Die OB-Wahlen sind vorbei, Michael Ebling bleibt Oberbürgermeister unserer Stadt. Der Wahlkampf hatte einige Begleitumstände, die nachdenklich machen müssen.

Da ist zuerst einmal der Stichwahlkandidat, Nino Haase, der völlig Politik unerfahren in den Ring gestiegen ist. Er hat eine historisch einmalige Situation klug zu nutzen gewusst, er hat eine CDU vorgefunden, die für die OB-Wahl keine Idee hatte, wen sie gegen den Amtsinhaber aufstellen soll und wahrscheinlich hatte auch niemand den Mut dazu.

»Willkommen in unseren Reihen«, wurde Herr Haase auf einem CDU-Parteitag gekürt. So richtig zugehört hatte wohl keiner – Haase wollte gar nicht »in die Reihen der CDU«, sondern nur die Unterstützung der ehemals stärksten Fraktion im Mainzer Stadtrat. Nach dem Absturz der CDU bei den Kommunalwahlen kühlte scheinbar das Verhältnis zu den Konservativen ab. Bei den verschiedenen Foren nahm das »Programm« von Herrn Haase Konturen an, hatte aber kaum etwas mit dem CDU-Wahlkampfprogramm zu tun. Geld zur Unterstützung hat die CDU wohl nicht zur Verfügung gestellt, denn Nino Haase behauptete in einem Interview, er würde alles aus eigener Tasche bezahlen. Lassen wir das mal so stehen.

Am Abend der Wahlentscheidung sah man wieder Fotos mit CDU-Funktionären. Eine jubelnde und wild klatschende CDU-Vorsitzende, Sabine Flegel und einen lächelnden Fraktionsvorsitzenden, Hansgeorg Schönig. Ich habe mich gefragt, was die so toll finden? Zu dem Ergebnis hat die CDU nichts beigetragen, kein Geld, keine Inhalte – nur Wahlkampfständer, wahrscheinlich. Aus dem Hintergrund raunte ein Beobachter der Klatschorgie von Sabine Flegel: »die klatscht jetzt um ihr Leben«. Es wird wohl eher um den Parteivorsitz gegangen sein, denn viele CDU-Wähler und -Mitglieder konnten nicht verstehen, warum Flegel und Schönig, nicht versucht haben, zum ersten Mal in der Nachkriegsgeschichte CDU-Politik in die Stadtspitze zu bringen.

Jetzt wird es spannend. Verzeiht die CDU-Basis ihren Führungskräften die Dauerniederlagen oder scheitert ein Neuanfang allein schon mangels personeller Alternativen?

Was geschieht jetzt mit Nino Haase, wird er CDU-Mitglied, beerbt er Herrn ÖDP-Moseler, wird er Spitzenfunktionär der FWG, gründet er eine eigene Partei oder bekommt er ein Angebot am nächsten Dschungelcamp teilzunehmen (das beste Training dafür hat er jetzt hinter sich)? Ich bin in den Monaten meiner Wahlkampf- Beobachtung das Gefühl nicht losgeworden, dass es ihm nur um Bekanntheitsgrad, Lust am Wettbewerb, also das eigene Ego ging. Ich kann mich irren, aber ich glaube, er hat irgendwann begriffen, dass die Position eines ersten Bürgers unserer Stadt nicht gerade die Berufung ist, nach der er sich sehnt.

Wie bereits vorausgesagt, hatten die Medien die besondere Rolle bei den Wahlen, die Positionen der Kandidaten objektiv herauszuarbeiten, ohne Partei zu ergreifen. Die Mainzer Allgemeine Zeitung, ihr Lokalchef, Dennis Rink, und sein Team haben – so meine Meinung – einen TOP-Job gemacht. Das war Journalismus, wie man es sich wünscht: Informativ, neutral und aktuell. Der SWR: wie immer ein wenig langweilig, aber stets bemüht den Anforderungen gerecht zu werden.

Dann gab es noch zwei Medien, die eine deutliche Parteilichkeit für Nino Haase an den Tag legten: An der Spitze Frau Kirschstein mit ihrer digitalen Stadtzeitung. Der Artikel »die Mainzer Matrix« sollte den Preis für den »gruseligsten Content ever« erhalten. Das Niveau der Berichterstattung war, das kann, wer der schreibenden Zunft angehört nicht anders bezeichnen, zum Fremdschämen.

Wie vorausgesagt, hat sich unser »Blitzer-Sender«, Antenne Mainz, auch eingemischt. Wer auch immer den inhaltlichen Takt, insbesondere in den letzten beiden Wahlwochen, bei diesem Privatsender vorgab, unparteiisch kann man das nicht nennen. Das Gute zum Schluss: einen Tag nach der OB-Wahlentscheidung war der 11.11. und auf dem Schillerplatz standen Tausende von Meenzern: 40% Wähler, 60% Nicht-Wähler und alle hatten eins gemeinsam, sie jubelten unserem OB zu. So mag ich mein Mainz!

| Mogunzius

 

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