Anstelle des erwarteten Defizits im Etat 2020 verbucht die Stadt Mainz einen Etat-Überschuss von fast 40 Mio. Euro. Für 2021 erwartet Finanzdezernent Günter Beck aber ein Minus von 60 Mio. Euro   

Das erste Pandemie-Jahr ist überstanden. Die Corona-Pandemie leider nicht. Sie begleitet uns alle mindestens noch in 2021. Das weiß auch der Mainzer Finanzdezernent. Günter Beck freut sich hörbar, dass er mitten in diesen schwierigen Zeiten bei einer Video-Presse-Konferenz eine frohe Botschaft verkünden kann. Das Haushaltsergebnis für 2020 liegt mit fast 40 Millionen € über den Prognosen. Trotz 54 Millionen €  geringerer Gewerbesteuer- Einnahmen. Trotz dem Wegfall von Gebühren und Beiträgen und trotz der Stundung von Steuervorauszahlungen z.B. durch Gastronomie-Betriebe.
„Eigentlich müssten wir die 54 Mio. € Mindereinnahmen durch die Gewerbesteuer noch auf den Mainzer Etat-Überschuss von 40 Mio. €  draufrechnen“, sagt Beck. Das würde einen Haushaltsüberschuss von 94 Mio. € bedeuten.

Mainzer Etat wegen hoher Altschulden genehmigungspflichtig

Beck hat guten Grund auf diesen Mainzer Etat-Überschuss hinzuweisen. Er betont auch, dass die Landeshauptstadt in den letzten zehn Jahren immerhin sieben positive Jahresabschlüsse erreicht hat. Adressaten für diese guten Nachrichten sind natürlich in erster Linie die Mainzer/-innen, auch wenn vorerst keine kommunalen Wahlen anstehen. Ein anderer Adressat sitzt in Trier. Dort ist die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion ansässig. Die Behörde muss jeden Etat, den der Mainzer Stadtrat beschlossen hat, genehmigen. Derzeit warten Beck und der Leiter des Amtes für Finanzen, Beteiligungen und Sport, Stefan Mossel, auf die Entscheidung für den Doppelhaushalt 2021/22. Erst wenn die ADD-Genehmigung vorliegt, können die beschlossenen Vorhaben umgesetzt werden. So z.B. die Beauftragung der Rheinufergestaltung zwischen Theodor Heuss-Brücke und Kaisertor.
Der Mainzer Finanzdezernent will, dass „auch die ADD erkennt, dass wir gut wirtschaften“. Zur Wahrheit gehört dazu und Beck nennt sie selbst, die finanzielle Unterstützung z.B. vom Land Rheinland-Pfalz ist hilfreich für diesen Mainzer Etat-Überschuss. Beck nennt die Schlüsselzuweisung C3, die einen teilweisen Ausgleich für die von der Kommune zu tragenden Sozialausgaben gewährt. Mainz habe als Oberzentrum davon profitiert, das trage zum Haushaltsüberschuss bei. Beigetragen habe auch der Bund durch die Erhöhung des Zuschusses für die Kostenerstattung von Unterkünften von Hartz IV-Bedarfsgemeinschaften. „Es war ein langer Kampf der Kommunen, bis wir das erreicht haben“, sagt Beck in Richtung Landes- und in Richtung Bundesregierung.

Leichter Anstieg der Eigenkapitalquote

Ein einmaliges Ereignis, das zum Mainzer Etat-Überschuss im ersten Corona-Pandemie-Jahr beigetragen hat ist eine außerordentliche Gewerbesteuer-Nachzahlung. Da diese Nachzahlung dem Steuergeheimnis unterliegt, kann Beck nicht sagen, welches Unternehmen Gewerbesteuern nachzahlen musste.
Diese außergewöhnlichen Ereignisse, die für den positiven 2020er Jahresabschluss verantwortlich sind, werden sich im zweiten Corona-Pandemie-Jahr nicht wiederholen. Die Finanzverwaltung hat ein Minus bei den Gewerbesteuern von 60 Mio. € eingeplant und rechnet mit einem Defizit in Höhe von 40 Mio. €  für 2021. „Die Jahre 2021 und 2022 werden die schlimmsten sein, bis sich die Wirtschaft wieder erholt hat“, ist Beck überzeugt und schaut vorerst lieber auf die Grafiken, die illustrieren, was unter seiner Ägide in den letzten Jahren erreicht wurde.
2009, als das Haushalts- und Rechnungswesen der Stadt Mainz von der Kameralistik auf die Doppik umgestellt wurde, lautete die Prognose, Mainz ist im Jahre 2020 pleite.  Heißt, das Eigenkapital ist aufgebraucht. Tatsächlich aber ist die Eigenkapital-Quote in den letzten Jahren gestiegen – vom bisherigen Tiefststand  708.381.716 € in 2011 auf 943.641.105 € in 2020.

Schulden werden weiter steigen

Der Altschuldenstand ist allerdings nur leicht gesunken. Es handelt sich um einen Schuldenberg, den Mainz seit 1992 mit dem ersten negativen Jahresabschluss angehäuft hat. Zwar lagen 2020 die Liquiditätskredite mit 573,3 Mio. € auf dem niedrigsten Niveau seit 2009 aber die Gesamtschulden (Investitions- und Liquiditätskredite zusammen) belaufen sich immer noch auf 1.170,7 Mio. € (nach einem Höchststand von 1196,1 Mio. € in 2016).
Die Planwerte des Gesamtschuldenstands ab 2021 sehen eine Steigerung vor: 1247,2 Mio. € (2021), 1305,0 Mio. €  (2022), 1.317,2 Mio. € (2023). Keine schönen Aussichten, aber die Stadt versucht gegen zusteuern:
„Wir haben ganz bewusst den Etat 2021/22 mit ‚Investieren gegen die Krise“ überschrieben“, stellt Beck fest. Für 2021 sind Investitionskredite in Höhe von 586,7  Mio. € eingeplant, die 2022 auf 601,5 Mio. €  und 2023 sogar auf 618,6 Mio. € steigen sollen. Alles vorbehaltlich der Zustimmung durch die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion ADD.

/Marion Diehl (SoS)