In Berlin reden alle vom Klima – und es passiert nichts. So ließen sich die politischen Beschwörungen und Maßnahmen zum Klimaschutz zusammenfassen, die Deutschland auf den 1,5 Grad-Pfad bringen sollen.

Aber: Auch die Kommunen haben Handlungsspielräume, um der Erderwärmung entgegenzuwirken. Einer der Handlungsspielräume war und ist der Bereich der Mobilität. Lange wurde in Mainz über Maßnahmen diskutiert, die ein Dieselfahrverbot verhindern sollten. Ob Tempo 30, Ausbau von Radwegen, Busse und Müllfahrzeuge mit E-Antrieb, …. all das hilft auch, den CO2-Ausstoß zu begrenzen.

Mit Umweltthemen befassen sich in Mainz u.a. das Umwelt- und Verkehrsdezernat, das Grün- und Umweltamt, das Agenda-Büro im Amt für Stadtforschung und nachhaltige Stadtentwicklung. Die Landeshauptstadt ist überdies in ein Klimapolitisches Netzwerk eingebunden und seit November gibt es offiziell einen »Nachhaltigkeitsmanager« in Mainz. Dessen Chef ist Oberbürgermeister Michael Ebling. Vorgestellt wurde »Nachhaltigkeitsmanager« Clemens Hachgenei anlässlich der öffentlichen Präsentation des »Berichts zur Umsetzung der Maßnahmen des Stadtrats­beschlusses zum Klimanotstand« im November 2021.

Der Stadtrat beschloss zudem am 24. November 2021 einen gemeinsamen Antrag der Ampelfraktionen (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, SPD, FDP): »Konsequenten Klimaschutz weiter vorantreiben: Lebenswerten Stadtraum schaffen – Verkehrswende fortführen – Wärmewende forcieren – Transparenz schaffen«.

»Masterplan 100% Klimaschutz«

Soweit so – theoretisch. Bis solche Beschlüsse in konkrete und wirksame Maßnahmen umgesetzt sind, das dauert. Selbst Projekte, die bereits mit dem »Masterplan 100% Klimaschutz« (siehe Kasten) seit 2016 geplant wurden, harren noch der Umsetzung – wie die interkommunale Radverkehrsverbindung zwischen Mainz und Wiesbaden oder die Pendlerradroute Mainz-Ingelheim-Bingen. Klar ist seit langem, alle klimapolitischen Maßnahmen und Projekte müssen innerhalb der Stadtverwaltung zusammengeführt und koordiniert werden. Dies umso mehr, als die »Klimaneutrale Verwaltung« bis 2035 umgesetzt werden soll – eine der Aufgaben des »Nachhaltigkeitsmanagers«.

Masterplan 100 % Klimaschutz
Mainz hat sich von 2016 bis 2020 am Förderprogramm »Masterplan 100 % Klimaschutz« beteiligt. Mit dem Auslaufen der Förderung im Jahr 2020 endet das Projekt und die finanzielle Unterstützung im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative des Bundes. Mainz will bis 2035 klimaneutral werden und den Masterplanprozess fortführen. Im November 2021 fand eine erste Bürgerbeteiligung zur Fortschreibung des »Masterplan 100% Klimaschutz« statt.

Clemens Hachgenei wirkt seit September 2021 bei der dezernatsübergreifenden Koordinierung mit. Zuvor arbeitete der heute 40-Jährige seit 2017 als Koordinator für kommunale Entwicklungspolitik (Kepol) bei der Stadt Mainz. Als eine der ersten Aufgaben im Nachhaltigkeitsmanagement der Stadt Mainz erarbeitet der Geograph und Soziologe den Bericht »Zur Umsetzung der Maßnahmen zum Stadtratsbeschluss zum Klimanotstand«.

Ein Nachhaltigkeitsmanager für den Klimaschutz

Herr Hachgenei: Warum sind Sie »Nachhaltigkeitsmanager« und nicht »Klimaneutralitätsmanager« der Stadt Mainz?

Der Begriff der Nachhaltigkeit sei eng verknüpft mit der Agenda 2030, die wiederum eine Fortschreibung des Agenda 21-Prozesses ist, erklärt Hachgenei. Er erinnert daran, dass die Agenda 21 als Aktionsprogramm der Vereinten Nationen auf der Konferenz für Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro 1992 beschlossen wurde. Sie beinhaltet Leitlinien für das 21. Jahrhundert, vor allem zur nachhaltigen Entwicklung.

»Nachhaltigkeitsmanager« Clemens Hachgenei

»Nachhaltigkeitsmanager« Clemens Hachgenei

Die Agenda 2030 wiederum baut auf dem Agenda 21-Prozess auf, wurde 2015 verabschiedet und formuliert 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung. Eines dieser Ziele lautet »Maßnahmen zum Klimaschutz«. Der Agenda 2030-Prozess gehe über ökologische Aspekte hinaus, umfasse auch Grundsatzfragen (»Wie wollen wir zukünftig leben?«), und formuliere Ansprüche, die überall auf der Welt umgesetzt werden sollen. Darunter: Keine Armut, kein Hunger, Geschlechtergerechtigkeit, nachhaltiger Konsum und Produktion, etc.. »Insofern sind alle Maßnahmen, die in Mainz geplant und umgesetzt werden, um Klimaneutralität bis 2035 zu erreichen, auch ein Bestandteil des Agenda 2030-Prozesses insgesamt«, sagt Clemens Hachgenei. In seiner Funktion als »Nachhaltigkeitsmanager« führe er beides zusammen: »Die Entwicklung einer Nachhaltigkeitsstrategie für Mainz ist Bestandteil des Agenda 2030-Prozesses und die Mitarbeit in der Arbeitsgruppe ›Klimaneutrale Verwaltung 2035‹ ist ein Baustein im Ziel ›Klimaneutralität Mainz 2035‹.«

Warum braucht die Stadt Mainz gerade jetzt einen »Nachhaltigkeitsmanager«?

Hachgenei sagt, das Thema Klimawandel sei akuter denn je und nicht nur Aufgabe eines Amtes. Oberbürgermeister Michael Ebling habe das Thema 2020 deshalb zur »Chefsache« erklärt und eine entsprechende Stabsstelle in seinem Büro geschaffen. »Ziel ist es, den Klimaschutz als Querschnittsaufgabe in der Verwaltung zu etablieren.« Die Stadt habe eine Vorbildfunktion, wolle die Agenda 2030 und ihre Ziele fest in der Verwaltung verankern und einen kommunalen Beitrag zu dieser globalen Kraftanstrengung leisten.

Elektrifizierung der Fahrzeuge: Schrittche für Schrittche

Die E-Mobilität wird als eines der »Leuchtturmprojekte« auf dem Weg hin zur Klimaneutralität 2035 in Mainz bezeichnet. Zum Fuhrpark der Stadt Mainz gehören mittlerweile über 40 E-Fahrzeuge, außerdem Pedelecs und Hybrid-Fahrzeuge. Bei der Mainzer Mobilität sind seit 2020 vier E-Gelenkbusse im Einsatz. Zwölf weitere E-Busse in Ausschreibung für 2022 und elf E-Busse optional für 2023, sowie ein Brennstoffzellenbus sind bestellt. Im Entsorgungsbetrieb wurden erst kürzlich ein Müllfahrzeug mit unterstützendem Elektro-Antrieb für den Müllwagenaufbau sowie zwei elektrisch angetriebene Abfallsammelfahrzeuge mit Speicherbatterien und Brennstoffzellentechnik (Wasserstoff) zur Reichweitenverlängerung angeschafft. Weitere E-Fahrzeuge, darunter auch zwei Kehrmaschinen sind im Einsatz. Auch der Mainzer Wirtschaftsbetrieb baut die Anzahl der Elektrofahrzeuge sukzessive aus.

Für den Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur mit zahlreichen Ladesäulen im Straßenraum und Wallboxen in Tiefgaragen ist die Mainzer Stadtwerke AG zuständig. Das Unternehmen sah diese Aufgabe in erster Linie als Anschub-Unterstützung bei der schleppenden Einführung der E-Mobilität, erklärt MSW-Pressesprecher Michael Theurer. Bis 2020 wurde deshalb der Strom an den MSW-Ladesäulen kostenfrei abgegeben, seither muss das e-»Tanken« wie bei anderen Anbietern auch, bezahlt werden. Über knapp 130 öffentliche Ladepunkte in Mainz, Teilen Rheinhessens und dem Landkreis Groß-Gerau verfügen die MSW, im Mainzer Stadtgebiet werden 44 öffentliche Ladesäulen mit 84 Ladepunkten betrieben. Trotz teilweiser öffentlicher Förderung verdienen die MSW, laut Theurer mit dieser Ladeinfrastruktur unterm Strich bisher kein Geld. Die Investitionen in die öffentlichen Ladepunkte beliefen sich bislang auf 450 000 Euro. Davon waren knapp 90 000 Euro Fördergelder.

Auslastung der Ladesäulen

Laut MSW-Statistik zur Auslastung der Ladesäulen werden die Ladepunkte in den Stadtteilen und im ländlichen Raum noch wenig genutzt. Deshalb wurde in den vergangenen Monaten zunächst die Auslastung bestehender Ladestationen erhöht. Am MSW-Standort in der Rheinallee sind außerdem rund 80 Ladepunkte für MSW-Dienstfahrzeuge und der Privatfahrzeuge der MSW-Mitarbeiter:innen installiert. Die Mainzer Stadtwerke Vertrieb und Service GmbH unterstützt Privat- und Gewerbekunden mit Fördergeldern – von der Anschaffung eines E-Bikes oder Elektro-Rollers bis zur Elektro-Ladesäule. Zusätzlich werden Flottenlösungen für Gewerbekunden angeboten. Firmen oder Institutionen können den Einstieg in die E-Mobilität mit einem Fuhrpark der MSW-Elektro-Flotte mit mehreren E-Fahrzeugen eine Zeitlang testen.
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Übersicht zu den MSW-Ladestationen im Stadtgebiet, zu den Zahlungsmodalitäten und
Fördermöglichkeiten: www.mainzerenergie.de/elektromobilitaet/ladestationen-elektroauto

 

Klimanotstand in Mainz – und weiter?