2019 wurde in Mainz der «Klimanotstand« ausgerufen. Zwei Jahre später stellt sich die Frage, ob dies damals ein rein symbolischer Akt war oder ob aus dieser Notstands-Proklamation reale Handlungen folgten.

Im November 2021 beschäftigten sich die Stadtpolitik, die Gremien im Stadtrat und der Stadtvorstand in Person von OB Michael Ebling und Umwelt- und Verkehrsdezernentin Janina Steinkrüger, mit den Folgen der Ausrufung des Klimanotstands. Welche Maßnahmen aufgrund der Ausrufung des Klimanotstands in Mainz umgesetzt wurden, kann in einem entsprechenden Bericht (im Ratsinformationssystem der Stadt Mainz) nachgelesen werden. Hier wird akribisch alles aufgelistet, was im Namen des Klimaschutzes angegangen wurde. Aber: ein Großteil der genannten Maßnahmen wurde bereits geplant, bevor der Klimanotstand ausgerufen wurde. Das Fahrradparkhaus am Bahnhof West z.B. Andere Maßnahmen waren bereits in der Umsetzung, wie der Ausbau der E-Ladestruktur durch die Mainzer Stadtwerke AG. Schließlich arbeitet Mainz bereits seit 2017 den «Masterplan 100 % Klimaschutz« ab und hat sich seit 2020 zum Ziel gesetzt bis 2035 Klimaneutral zu werden.

Klimagerechte Verwaltung

Nach der Ausrufung des Klimanotstands sei in den Maßnahmenkatalog die «Klimagerechte Verwaltung« neu hinzugekommen, erklärte OB Ebling auf Nachfrage. Dann begründet Ebling, warum diese Notstands-Proklamation eben nicht als rein symbolischer Akt zu verstehen sei. Das Thema Klimaneutralität habe seither an Dynamik zugelegt, es sei an die erste Stelle der Prioritätenliste politischen Handelns gerutscht und zu einem Leitmotiv in der Verwaltung geworden. U.a., so der OB sei in seinem Zuständigkeitsbereich eine Stabsstelle Nachhaltigkeitsmanagement eingerichtet worden (deren Arbeit DER MAINZER in der Januar-2022-Ausgabe vorstellen wird). Alle wollten, dass es entschiedener vorangehe, das, so hat OB Ebling von seinen Amtskollegen aus Zagreb und Valencia erfahren, sei auch andernorts der Fall. Aber es brauche entsprechende Rahmenbedingungen! Mit Blick auf die neue Ampel-Koalition in Berlin fordert Ebling: «Entfesselt uns!« Die Genehmigungsverfahren müssten schneller werden.

Vorbildcharakter für die Mainzer:innen

Janina Steinkrüger erinnert auch an den Vorbildcharakter der Ausrufung des Klimanotstands für die Bevölkerung: der Bewusstseinswandel müsse vorangetrieben werden. Die Umwelt- und Verkehrsdezernentin stellt außerdem fest, dass sich die Kommunikation von Politik und Stadtverwaltung mit den Bürger:innen ändern müsse. Es wurde und werde viel unternommen um in Mainz die Auswirkungen der Klimaveränderungen zu begrenzen. Allerdings wurde dies nicht ausreichend kommuniziert. Hier werde nachgebessert: Am 25. November 2021 startete ein Bürgerdialog zur Fortschreibung des Masterplan 100 % Klimaschutz.

Klimanotstand: mehr Grün auf dem Bonifatiusplatz

Als ein Beispiel für die Aktivierung der Stadtgesellschaft infolge der Ausrufung des Klimanotstands gilt ein Projekt, das es ohne diesen symbolischen Akt vermutlich so nicht gegeben habe. Es geht um die Umgestaltung der Boppstraße in deren Zuge auch der Bonifatiusplatz neu gestaltet wird. In einer Bürgerversammlung sahen sich die Verwaltungsmitarbeiter mit der Forderung konfrontiert, diese Umgestaltung zu nutzen, um für mehr Grün und mehr Aufenthaltsqualität zu sorgen – wozu Parkplätze entfallen müssen. Diese Diskussion und die Entscheidung, Autostellplätze zugunsten von mehr Grün zu verringern wäre ohne den Bewusstseinswandel in der Bevölkerung, der genau das fordert, nicht möglich gewesen, meinen die Planer:innen im Stadtplanungsamt.
Auch OB Ebling erinnert noch einmal an die Bereitschaft der Mainzer:innen, dem Klimawandel aktiv entgegen zu wirken. Politik, Verwaltung, Bürger:innen – sie müssten alle gemeinsam dazu beitragen und jede/r Einzelne müsse bereit sein, einen Beitrag zu leisten.

Marion Diehl (SoS)