Der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine zerstört Leben, Existenzen, Träume und bringt unvorstellbares Leid über Millionen Menschen. Hilfe und Unterstützung sind gefragt.

Da ist die Angst vor einem Atomkrieg und der direkten Verwicklung in die Kriegshandlungen; es gibt Auseinandersetzungen um die Lieferung von (schweren) Waffen und die Abhängigkeit von russischem Gas sowie Befürchtungen, die wirtschaftliche Entwicklung in Deutschland und Europa könne für Jahrzehnte ausgebremst werden; es wird debattiert über die »Schuld«, die politischen Realitäten in Russland ignoriert zu haben …
Da ist die enorme Hilfsbereitschaft: Kostenlose Nutzung des ÖPNV, freier Eintritt ins Gutenberg- und ins Naturhistorische Museum, ukrainische Samstagsschule im Frauenlobgymnasium (siehe Foto), Sammlung von Sach-, Kleider-, Möbel- und Geldspenden über das Infoportal des »Ukraine-Netzwerk Mainz«; die Mainzer Volkshochschule bietet einen Sprachkurs zum Erlernen der ukrainischen Sprache an … es ist nur ein Ausschnitt der Hilfsangebote. Auch die Verantwortlichen in der kommunalen Verwaltung reagierten blitzschnell.

Auf dem Foto: Spiel- und Basteltisch im Frauenlobgymnasium, anlässlich des Beginns der ukrainischen Samstagsschule im April 2022.

Die Stadt Mainz hat auf der »Informationsseite für die Flüchtlingsarbeit« in deutscher und in ukrainischer Sprache alles zusammengefasst, was den Geflüchteten bei ihren ersten Schritten in Mainz helfen kann: Registrierung, finanzielle Unterstützung, medizinische Versorgung, Kontoeröffnung, Schulbesuch, Kindergeldanspruch… . Im Unterschied zu den Geflüchteten, die ab 2015 aus Syrien, dem Irak und afrikanischen Ländern nach Europa kamen, erhalten die Geflüchteten aus der Ukraine nach der »Massenzustromrichtlinie« Zugang zu den europäischen Ländern und zu Unterstützungsleistungen. Sie haben, ohne Meldepflicht, eine Aufenthaltserlaubnis für 90 Tage und nach der Registrierung direkt Anspruch auf Hilfeleistungen sowie die Möglichkeit, zu arbeiten.

Außerdem, es mag angesichts des Leids der Menschen verstörend klingen, aber es ist auch Realität, handelt es sich bei den Geflüchteten aus der Ukraine überwiegend um Menschen mit weißer Hautfarbe, die den mitteleuropäischen Kulturkreisen nahe stehen und es sind meist Frauen mit ihren Kindern, die hier Schutz suchen.

1.444 Geflüchtete in Mainz

Am 25. April 2022 waren 1.444 Geflüchtete in Mainz registriert, davon hatten sich 887 selbst eine Unterkunft gesucht, 478 waren in den Mainzer Gemeinschaftsunterkünften untergebracht, berichtet Dr. Eckart Lensch. Der Sozialdezernent geht nicht davon aus, dass sich wesentlich mehr ukrainische Geflüchtete in Mainz aufhalten, als bislang registriert wurden. »Der Krieg dauert jetzt schon länger als zwei Monate, die Geflüchteten müssen medizinisch versorgt werden und brauchen auch Geld – beides bedarf der Registrierung.« Unter den registrierten Flüchtlingen seien 347 Kinder und Jugendliche im schulpflichtigen Alter, von denen besuchten 183 Mainzer Schulen.

Eckhart Lensch weist darauf hin, dass am 1. Juni 2022 die Registrierung und Betreuung der Geflüchteten von den Sozialämtern auf die kommunalen Jobcenter übergehe; außerdem erhielten sie dann Leistungen nach SGB (Sozialgesetzbuch) II bzw. SGB XII, also Grundsicherung. Im Unterschied zu den Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz kommt der Bund für die Grundsicherung auf. Der Sozialdezernent meint, eine konsequente Verteilung auf alle deutschen Kommunen nach dem Königsteiner Schlüssel sei schwierig, die Kosten für die Kommunen entsprechend unterschiedlich. Im Vordergrund der aktuellen Arbeit stünden aber nicht die Kosten, sondern die Frage der Integration, die Suche nach Wohnungen für die Geflüchteten.

Angebote für Arbeitssuchende

Vielfach wurde in den deutschen Medien die Erwartung geäußert, die Geflüchteten aus der Ukraine könnten helfen, die in vielen Branchen fehlenden Arbeitskräfte zu ersetzen. Abgesehen von der Frage, inwieweit solche Erwartungen angesichts des Leids der Flüchtenden moralisch-ethisch vertretbar sind, halten sie den Realitäten nicht stand. Die überwiegende Mehrzahl der Geflüchteten sind Frauen und Kinder. Es dürfte u.a. vom Kriegsverlauf abhängen, ob sie in Deutschland (länger) bleiben wollen, während ihre Ehemänner und Väter zu Hause kämpfen.

Wer sich dennoch entschließt, eine Beschäftigung aufzunehmen, wird dabei von der Agentur für Arbeit unterstützt. Grundlage ist eine unkomplizierte Regelung durch den Gesetzgeber: Sobald – nach der Registrierung – ein Aufenthaltstitel erteilt ist, ist rechtlich gesehen die Arbeitsaufnahme möglich. Bei einigen Berufen bedarf es allerdings einer Ausbildungsanerkennung.

Sicherung der Betreuung der Kinder

Bis zum 22. April 2022 haben sich etwa 20 Menschen bei der Mainzer Agentur für Arbeit gemeldet, berichtet Petra Seifert. Die Pressesprecherin der Mainzer Agentur für Arbeit hält diese geringe Anzahl für verständlich, denn vorranging gehe es für die Geflüchteten darum, eine Unterkunft zu finden. Viele seien vorübergehend bei Privatpersonen untergekommen, könnten oder wollten dort nicht längere Zeit bleiben. Insofern müssten sie zuerst eine Standortwahl treffen. »Eine Arbeitsaufnahme hieße darüber hinaus auch Sicherung der Betreuung der Kinder. Die angespannte Situation in KITAs usw. ist ja hinlänglich bekannt und durch Corona sicher immer noch zusätzlich schwierig. Und vermutlich sind viele Kinder auch so verängstigt, dass sich eine mentale Beruhigung und Stärkung erst ergeben muss.«

Auch die Sprachkenntnisse spielten für die Arbeitsaufnahme eine Rolle, so die Pressesprecherin und verweist auf Informationen in Ukrainisch sowie auf ein »lokales Postfach«, das die Mainzer Agentur für Arbeit eingerichtet hat. Hier seien Mitarbeitende, die russisch und/oder ukrainisch sprechen, erreichbar. Die Geflüchteten könnten sich jederzeit persönlich, telefonisch oder online melden und sich gerne von Betreuer:innen begleiten lassen, so Seifert. Sie weist auch darauf hin, dass sich die Zuständigkeiten ab dem 1. Juni 2022 ändern werden. Ab diesem Datum, so haben es Bund und Länder entschieden, wechselt die Betreuung der aus der Ukraine Geflüchteten von den Sozialämtern zu den kommunalen Jobcentern – die auf die bis dahin gespeicherten Personendaten zugreifen können. Eine nochmalige Anmeldung ist für die bereits gemeldeten Flüchtlinge nicht erforderlich.

Viele Kosten trägt der Bund

Nach der zwischen Bund und Ländern vereinbarten Kostenverteilung trägt die Kommune die Kosten für Unterbringung und die Erstausstattung der Unterbringung, sowie für Bildung und Teilhabe. Die Kosten für die Grundsicherung, die den Geflüchteten ab 1. Juni 2022 gewährt wird, übernimmt der Bund. Darüber hinaus unterstützt der Bund die Kommunen im Jahr 2022 mit zwei Milliarden Euro bei ihren Mehraufwendungen für die Ukraine-Flüchtlinge. Darunter sind 500 Mio. Euro zur Unterstützung der Kommunen bei den Kosten der Unterkunft der Geflüchteten aus der Ukraine, 500 Mio. Euro zur Abgeltung der Kosten, die zur bisherigen Unterstützung der Geflüchteten aus der Ukraine im Bereich der Lebenshaltungskosten angefallen sind sowie eine Milliarde Euro als Beteiligung an den übrigen Kosten der Länder etwa für die Kinderbetreuung und Beschulung.

| SoS

Am 11. Mai 2022 wird im GoFi in der Mainzer Straße 2 eine
Info-Veranstaltung für ukrainische Geflüchtete stattfinden.