Wir befinden uns im Zeitalter der Partizipation. Die Beteiligung möglichst breiter Teile der Bevölkerung an Entscheidungsprozessen scheint Standard zu werden. Es fehlt bei diesen Prozessen nicht an kreativen Vorschlägen, sondern es fehlen Umsetzungsvorschläge.

Beispiele? Die Mainzer Allgemeine Zeitung hat auf den Social-Media-Kanälen die Mainzer befragt, wie die Innenstadt attraktiver werden könnte. 300 von 230.000 Einwohner haben Vorschläge gemacht. Mein Favorit ist der Vorschlag, ein »Katzencafé« zu eröffnen. Was das ist? Laut Internet sind das Cafés, in denen man wie in einem gewöhnlichen Café Kaffee und Kuchen bestellen kann, aber im Gastraum liegen viele Katzenhaare rum, sorry, Hauskatzen sind vorhanden – die man nicht am Schwanz ziehen darf.

Weiter wünscht man sich noch kleinere schöne Lädchen zum Stöbern. Leider gibt es keinen Vorschlag, wie die überleben sollen bei den Mieten in der Innenstadt. Es gibt auch die Forderung, dass eine Innenstadt Dinge bieten soll, die es in einem Online-Shop nicht gibt. Ich grüble, was das sein könnte, mir fällt nur Eis in der Waffel ein.

Dann gibt es noch Initiativen, die sich an der Stadtentwicklung beteiligen wollen, so die Initiative »Spielraum«. Das Allianzhaus, so ihre Forderung, soll erhalten bleiben als »Backstube für Kunst und Kultur.« Nun dachte ich, die entstehende Kulturbäckerei in der Neustadt würde auf Freude und Anerkennung stoßen. Aber nein, »das ist ein wichtiger Schritt, das reicht jedoch nicht, den Hunger dieser Stadt nach Kunst und Kultur zu befriedigen«. Woher das Geld kommen soll, das sehr große Gebäude als »Backstube« umzubauen und wer dann bereit ist die Mieten zu bezahlen, darüber gibt es keine Auskunft.

Die Stadt wiederum macht mit Hilfe einer Werbeagentur eine Plakataktion und Infoveranstaltung, um eine Aufbruchsstimmung und neues Interesse am Gutenberg-Museum zu wecken. So groß scheint wohl der »Hunger« nicht zu sein.

Da gefallen mir Projekte besser, die eine Idee entwickeln und gleich selbst umsetzen. Das katholische Jugendbüro Rheinhessen bietet als »Speed-Dating« eine gemeinsame Eselswanderung an, bei der »jeweils über eine gewisse Zeitspanne zwei Personen zusammen wandern, ehe man weiterzieht zum nächsten Esel.« Mit »nächsten Esel« ist das Tier gemeint, nicht ein Mann auf Partnersuche.

Es gibt auch die Initiative »Rettungsgasse an der Kasse«, zu der alle Kundinnen und Kunden aufgerufen sind, wenn hinter ihnen Einsatzkräfte mit ihren Einkäufen stehen. Die Ginsheimer verhandeln schon mit dem örtlichen REWE. Natürlich verstehe ich den Hintergrund der Kampagne, mache mir jedoch Gedanken über die Umsetzung. Vielleicht sollten Polizei- und Feuerwehrkräfte Einkaufswagen mit Blaulicht und Sirene erhalten? Die Idee, dass unsere Freunde und Helfer immer halblaut Tatütata murmeln sollen, finde ich peinlich.

Ich freue mich, wenn demnächst die Kreativität der Bürgerschaft anlässlich der Kommunalwahlen dem Höhepunkt zustrebt.