Die Kommunalwahl in Rheinland-Pfalz findet zeitgleich mit der Europawahl am 26.Mai 2019 statt. DER MAINZER befragt die Kandidatinnen und Kandidaten zu unterschiedlichen Themen. Im Mai geht es um Mainz als Einkaufsstadt.
Die Entwicklung von Mainz als Einkaufsstadt wird seit vielen Jahren kontrovers diskutiert. Seit 2004 bildet das sogenannte Tripol-Konzept die Basis für die Innenstadtentwicklung. Die Innenstadt zwischen Augustinerstraße, Stadthausstraße/Römerpassage und Brandzentrum besteht aus drei Einkaufs- Polen, die mit der »Citymeile« optisch verbunden sind. Das Konzept selbst ist umstritten, die Pol-Bildung aber Realität. 2015 wurde unter Federführung des Stadtplanungsamtes das »Integrierte Entwicklungskonzept Innenstadt Mainz« erarbeitet. Es benennt für die Einkaufsinnenstadt und die daran angrenzenden Gebiete der Mainzer Altstadt einen Korridor für deren zukünftige städtebaulich-räumliche Entwicklung. Hier ist u.a. den Einkaufslagen abseits der Pole Aufmerksamkeit geschenkt und die Umbauten von Bahnhofs-, Münsterstraße sowie Große Langgasse sind unter dem Stichwort »Aufwertung der Verbindungsachse Hauptbahnhof – Einkaufsinnenstadt« skizziert.
Diese Konzepte, vom Mainzer Stadtrat verabschiedet, werden ergänzt durch das »Zentrenkonzept Einzelhandel«. Es bildet die planerische Grundlage für die Steuerung der Einzelhandelsentwicklung und räumt der Innenstadt eine eindeutige Vorrangstellung ein. Die »Mainzer Liste der zentrenrelevanten und nicht-zentrenrelevanten Sortimente« soll als Steuerungsmechanismus zur räumlichen Lenkung der Handelsangebote beitragen – sie wurde mehrmals aktualisiert, gilt gleichwohl als »Verhinderer« für die Ansiedlung von »Globus« und »Decathlon«. Auch das Zentrenkonzept und die jeweiligen Aktualisierungen müssen vom Stadtrat beschlossen werden und sind Gegenstand politischer Auseinandersetzungen. Vor diesem Hintergrund wollte DER MAINZER von den Parteien, die Kandiaten/-innen für die Wahl des Mainzer Stadtrats und der Ortsbeiräte in den Stadtteilen aufgestellt haben, wissen:
Welche Möglichkeiten haben Sie als Kommunalpolitiker/-in, »Mainz als Einkaufsstadt« zu fördern?
Mündlich oder schriftlich haben sieben Parteien geantwortet: SPD, GRÜNE, FDP, ÖDP, FW sowie die nicht im Stadtrat vertretene AFD und die Piraten. Die CDU und die Partei Die Linken haben nicht auf die MAINZER-Anfrage reagiert. Die Antworten der Piraten und der AFD finden Sie aus Platzgründen auf der MAINZER-Webseite.
| Marion Diehl (SoS)
Marc Antonin Bleicher, SPD
Marc Antonin Bleicher, SPD
Marc Antonin Bleicher, SPD
Vorsitzender SPD-Unterbezirk Mainz, Mitglied des Stadtrats
Zu den Rahmenbedingungen, die die Kommunalpolitik gestalten kann, zählt laut Bleicher die Bauleitplanung, d.h. die Entwicklung von Einzelhandel z.B. durch die Ausweisung entsprechender Flächen. Das Zentrenkonzept sei geeignet, die Innenstadt lebendig zu halten und die Abwanderung der Kundschaft auf die grüne Wiese zu begrenzen. Dabei müsse es immer weiter fortgeschrieben, den Realitäten angepasst werden – auch das ist eine Frage, die in Ausschüssen und im Stadtrat entschieden wird.
Stadt und stadtnahe Gesellschaften könnten über Feste und Veranstaltungen die Besucherfrequenzen in der Innenstadt erhöhen. Bleicher nennt Formate wie »Mainz lebt auf seinen Plätzen«, den Wissenschaftsmarkt und die Verkaufsoffenen Sonntage. Bei der Organisation solcher Formate brauche Mainz auch einen Citymanager/eine Citymanagerin – diese Position sei baldmöglichst neu zu besetzen.
Sylvia Köbler-Gross, Bündnis 90/Die Grünen
Sylvia Köbler-Gross, Bündnis 90/Die Grünen
Sylvia Köbler-Gross, Bündnis 90/Die Grünen
Fraktionsführerin im Stadtrat
Ein Schwerpunkt ihrer Partei zur Förderung der Mainzer Einkaufsstadt sei das Zentrenkonzept: »Wir sind die einzige Partei, die dieses Konzept ohne Wenn und Aber verteidigt. Es darf weder ausgehöhlt noch gelockert werden«, so Köbler-Gross. Sie wertet zudem das LEAP-G als ein gutes Instrument, um mit Unterstützung privater Initiative die Quartiere, für alle, die sie nutzen, attraktiver zu machen. Die Initiative, dieses Gesetz so anzupassen, dass auch die Landeshauptstadt mit ihrem Mischgebieten – Wohnen, Gewerbe, Dienstleistung – das LEAP-G anwenden kann, liege beim Land. FDP-Wirtschaftsminister Wissing müsse hier endlich tätig werden.
»Wir brauchen in der Stadt die Möglichkeit, frische, regional erzeugte Produkte einzukaufen. Deshalb unterstützen wir die Wochenmärkte – in der Innenstadt wie in den Stadtteilen.«
Lisa Haus, FDP
Lisa Haus, FDP
Lisa Haus, FDP
kandidiert für den Stadtrat und als Ortsvorsteherin in der Neustadt
»Aus unserer Sicht ist die Neubesetzung der Position des Citymanagers unbedingt erforderlich. Die Position sollte mit mehr Kompetenzen und mit einem höheren Budget ausgestattet werden. Aufgabe des Citymanagers ist u.a. eine weitreichende Vernetzung aller Gewerbetreibenden, über die Einzelhändler hinausgehend – die Anbindung an die städtische Wirtschaftsförderung sollte daher geprüft werden.
Die Stadt benötigt mehr familienfreundliche Angebote, z.B. als ‚Einkaufs-Erlebnis-Tage‘, mit Unterstützung der Gewerbetreibenden. Im Bereich Smart City kann die Mainz Card weiterentwickelt werden zu einem digitalen Schlüsselbund, um Parkgebühren und Einkäufe bargeldlos zu bezahlen. Die Parkgebühren lassen sich reduzieren, wenn die Beträge für Einkäufe in den Geschäften und Verzehr in den Gaststätten angerechnet werden.«
Dagmar Wolf-Rammensee, ÖDP
Dagmar Wolf-Rammensee, ÖDP
Dagmar Wolf-Rammensee, ÖDP
kandidiert für den Stadtrat und als Ortsvorsteherin in der Oberstadt
»Der innerstädtische Einzelhandel ist durch den Onlinehandel sowie durch ein breites Einkaufsangebot auf der grünen Wiese gefährdet. Die ÖDP steht deshalb zum Zentrenkonzept.
Seit Jahren reagiert die Stadtspitze nur auf Planungswünsche verschiedener Investoren anstatt ihre ureigenste Aufgabe, die Steuerung des Baurechts, endlich anzupacken. Die ÖDP fordert eine zeitgemäße Anpassung des stimmigen Gesamtkonzepts vom Schillerplatz bis zum Höfchen unabhängig von den wechselnden Wünschen potenzieller Investoren. Der bestehende Bebauungsplan muss sowohl den künftigen Anforderungen des (lokalen) Einzelhandels als auch den Bedürfnissen der Umwelt angepasst werden. Ferner brauchen wir Maßnahmen, um die Aufenthaltsqualität in der Innenstadt zu stärken, z.B. durch den Erhalt der Plätze in der Ludwigsstraße.«
Erwin Stufler, FW
Erwin Stufler, FW-G
Erwin Stufler, FW
kandidiert für den Stadtrat und als Ortsvorsteher in der Oberstadt
Die wichtigste Stellschraube, so die Freien Wähler, sei der Verkehr. Hier müsse Mainz mit Sonderaktionen aufwarten, die sonst keiner biete. Als Beispiele werden ein parkhausgebührenfreier Samstag oder ein Tag kostenloser ÖPNV von Stadtrand in die City genannt, um die Leute zu locken.
»Gleichzeitig braucht der Einzelhandel einen koordinierten Internetauftritt«, erklärt Erwin Stufler. »Frei nach der Devise ›Im Netz anschauen und vor Ort abholen‹ ließe sich das bequeme Surfen durch die Produktpaletten mit dem persönlichen Einkaufserlebnis in den Mainzer Geschäften kombinieren: Eine ideale Aufgabe für das City-Marketing.« Und gegen die leidige Internet-Bestelleritis könnte eine City-Maut für DHL, Hermes und Co. helfen.«
Britta Werner, Die Piraten
Britta Werner, Die Piraten
Britta Werner, Die Piraten
kandidatin für den Stadtrat
»Eine Kernaussage der PIRATEN lautet ‚Erst der Mensch, dann der Markt‘, wobei der Wochenmarkt rund um den Dom bereits für meine Eltern ein Grund war, um in der Mainzer Innenstadt und nicht auf der grünen Wiese einzukaufen. Eine Möglichkeit zur Förderung von Mainz als Einkaufsstadt sehe ich in dem Ausbau von Parkhäusern und Straßenbahnen außerhalb der Innenstadt sowie der weiteren Vernetzung mit dem Umland, um wohnortnahe Angebote zu unterstützen. Unser Ziel einer autofreien City, eines ticketlosen ÖPNV sowie eines schnellen Internetzugangs und freien WLANs kommt nicht nur den Menschen zugute, die dort wohnen, sondern auch denen, die dort arbeiten, ihre Freizeit verbringen und ihr Geld für das ausgeben, was dort angeboten wird, wozu heutzutage die digitale Verlängerung des Einkaufserlebnisses gehört.«
Lothar Melhose, AfD
Lothar Mehlhose, AFD
Lothar Melhose, AfD
Kandidat für den Stadtrat
»Mainz konkurriert im Rhein-Main-Gebiet mit starken Einkaufsstädten, wie Wiesbaden und Frankfurt. Die Stadt muss Akzente setzen und ein Alleinstellungsmerkmal etablieren, um für Mainzer und Auswärtige attraktiv zu sein.
Darum sollte das städtische Zentrenkonzept abgeschafft bzw. überarbeitet und von sortimentsregulierenden Vorgaben befreit werden. Die Ansiedlung eines von vielen Bürgern nachgefragten Globus SB-Warenhauses und Sportwarenhauses mit breitem Sortiment sollte Ziel sein. Die wohnortnahe Versorgung in den Stadtteilen ist zudem durch eine aktive Ansiedlungspolitik sicherzustellen.
Die Ludwigstraße muss attraktiver werden. Wir begrüßen die derzeitige Initiative und hoffen auf wichtige Impulse für den Einzelhandel. Bauvorhaben müssen hier jedoch mit Sinn und Verstand getätigt werden und dürfen nicht in Prestigeprojekte ausarten.«
Mobilität in Mainz: Quadratur des Kreises?
Bürgerbeteiligung: Wie können die Bürger/-innen mitentscheiden?