Viel wurde geredet und geschrieben über die E-Mobilität, als DIE Lösung, um den Co2-Ausstoß zu reduzieren. Klar ist, ohne entsprechende Ladeinfrastruktur werden kaum Autofahrende umsteigen. Warum gibt es dann in Mainz so wenige öffentliche Ladepunkte?
E-Mobilität. 2016 gab es in Mainz elf öffentliche Standorte mit 21 Ladepunkten, an denen E-Autos Strom laden konnten. Im selben Jahr hat der Mainzer Stadtrat eine »Handlungsstrategie Elektromobilität« verabschiedet. Darin werden folgende Handlungsfelder genannt: E-Flotten, E-Quartiere, E-Netzwerke, ÖPNV und Fahrradverleihsystem.
Zum Ausbau der Ladeinfrastruktur heißt es: »Eine Analyse des zielgerichteten Ausbaus von Ladeinfrastruktur sollte, neben reinen Bedarfen oder Ausbauzahlen, mögliche Querverbundeffekte mit angrenzenden Verkehrssystemen, wie z.B. dem ÖPNV oder dem Fahrradmietsystem, umfassen. In den Anlagen ist ein Handlungsleitfaden samt Checkliste und Mustergestattungsvertrag beigefügt, der rechtliche, formale und gestalterische Aspekte für ein formalisiertes Genehmigungsverfahren durch die Stadt Mainz ermöglicht.« (S.13)
Das klingt nicht nach einer forcierten Zielvorgabe für den Ausbau der E-Mobilität.
2019 betreiben die Mainzer Stadtwerke (MSW) in der Stadt Mainz 24 Standorte mit 48 Ladepunkten. Innerhalb von drei Jahren können statt 21 E-Autos nun 48 E-Autos gleichzeitig Strom tanken – öffentlich wohlgemerkt. 2019 im Sommer: Die Stadt Mainz sieht aufgrund der geringen NOx-Grenzwertüberschreitungen keine Veranlassung, ab September 2019 ein Dieselfahrverbot zu verhängen, lautet die Antwort der Mainzer Pressestelle auf eine MAINZER-Anfrage.
Im Green City Masterplan, der 2018 verabschiedet wurde, um das Verwaltungsgericht davon abzuhalten ein Dieselfahrverbot zu verhängen, wird die E-Mobilität als ein Baustein genannt, um die Co2-Belastung in der Stadt zu verringern. Allerdings geht es um den ÖPNV, um Fahrzeuge der Stadt, bzw. der stadtnahen Gesellschaften, die umgerüstet werden sollen. Vom Individualverkehr ist hier nicht die Rede. Insofern verwundert es wenig, wenn die Zahl der öffentlich zugänglichen Ladestationen in Mainz ziemlich dürftig ist. Und, so hat es den Anschein, daran wird sich auch nichts ändern.
E-Mobilität: E-Ladeinfrastruktur
Auf Anfrage des MAINZERs erklärt die Pressestelle: »Beim Aufbau der E-Ladeinfrastruktur im öffentlichen Raum durch die Mainzer Stadtwerke stimmen sich die Stadtwerke eng mit der Verwaltung ab. Hier erfolgt derzeit ein starker Ausbau. Ziel ist es, nach der Versorgung der Innenstadt nun auch in allen Stadtteilen Ladeinfrastruktur aufzubauen. Auch die Elektrifizierung des städtischen Fuhrparks wird schrittweise vorangetrieben – 24 Pkw/Lkw in den nächsten Monaten, darunter auch elektrische Müllfahrzeuge. Hinzu kommen noch die E-Busse und die Brennstoffzellen-Busse.«
Der »starke Ausbau« der Ladeinfrastruktur sind die von der MSW (siehe unten) genannten 24 neuen Ladepunkte: weitere 24 Autos, die öffentlich Strom tanken können.
Da die MSW der Ansprechpartner für die e-Ladeinfrastruktur in Mainz und Rheinhessen sind, ließ sich DER MAINZER von der MSW-Pressestelle den »Stand der Dinge« zusammenfassen, denn, so viel ist vorab klar, es hakt an einigen Stellen gewaltig – nur an welchen? Geht es um den »politischen Willen« oder gibt es andere, technische und finanzielle Hemmnisse?
Stand der Dinge
Die Mainzer Stadtwerke AG betreibt aktuell 76 Ladepunkte an 38 Standorten. Davon liegen 48 Ladepunkte an 24 Standorten in der Stadt Mainz, 24 Ladepunkte an 12 Standorten im Landkreis Groß-Gerau (dort ist die MSW-Tochter Überlandwerk Groß-Gerau GmbH aktiv) und 4 Ladepunkte an 2 Standorten in der Verbandsgemeinde Gensingen-Sprendlingen.
Die Auslastung an den meisten Ladesäulen sei sehr gut. Etwas weniger genutzt würden die Lademöglichkeiten in den Parkhäusern. In den letzten beiden Jahren hätten die MSW in die öffentliche Lade-Infrastruktur mehr als 300.000 Euro investiert. Hinzu kämen Betriebskosten für Wartung, Instandhaltung, etc..
Warum geht der Ausbau der Ladeinfrastruktur so langsam voran?
Nach Ansicht der MSW darf die öffentliche Ladeinfrastruktur nicht isoliert als eine Art alleiniger Hemmschuh für den rascheren Ausbau der Elektromobilität betrachtet werden. Auch Vermieter, Wohnungsgesellschaften, Arbeitgeber usw. müssten mehr in die Pflicht genommen werden. Außerdem müsse der Bund dringend das WEG-Gesetz dahingehend anpassen, dass der Ausbau in Tiefgaragen von WEGs nicht mehr so leicht blockiert werden kann. Letztlich sei es auch eine Sache der Angebote der Auto-Industrie an geeigneten und günstigen Fahrzeugen sowie Sache der Bürger/-innen, ob und wann sie umsteigen auf ein Elektroauto.
Welche Kosten wird der weitere Ausbau verursachen und wer trägt diese Kosten?
Pro Jahr wollen die MSW etwa 200.000 Euro in den Ausbau stecken. Die Höhe hänge davon ab, wie viel Fördergelder der Bund zur Verfügung stellt und ob die MSW AG auch eine Förderung bekommen. Geplant ist, Ende 2019 / Anfang 2020 an weiteren 12 Standorten 24 neue Ladepunkte zu errichten.
E-Mobilität: MSW-E-Ladestationen
Bislang ist der Strom an MSW-E-Ladestationen kostenlos. Warum? Wie lange noch?
Die Abrechnung und das Bezahlsystem von Ladestrom an öffentlichen Ladesäulen ist insbesondere eine Frage der dahinterliegenden IT- und Vertragssysteme sowie der Sicherstellung eichrechtkonformer Messung. Als die MSW 2016/2017 in den Ausbau der Ladeinfrastruktur einstiegen, waren geeignete systemtechnische Voraussetzungen nur unzureichend gegeben. Alle Lösungen wären kompliziert für Ladeinteressenten gewesen und sehr teuer in der Abwicklung. Da anfangs keine extrem hohe Nachfrage erwartet wurde, sollte die E-Mobilität durch kostenfreies Laden und ein niederschwelliges Angebot im öffentlichen Raum unterstützt werden. Inzwischen sei die Nachfrage deutlich gestiegen. Und die Entwicklung von Abrechnungs-/Bezahlsystemen so weit fortgeschritten, dass mittelfristig Bezahlprodukte an den öffentlichen Ladestationen angeboten würden. Die Höhe der Tarife und auch die Art der Produkte (Flat, Kilowattstunden-scharf etc.) stünden noch nicht fest.
Welche Anforderungen stellt der weitere Ausbau der Elektromobilität an die Stromnetze?
In Abhängigkeit vom derzeit noch unbekannten Szenario »Wieviel Elektromobile wird es bis wann geben?« würden die Stromnetze in den nächsten Jahren über alle Spannungsebenen zunehmend belastet. Die Mainzer Netze GmbH verstärke im Rahmen von Netzerneuerungsmaßnahmen seit längerem die Leistungsfähigkeit des Niederspannungsnetzes und der Trafostationen. Durch den gezielten Einbau von Messsensoren beobachte die Mainzer Netze die aktuelle Auslastung bestehender Niederspannungsnetze, um im Bedarfsfall mit intelligenter Netztechnik – Schlagwort Smart Grid – steuernd eingreifen zu können. Insbesondere für vermutete Ladeschwerpunkte bei großen Arbeitgebern und bei Großgaragen im Stadtzentrum habe sich der Mainzer Netzbetreiber bereits Reserveflächen für weitere Umspannwerke gesichert. Im Bedarfsfall könne schnell reagiert werden.
Kommentar
Die E-Mobilität ist kein Allheilmittel, um Schadstoff- und Verkehrsprobleme zu lösen. E-Fahrzeuge helfen, den Co2-Ausstoß zu reduzieren, aber die Straßen werden deshalb nicht leerer. Die Produktion und die Entsorgung der Batterien verursachen zusätzliche Umweltschäden. Insofern ist der zurückhaltende Ausbau der öffentlichen e-Ladeinfrastruktur nur folgerichtig. Ob das Mainzer Polikter/-innen so klar kommunizieren können?
| SoS