Die Vereinbarung der »Leitlinien Bürgerbeteiligung« erscheint in Reichweite. Ziel ist es, einen verbindlichen Rahmen für die Partizipation aller Bürger:innen zu vereinbaren, Konflikte wie den »Bibelturm« zu vermeiden.

Im September 2021 legt die Arbeitsgruppe »Leitlinien Bürgerbeteiligung Mainz« den Textentwurf vor, der Anfang Oktober 2021 in einer Bürgerveranstaltung besprochen wurde. Die Anregungen, die von den etwa 40 Menschen im Frankfurter Hof und den 18 per Video zugeschalteten Menschen verlautbart wurden, sollen nun von der AG Leitlinien diskutiert und eventuell in den Entwurf eingearbeitet werden, der dem Stadtrat zur Entscheidung vorgelegt wird.

Grundlage für die Arbeit der AG ist ein Stadtratsbeschluss vom 13. Juni 2018. Seit Oktober 2018 moderierte die Bonner »Stiftung Mitarbeit« die 24-köpfige AG. Sie ist paritätisch besetzt und besteht aus Mitgliedern der Verwaltung, des Stadtrats und der Bürgerschaft. Das Konzept dieses trialogisch angelegten Entwicklungsprozesses wurde im November 2018 in einer öffentlichen Veranstaltung vorgestellt. Die Projektleitung der »AG Leitlinien« liegt bei der Stabsstelle Arbeitsmarktförderung und Bürgerbeteiligung, zuerst unter Horst Maus und seit einigen Monaten unter Moritz Oldenstein.

Brian Huck, Altstadt Ortsvorsteher und Grünen-Stadtratsmitglied, arbeitet in der AG Leitlinien Bürgerbeteiligung von Anfang an mit. Auch wenn er sich mehr erhofft hatte, erzählt er im Telefonat mit dem MAINZER, glaubt er, dass Politik und Stadtgesellschaft mit den Leitlinien besser dran sein werden. Er ist sich allerdings nicht sicher, ob mit diesen Leitlinien z.B. ein Konflikt wie der Bürgerentscheid zum »Bibelturm« vermieden werden könnte.

Dieser Bürgerentscheid vom April 2018 gab den letzten Anstoß, um einen verbindlich-formalen Rahmen für die Bürgerbeteiligung in Mainz zu schaffen.

Ein zeitaufwändiges Verfahren

Hucks Bedenken resultieren z.B. aus der Tatsache, dass die Vorhabenliste fortlaufend aktualisiert und die jeweiligen Projekt- und Planungsbeschreibungen in den Vorhabenblättern regelmäßig auf den neuesten Stand zu bringen seien. Ein zeitaufwändiges Verfahren, das auf den guten Willen der Verwaltungsspitze und die Arbeitskapazitäten in den Fachämtern setzt. Grundsätzlich, so Huck, sei diese Vorhabenliste ein gutes Instrument, aber: »Es bleibt schwierig, im Vorfeld die Projekte zu identifizieren, die zu Konflikten mit den Bürger:innen führen können.«

Einen anderen Schwachpunkt erkennt Huck in der Festlegung, »dass die Beratungs- und Koordinierungsstelle Bürgerbeteiligung möglichst als Stabsstelle beim Oberbürgermeister angesiedelt sein« sollte. Der Grünen-Politiker hätte sich gewünscht, diese Institution außerhalb der Verwaltungshierarchie zu etablieren und damit unabhängiger zu machen.

Huck beurteilt den Leitlinien-Entwurf differenziert: Vor allem ist er froh, dass ein Ergebnis erreicht wurde, denn zwischenzeitlich war die Arbeit in der AG fast zum Erliegen gekommen – nicht nur aufgrund der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie. Die Leitlinien, sofern sie vom Stadtrat schlussendlich verabschiedet werden, böten künftigen Bürgerinitiativen auf jeden Fall verlässliche und umfassende Mitwirkungsmöglichkeiten. Die Frage, welche Bevölkerungsgruppen überhaupt erreicht und zur Mitwirkung animiert werden könnten, lasse sich im Vorfeld nicht beantworten, meint Huck. Gleichwohl belege die Historie der Mainzer Bürgerinitiativen, von LuFo und Bibelturm, über Klärschlammverbrennungsanlage bis Steinbruch-Deponie, es fänden sich immer Menschen, die sich für oder gegen ein Projekt engagierten. Dieses Engagement werde durch die Leitlinien strukturiert. »Es ist ein Schritt in die richtige Richtung und ich bin froh, dass mit dem Ergebnis gearbeitet werden kann und dass es die Bürger:innen nutzen können.«
| SoS

Detaillierte Anmerkungen und Ansichten zu den
einzelnen Vorgaben der Leitlinien Bürgerbetei­ligung lesen Sie hier.

 

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