Volle Gasspeicher – ist Energie sparen nicht mehr angesagt? Angesagt ist, dass die »soziale Hängematte« keinen Menschen auffängt, der es nicht »verdient« hat.

»Ganz schön kalt geworden!«. Das war im November häufiger zu hören. In unseren Breiten ist das so, milde Winter gibt es nicht auf Bestellung. Vielleicht erinnern sich noch manche an die Szenarien, die zum Energiesparen animieren sollten – und nun das: Ende November bedankte sich RLP-Ministerpräsidentin Malu Dreyer bei den Menschen und Unternehmen, dass sie »kräftig Energie sparen«, weshalb die Gasspeicher in Deutschland aktuell zu fast 100 Prozent gefüllt seien. War also alles nur typische »German-Angst«?

Die Werbung im Rheinhessen Newsletter (von Rheinhessen-Touristik, Rheinhessen-Marketing und Rheinhessen-Wein herausgegeben) im November für die schönsten »Spa-Locations« in Rheinhessen und die schönsten »freistehenden Badewannen« lässt sich so verstehen: Mieten Sie sich in einem rheinhessischen Hotel ein Zimmer, um in dessen freistehender Badewanne nach Herzenslust in heißem Wasser zu versinken. Wie, die Zimmerpreise sind zu hoch?  Vielleicht hilft ein Hinweis bei der Chefin oder dem Chef: Wenn wir auch weiterhin bei 18-19 Grad Raumtemperatur arbeiten müssen, wäre als »Ausgleich« ein Gutschein für den Besuch eines rheinhessischen Spa-Paradieses sehr willkommen.

Sarkasmus oder Verzweiflung?

Die Recherche zur Titel-Geschichte »Eine schöne Bescherung« hat mir erneut vor Augen geführt, wie viele Menschen sich engagieren müssen (!), um denjenigen zu helfen, die nicht klar kommen, trotz all der steuerfinanzierten »Fürsorge« – um die, nun Bürgergeld genannt, gerade erst gefeilscht wurde. Ob Corona-Hilfen, Tankrabatt oder Energiepauschale: Es gab immer Menschen, die von steuerfinanzierten Hilfen profitieren, obwohl sie die nicht nötig hatten. So lange die Betuchteren Hilfsgelder einsäckelten, hieß es zwar, das sei sozial unausgewogen, aber niemand befürchtete einen »Systemwandel«. Dagegen wurde beim Bürgergeld um die Anrechnung von Schonvermögen und die sechsmonatige Sperrfrist für Sanktionen ein Eiertanz vollführt, der nach Untergang Deutschlands als Industrienation klang. Ja, es hätten Menschen von diesen Änderungen profitiert, die es »nicht verdient haben« – und es profitieren ganz aktuell erneut Gutbetuchte von der Energiepauschale, obwohl sie die nicht brauchen.

In Mainz gab es im Oktober 2022 rund 8.000 Bedarfsgemeinschaften mit ca. 15.200 »Regelleistungsberechtigten«, so die Bezeichnung für Menschen, die ab 1. Januar 2023 Bürgergeld anstelle von ALG II (Hartz IV) erhalten. Solche Zahlen sind jederzeit abrufbar. Wie viele Mainzer:innen die Energiepauschale erhalten, die sie zur Existenzsicherung nicht brauchen, erfahren wir nie.

Aber: Wer einen Teil oder die gesamte Energiepauschale nicht braucht, kann sie ja spenden: www.armut-gesundheit.de.

| SoS

 

Energieversorgung: »Das ist schon knackig«