Die raffiniert-kreative Küche in Dittelsheim-Heßloch ist passé, dafür gibt ein einfacheres Tableau für ein breiteres Publikum. Die Umsetzung wirkt bisweilen nicht überzeugend.
Das Landhaus am Heidenturm in Dittelsheim-Heßloch hat eine spezielle Tradition: In den vergangenen Jahren wechselten die Gastronomen in dem rustikal eingerichteten Gebäude mehrfach. Das hatte wohl nichts mit mangelnder Qualität zu tun – im Gegenteil. Die Küche war stets überdurchschnittlich und in der Regel auch kreativ. Offensichtlich fehlte ein anspruchsvolles Publikum in ausreichender Zahl, das den Betrieb hätte auf längere Sicht erhalten können. Vor wenigen Monaten wurde das Restaurant wiedereröffnet, und nun sind Mister X, unsere Begleitung und ich hier, um zu erfahren, wie es mit dem Landhaus am Heidenturm weitergeht.
Am Interieur hat sich praktisch nichts verändert. Im Inneren steht auf zwei ländlich gestalteten Ebenen mit viel Holz reichlich Wohlfühl-Platz zur Verfügung. Draußen, wo wir an diesem schwülheißen Sommerabend sitzen, gibt es mehrere Tische, die durch eine Natusteinmauer von der Durchgangsstraße abgetrennt sind. Das ist gut so, denn der Verkehr an dieser Stelle kann bis in die Abendstunden beträchtlich sein. Apropos: Leider ist der öffentliche Parkplatz um die Ecke derzeit geschlossen, sodass man sich in den umliegenden Gassen eine Bleibe für sein Auto suchen muss.
Schnell wird deutlich, dass sich strategisch im Landhaus am Heidenturm etwas verändert hat. Das Speisenangebot ist einfacher und vom Umfang her übersichtlich. Wie wir von der neuen Chefin erfahren, soll dies ganz bewusst die Möglichkeit eröffnen, mehr heimisches Publikum zu generieren. Dazu passt das Banner über dem Eingang zum Gebäude, auf dem die Bezeichnung »Weinbistro am Heidenturm« zu lesen ist.
Kugelrunde Spundekäs-Pralinen
Aus der Speisekarten-Rubrik »Leckereien zum Wein« wählen wir »Brat-Peperoni mit Meersalz und einem Hauch braunen
Zuckers« zu 4,50 Euro. Außerdem lassen wir uns »Spundekäs-Pralinen, umhüllt von gehackten Mandeln, Walnüssen und Schnittlauch, dazu Graubrot« (5,90 Euro) servieren. Die Peperoni hatten wir uns etwas anders vorgestellt, eher ähnlich der spanischen Variante mit feiner Salzkruste. Schade, die Dittelsheim-Heßlocher Version lässt jeglichen Salzeindruck vermissen, und auch der braune Zucker dringt so gar nicht bis zu Zunge und Gaumen durch. Von den drei kugelrunden Spundekäs-Pralinen ist jeweils eine mit Mandeln, eine mit Walnüssen und eine mit Schnittlauch belegt. Dieses Arrangement lässt sich schön ansehen und schmeckt solide. Herausragend ist das dazu gereichte Brot: fluffig-leicht und frisch mit herrlich knuspriger Kruste.
Zum nun gereichten Lachstatar mit Graubrot und Radieschen (6,50 Euro) ist Folgendes anzumerken: Das – wiederum kugelrunde – Fischgehackte scheint aus Räucherlachs zu sein und verkostet sich sehr salzig. Die Süßkartoffelfries mit Knoblauchmayonnaise für 3,90 Euro, die unsere Begleiterin parallel probiert, bilden dazu, wie sie sagt, »einen interessanten Kontrast«. Flammkuchen wird im Landhaus am Heidenturm in diversen deftigen und süßen Versionen offeriert. Eine auf einer Schiefertafel angebotene Sonderedition mit Pfifferlingen, Speck und Zwiebeln (9,90 Euro) liest sich verlockend, und so greift unsere Tischnachbarin als Hauptspeise darauf zu. Auf den riesigen Flammkuchen allerdings hat sich anscheinend nur ein einziger Pfifferling verirrt, der in etliche Teile seziert wurde, was die Genussfreude deutlich schmälert.
Mister X widmet sich derweil dem Lachs vom Grill mit Limettenbuttersoße auf Salatbett (14,90 Euro). »Nun, der Lachs wirkt portioniert, was soll ich dazu sagen«, fällt sein Kommentar ungewohnt spärlich aus. Bleibt mein Schnitzel mit Zwiebeln und Pommes frites (11,90 Euro) zu erwähnen. Das Fleisch ist extrem flach geklopft, ein wenig trocken und geschmacklich eher fad. Das fängt die angenehme, leicht buttrige Panade positiv ab. Die Zwiebeln sind schön glasig geschmort, sodass ich insgesamt mit meiner Hauptspeise recht zufrieden bin. Mein kleiner gemischter Salat (2,50 Euro), in einem weißen Schüsselchen präsentiert, ist frisch und mit einigen Spritzern Himbeeressig aromatisiert.
| Lou Kull
Fazit
Das Konzept der neuen Gastronomin, im Landhaus am Heidenturm bewusst auf eine einfachere Küche zu setzen, um mehr regionales Publikum anzusprechen, ist nachvollziehbar. Die Umsetzung hat uns bei unserem Besuch jedoch nicht wirklich überzeugt. Bei einigen Speisen fehlt schlichtweg der Pfiff, es fällt auf, dass teilweise kaum gewürzt wird. Das Preis-Leistungs-Verhältnis war gerade beim Flammkuchen mächtig in Schieflage. Ein riesiger Mehlfladen, auf dem man den avisierten Belag mikroskopisch suchen muss, für 9,90 Euro… Wesentlich besser schnitt diesbezüglich das Schweineschnitzel mit zwei großen Fleischlappen für 11,90 Euro ab. Negativ zu Buche schlugen die langen Wartezeiten, obwohl nicht gerade viele Gäste anwesend waren. Von unserer letzten Vorspeise bis zum Auftragen der Hauptspeisen verging gut eine Stunde – und dies bei wahrlich nicht komplizierten Essens-Arrangements. Höchst positiv bewerten wir das Weinangebot mit weit über 20 Positionen. Ausgezeichnete Winzer aus der Region sind mit ihren Kreszenzen auf der Karte vertreten.
ESSEN | 7,0 |
TRINKEN | 8,0 |
SERVICE | 7,0 |
AMBIENTE | 8,0 |
PREIS/LEISTUNG | 6,5 |
GESAMT | 36,5 : 5 = 7,3 KAPPEN |