Im »Willems« in der Mainzer Kapuzinerstraße wird solide und mit frischen Ideen gekocht,
darüber hinaus gibt es eine außergewöhnlich sortierte Weinkarte mit Capital-Fokus.

 

Da ja auch der Herbst bekanntlich noch schöne, sonnige Tage hat, könnte es derzeit gelingen, das sehr besondere Ambiente des »Willems« im Freien zu genießen. Dann sitzt man nämlich ganz entspannt vis-à-vis des Restaurant-Eingangs an und auf zünftigen Biergarten-Möbeln, schaut dann und wann an der makellos restaurierten Fassade der Pfarrkirche St. Ignaz empor und beobachtet genüsslich die gemächlich vorbeiziehenden Passanten – unter ihnen nicht wenige Touristen. Es ist ein Ort mit ganz eigenem Flair hier in der Kapuzinerstraße in der Mainzer Altstadt.

Früher befand sich das »Templer« in dem alten Gebäude, vor dem wir sitzen, dann zog das Vegan-Restaurant »Gutenberger« ein, und nun, seit diesem Sommer, versucht an dieser Stelle der junge Gastronom Jan Willem Appeltrath, einen attraktiven Kontrapunkt in der hiesigen Gasthaus-Landschaft zu setzen. Im Inneren der kleinen, ebenerdigen Gaststube hat er Bewährtes belassen, einiges verändert. Geradezu anheimelnd wirken die Räumlichkeiten einen Stock tiefer, wo man zudem durch eine starke Glasplatte hindurch in den Schlund eines uralten Brunnens hinabschauen kann.

Mister X und ich genießen die abendliche Sonne, die ihre Strahlen auf dem Plätzchen vor St. Ignaz wohlig ausbreitet. Strahlend werden wir auch von einer jungen Frau begrüßt und bedient, die für das »Willems« ein echter Glücksfall zu sein scheint. Im Unterschied zu arg vielen Servicekräften in der Wirtshausbranche geht sie mit einem ungezwungenen Lächeln durch die Welt, erklärt, gibt Hinweise – etwa zum Wein – und ist flott in der Ausübung ihrer Arbeit.

Apropos Wein. Jan Willem Appeltrath legt seinen Fokus in allererster Linie auf rheinhessische Gewächse renommierter Erzeuger. Ein wenig Nahe und Pfalz sind auch dabei. Und dann gibt es auf der Karte noch die Abteilung »Great Wine Capitals«. Appeltrath leistet mit der Präsentation von Kreszenzen unter anderem aus Bilbao, Kapstadt und Bordeaux ein wichtiges, horizonterweiterndes und genussanimierendes Erinnerungswerk. Die Flaschenweine aus den Capitals-Partnerregionen kosten bei ihm zwischen 20,50 und 29 Euro.

Geschmeidiges Schaumsüppchen

Zu essen gibt es im »Willems« ebenfalls Beachtliches. Mister X nimmt zunächst das Blumenkohl-Schaumsüppchen mit Nussbutter zu 7 Euro. Er schildert es als sehr geschmeidig in der Konsistenz und geschmacklich hervorragend, wünscht sich aber zur Vervollkommnung ein paar bissfeste Blumenkohlröschen in der Suppe. Das dazu gereichte Weißbrot schildert mein immerwährender Begleiter mit seinen eigenen Worten schlicht als »etwas knatschig«.

Bis auf eine Winzigkeit bin auch ich von meiner Vorspeise angetan. Es handelt sich um Kartoffel-Apfel-Salat mit gebackener Blutwurst und Speckcroûtons zu 9 Euro. Der Salat, der auch ganz fein geschnittene Gürkchen enthält, schmeckt ausgeprochen leicht und frisch, die drei Scheiben Blutwurst sind ausgezeichnet gewürzt. Allein die Croûtons sind kalt und passen damit nicht recht ins Gesamtbild.

Als Hauptgang wählt X das Bio-Schweinekotelett von der Metzgerei Korschelt im Zellertal mit Ofenkartoffel, Kräuterschmand und Beilagensalat (18,50 Euro). Voll des Lobes ist mein Gegenüber bezüglich der Qualität und des Garzustands des Fleisches: »Das ist schon eine anerkennenswerte Leistung, wenn es gelingt, ein Stielkotelett so saftig zu präsentieren.« Der Schmand sei in der Tat schön kräutrig, das Jus zum Fleisch in Ordnung. Aus der Kartoffel wurden kleine Kügelchen ausgestochen und mit Kresse garniert, was Mister X gestalterisch ganz besonders zusagt.

Perfekt gegartes Rumpsteak

Auch ich mag es heute fleischig und nehme das Bio-Rumpsteak (220 Gramm, Freilandhaltung) von besagter Metzgerei an Bohnengemüse und Kartoffelplätzchen (29 Euro). Was mich beeindruckt, ist, dass meine doch sehr dezidierte Bestellung exakt umgesetzt wurde. Das Rumpsteak kommt auf den Punkt medium well, so wie ich es bevorzuge: mit zartrosa Anklängen und auf keinen fall blutig. Die Soße überzeugt mich ebenso wie die Bohnen, die Kartoffelplätzchen sind Standard.

Eigentlich sind Mister X und ich nun bereit zu gehen, doch die Dessertempfehlungen der charmanten Servicekraft bewegen uns dazu, noch etwas zu bleiben. Mit der schwarzen Schokoladenmousse mit eingelegten Mirabellen (8 Euro) habe ich meine uneingeschränkte Freude, während X sein Mandel-Krokant-Parfait mit Pflaumenkompott (8 Euro) als gelungen wiewohl nicht herausragend wahrnimmt.

| Lou Kull

FAZIT:

Das »Willems« hebt sich in mehrfacher Hinsicht von der üblichen Altstadt-Gastronomie ab. Die Küche arbeitet solide, mit bewusst ausgewählten, guten Zutaten und einem Schuss Kreativität. Auch zur Mittagszeit lohnt sich ein Besuch im »Willems«, das dann eine kleinere, wenngleich variantenreiche Karte bereithält. Die Weinabteilung hat weit Überdurchschnittliches zu bieten, nicht allein mit den Great-Wine-Capital-Tropfen.

ESSEN8,0
TRINKEN8,5
SERVICE8,5
AMBIENTE8,5
PREIS/LEISTUNG8,0
GESAMT41,5 : 5 = 8,3 KAPPEN
Gasthaus Willems
Kapuzinerstraße 29
55116 Mainz
Tel. 0 61 31 / 210 91 70
Fax 0 61 31 / 210 91 72
willkommen@gasthaus-willems.de
www.gasthaus-willems.de
Öffnungszeiten:
Mo bis Sa 11.30 bis 15 Uhr und 17 bis 24 Uhr
Küchenzeiten: Mo bis Sa 12 bis 14.30 Uhr und 17.30 bis 22 Uhr
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