Kommt es oder kommt es nicht? Neue Gutachten sollen die Maßnahmen zur Einhaltung der NO2-Grenzwerte in Mainz bewerten, dann fällt die Entscheidung, ob Mainz ab Oktober ein Dieselfahrverbot anordnet.

Vorerst ist das Dieselfahrverbot auf Oktober 2020 verschoben. Dann wäre die Rheinschiene gesperrt für Dieselfahrzeuge der Schadstoffklassen Euro 1 bis 5 sowie Benziner der Euronorm 1 und 2.
Die Flusskreuzer dagegen dürften, so sie denn trotz Corona-Pandemie in Mainz wieder anlanden können, weiterhin ihre Dieselmotoren laufen lassen und dabei u.a. Stickoxide in die Luft blasen. Wieso eigentlich?

Die Stickstoffdioxid- (NO2-) Werte in Mainz sind gesunken. Sie lagen aber – vor Corona-Zeiten – immer noch über dem erlaubten Grenzwert. Ergo hatte der Stadtrat auf Anraten der Verkehrsdezernentin in der Fortschreibung des Luftreinhalteplans im Februar 2020 beschlossen, ein Dieselfahrverbot für die Rheinschiene, ursprünglich ab dem 1. Juni 2020 zu verhängen. Aufgrund der Corona-Pandemie wurde dieses Fahrverbot auf den 1.Oktober 2020 verschoben.

Dieselabgase am Mainzer Rheinufer

Verantwortlich für die NO2-Grenzwertüberschreitungen ist in erster Linie der Straßenverkehr. Bekannt ist aber, dass Flusskreuzer, solange sie an Land liegen, ihre Motoren laufen lassen müssen. Es handelt sich um Dieselmotoren. Deren Abgase, z.B. die Bewohner/-innen der Uferstraße in Mainz je nach Windrichtung riechen können.

Bekannt ist auch, dass der Passivsammler an der Rheinstraße mit den höchsten NO2-Werten, an der Stadtbibliothek angebracht ist – im direkten Einzugsbereich der Dieselabgase durch die Flusskreuzer, die am Adenauer-Ufer festmachen.

Bekannt ist außerdem, dass die Stadt Mainz im Green City Masterplan vom Juli 2018 die Versorgung der Flusskreuzer mit Landstrom als eine Maßnahme genannt hat, um die NO2-Belastung zu reduzieren und so ein Dieselfahrverbot zu verhindern. Nicht bekannt ist, welchen Anteil die Dieselabgase der Flusskreuzer an den NO2-Werten entlang der Rheinschiene in Mainz haben. Die Antwort auf eine entsprechende MAINZER-Anfrage an die Stadt Mainz, übermittelt durch die Mainzer- Pressestelle lautet:

„Die Emissionen der Schiffe haben so gut wie keinen Einfluss auf die Werte auf der Rheinachse, die nur unmittelbar die lokale Belastung vor Ort abbilden (z.B. liegt der Wert des Passivsammlers gegenüber der Stadtbibliothek bei 36 µg/m³ gegenüber 48 µg/m³ an der bebauten Seite). Die Abgase der Schiffe fließen mit ein in den sogenannten „städtischen Hintergrund”, der alle NO2-Belastungen darstellt, die nicht lokal entstehen: Industrieabgase, Heizungen, Verkehr überall (z. B. Autobahn, Schiffe, Flugzeuge). Der Hintergrund wird in Mombach gemessen und betrug – 21 µg/m³ im Jahr 2019,  vor ein paar Jahren noch 24 µg/m³. Auch hier ist ein langsamer Rückgang feststellbar.“

Stickoxid-Belastung der Binnenschiffe

Die Behauptung der Stadt Mainz, die Schiffe hätten „so gut wie keinen Einfluss auf die NO2-Belastungen“, passt nicht zu den Aussagen des Umweltbundesamtes (UBA). Das berief sich in einer Pressemitteilung im April 2018 auf eine Studie des Bundesamtes für Gewässerschutz und stellt fest: „Die mittlere NO2-Zusatzbelastung, die durch die NOx-Emission der Binnenschifffahrt auf Mittel- und Niederrhein verursacht wird, nimmt demnach überproportional und sehr schnell mit Entfernung von der Fahrrinne ab. In einer Entfernung von 200 Metern vom Ufer liegt sie bereits unter 5 µg/m³. Daher ist an Uferpromenaden von Städten wie Köln oder Düsseldorf davon auszugehen, dass die Binnenschiffe dort erheblich zur NO2-Belastung beitragen.“

Wie erheblich sie zur NO2-Belastung beitragen, das ist so lange offen, wie an den verschiedenen Uferstandorten nicht gemessen wird.

Ein auf drei Jahre angelegtes, länderübergreifendes Projekt der Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG) und der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes (WSV) könnte klären, wie erheblich die NO2-Belastung der Binnenschiffe im Uferbereich ist. Erhoben werden sollen die Auswirkungen der Binnenschiffe auf die Luftschadstoffkonzentration. Dabei gehe es auch um die Entwicklung und Etablierung eines standardisierten Erhebungsverfahrens für schiffsbedingte Emissionen und Immissionen“, schreibt die Pressestelle des Landesamtes für Umwelt. Laut Pressestelle des BfG wurde 2019 mit der Grundlagenermittlung begonnen und eine Bund/ Länder-Arbeitsgemeinschaft ins Leben gerufen, bei der die Umsetzung des Projekts vorgestellt wurde. Im Mai 2020 hätte ein Workshop stattfinden sollen, der Corona bedingt abgesagt werden musste.

Dieses Forschungsprojekt wäre gar nicht nötig – zumindest für die Berechnung des NO2-Ausstoßes der Flusskreuzer am Mainzer Adenauer-Ufer, würden die Steiger dort mit Landstrom versorgt. Dann könnten die Dieselmotoren zumindest für die Dauer des Aufenthaltes der Schiffe in Mainz abgeschaltet werden. Allerdings scheint dies ein Projekt zu sein, dessen Planungen irgendwo hängen und dessen Finanzierung unklar ist.

| SoS

 

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