kann man im § 47 die Stellung und Aufgaben eines/r Oberbürgermeisterin nachlesen.

Der/die OB ist Dienstvorgesetzte/r und Vorgesetzte/r der Gemeindebediensteten (so heißen die im Gesetz noch). Also das alleinige Recht Menschen einzustellen und zu entlassen, nur bei den Beamten braucht er noch die Zustimmung des Rates. Vorgesetzter von 4.500 Beschäftigten direkt und indirekt von weiteren 3.000 (stadtnahe Betriebe und Eigenbetriebe).

Da sollte man fragen dürfen, ob die Kandidaten/innen in ihrem Berufsleben entsprechende Führungsverantwortung erworben haben, ob sie diese nachweisen können.
Ein einziger Kandidat hat mit dieser Frage gerechnet, der Parteilose Nino Haase. Er stellt sich als Unternehmer vor. Viel sagt er dazu nicht, aber Google hilft weiter. Er ist seit 2020 Geschäftsführer einer kleinen Gesellschaft gemeinsam mit Johannes Kaluza. Ups- den kennen wir doch, ehemaliger Kurzzeitpräsident von Mainz 05 … Ach ja, gerade hat das Unternehmen, für das er Verantwortung trägt, einen Prozess wegen »Greenwashing« verloren. Der weitere Lebenslauf von Herrn Haase, der in Kürze 40 Jahre alt wird, zeigt für sein Alter eine sehr überschaubare berufliche Tätigkeit.

Die anderen Bewerber/innen haben aber auch nicht viel Führungserfahrung zu bieten. Die zentrale Aufgabe des neuen Verwaltungschefs ist laut Gesetz die laufende Verwaltung, die Erfüllung der staatlichen Aufgaben, die Ausführung der Beschlüsse des Rates und gemeinsam mit den Dezernenten die Vorbereitung der Beschlüsse des Rates.

Das war‘s dann. Das kann nicht sein, werden jetzt viele Leser/innen sagen, es geht auch um politische Inhalte. Die Frau Matz von der CDU will beispielsweise die Hundesteuer senken! Das kann sie nicht, das kann nur der Stadtrat beschließen, nicht der/die OB!

Da sind wir bei dem springenden Punkt! Der/die OB darf natürlich eine eigene politische Meinung oder Visionen haben, um diese durchzusetzen, muss er/sie jedoch eine Mehrheit im Rat hinter sich haben.
»Nur Dir und Mainz verpflichtet«, duzt Nino Haase Jung und Alt auf einem Plakat. Das mag sich für die eine oder den anderen toll anhören, ist aber Nonsens, wir wählen nicht den Vorsitzenden einer Bürgerinitiative, sondern einen Oberbürgermeister. Die Bürgerschaft hat einen Rat gewählt und dem ist der OB verpflichtet. Es gibt nicht nur Ratsbeschlüsse, sondern auch Landes- und Bundesgesetze, denen ist der Vorsitzende des Rates und der Verwaltung verpflichtet und muss diese umsetzen, ob er will oder nicht.

Daher gibt es parteilose Oberbürgermeister nur in sehr wenigen Städten, aber im Unterschied zu Herrn Haase wurden diese alle aufgestellt oder unterstützt von Parteien. Freiburg (SPD), Hagen (CDU, FDP, Grüne) Heidelberg (CDU, FDP, Grüne), Köln (CDU, FDP, Grüne), Magdeburg (u.a. FDP), Aachen (Grüne).

Aus guten Gründen gibt es in keiner Stadt Deutschlands einen Oberbürgermeister, den keine Ratsfraktion unterstützt.

Wir haben genug Probleme, die eine Lösung brauchen, dann wollen wir uns in Zukunft nicht täglich mit den Auseinandersetzungen zwischen OB und Stadtrat befassen müssen.
Die Mehrheit im Rat besteht aus SPD, Grüne und FDP bis zu den Kommunalwahlen 2024. Herrn Haase ist zu empfehlen sich einmal die Gemeindeordnung durchzulesen.

| Mogunzius

 

Mogunzius: Ein gutes neues Jahr 2023