Restaurant Tower One auf dem Fluplatz in Finthen ist die beschwerliche Anfahrt wert. Ungewöhnliches Ambiente und Essen aus der ersten Klasse.

»Ach ja, ein Flug in den Süden wäre jetzt das Richtige gegen den Herbstblues«. Mit sehnsuchtsvollem Blick sieht Mister X über die Terrasse auf das Flugfeld und die dort abgestellten Flugzeuge. Während der Meister in Gedanken gerade die Alpen überquert und von der grenzenlosen Freiheit über den Wolken träumt, schaue ich mich im großen Gastraum um.

Da liegt das erste Abenteuer schon hinter uns: auf dem weitläufigen Flugplatz Areal das Lokal zu finden. Am Layenhof vorbei, scharf rechts, dann immer der Straße folgen, die sich kurvenreich zwischen Absperrzäunen und heruntergekommenen Industriehallen zu den schicken Neubauten schlängelt, dann immer weiter, bis man überzeugt ist, an diesem Ende der Welt kommt nichts mehr, dann rechts parken – und schon ist man da. Jetzt sitzen wir tatsächlich im ersten Stock des Towers. Leichtigkeit und zurückhaltende Eleganz prägen den Raum mit seinem gefliesten Boden, den modernen Holztischen und Stühlen. Ein großer Wandspiegel schafft Tiefe, die offene Bartheke bunte Betriebsamkeit, chromglänzende Flugzeugpropeller zaubern ein wenig Airport-Feeling.
Mister X ist unterdessen wieder gelandet und studiert die Speisenkarte. Zusammen mit den Angeboten auf einer großen Schiefertafel sollte für jeden etwas zu finden sein, gleich, ob es um Tapas und andere Kleinigkeiten oder um ein abendliches Dinner geht. Wir sind zu Dritt und entscheiden uns für die Currywurst mit Pommes und Röstzwiebeln (12,50 €), ein Schnitzel Wiener Art mit Pommes und Salat (15 €) und Schweinerückensteak mit Zwiebelsauce, Kartoffel-Trüffel-Stampf und Tagesgemüse (19,90 €). Vorweg sollen es eine Kürbis-Creme-Suppe (7,50 €), eine Rote Bete-Suppe (6 €) und ein Stück Zwiebelkuchen (4,50 €) sein, der so verlockend auf dem Bartresen steht.

Dazu trinken wir einen Sauvignon Blanc trocken (7 €) vom Weingut Eppelmann in Stadecken-Elsheim und eine trockene Grauburgunder Spätlese (5,90 €) vom Weingut Rump in Heidesheim. Beide mit feinem Säure-Frucht-Spiel und sortentypischer Nase mit Gras- und Zitrusnote im einen sowie Birnen- und Pfirsich-Ton im anderen Fall. Schöne Essensbegleiter. Leider in der Karte stiefmütterlich behandelt ohne genauere Herkunftsbezeichnungen.

Cremige Harmonie

Wartezeiten gibt es an diesem Airport kaum. Flugs stehen die Vorspeisen auf dem Tisch. Selten hat eine Rote Bete-Suppe ein solch intensives Aroma wie diese, verstärkt noch durch einen Hauch Apfelmeerrettich und schaumig aufgeschlagen. Auch Mister X hebt die Augenbrauen. Hokkaido und Butternut in cremiger Harmonie, vollendet durch warme Gewürze, gekrönt mit Kürbiskern-Splittern. So muss Kürbissuppe schmecken. Dem will der Zwiebelkuchen nicht nachstehen. Fein-würzig abgestimmt, die Zwiebeln nicht zu dominant, der dünne Teig angenehm mürbe.
Jetzt sind die Erwartungen an die Hauptgerichte natürlich groß. Bei Currywurst kann man nicht viel falsch machen? Doch kann man. Hier aber nicht. Eine ordentliche würzige Wurst (von der Metzgerei Weil in Finthen), eine Currysauce, die ihren Namen verdient, mit angenehmer Schärfe im Abgang, und goldgelbe, dünne, cross frittierte Kartoffelstäbchen. Passt!

Schnörkellos kommt das Schnitzel Wiener Art daher. Zwei dünne panierte Schnitzel, goldgelb gebraten und die bereits erwähnten Pommes. Weil Schnitzel und Pommes keinen sonderlich ausgeprägten Eigengeschmack haben, wünscht sich Mister X ein Schälchen der Currysauce von der Wurst dazu – für den stets präsenten und flinken Service kein Problem. Und schon ist der Meister zufrieden.

Kräftige Rotwein-unterstützung

Mehr als zufrieden darf ich sein mit einem Kartoffel-Trüffel-Stampf, der so fein gestampft ist, dass er als Püree durchgehen darf. Die winzigen Trüffelstückchen aromatisieren, ohne sich in den Vordergrund zu drängen. Der Schweinerücken ist recht mager, die Steaks sind beim Braten leider fest und trocken geworden. Die Karotten haben nicht nur Biss, sondern sind teils krachend hart. Die Überraschung ist aber tatsächlich die Soße von Schmorzwiebeln, die wohl kräftige Rotweinunterstützung hatte und dem ganzen Gericht ihren – willkommenen – Stempel aufdrückt.
Für Kirsch-Crumble oder gar Lava Cake ist beim besten Willen kein Platz mehr. Die süßen Sachen müssen bis zum nächsten Besuch warten. Das Gute ist: Beim zweiten Mal finden wir den Tower möglicherweise auf Anhieb.

| Lou Kull

ESSEN8,0
TRINKEN7,5
SERVICE8,0
AMBIENTE8,5
PREIS/LEISTUNG8,0
GESAMT40,0 : 5 = 8,0 KAPPEN

Fazit

Ein außergewöhnlicher Ort zweifelsohne. Angesichts der verschlungenen Wegeführung hinter dem Layenhof würden ein paar Hinweisschilder als Lotsen denen helfen, die nicht so häufig oder nie auf dem Flugplatzgelände waren. Einmal an Bord angekommen, fühlt sich der Gast auf Anhieb wohl in dem modernen, aber auch gemütlichen Ambiente. Die Küchencrew weiß, was sie tut und ist, zumindest teilweise, zu Bestleistungen fähig. Der Service stimmt und gibt jedem Gast das Gefühl, in der ersten Klasse zu sitzen. Das Getränkeangebot ist in Ordnung, die international ausgerichteten Rotweine werden sorgfältiger beschrieben als die heimischen weißen Schoppen. Die Preise stehen in einem sehr angemessenen Verhältnis zum Gebotenen.

Restaurant Tower One
am Flugplatz in Mainz
Am Flugplatz 36
55126 Mainz (Flugplatz)
Telefon 06131 55 45 030
www.tower-one.de
info@tower-one.de
Öffnungszeiten
Mi-Sa 12-22 Uhr, So 11-21 Uhr
Küche Mi-Sa 12-14.30 Uhr
und 17.30-21.30 Uhr
So 12-14.30 Uhr und 17-20 Uhr
Reservierungen telefonisch oder
direkt vor Ort