Weinhaus Engel in Grolsheim serviert Küchenklassiker auf hohem Niveau. Weinkarte führt renommierte Güter links und rechts der Nahe.

Andreas Engel bekennt sich dazu: Er wollte mit erlesenen Weinspezialitäten aus der Region und einer exquisiten Landhausküche nicht weniger als rheinhessische Lebensart neu definieren. Das klingt, wenn man in Grolsheim im äußersten Nordwesten von Rheinhessen beheimatet ist, einen Steinwurf von der Nahe entfernt, nach einem ehrgeizigen Unterfangen. Mister X ist als erstes einmal schwer beeindruckt, als wir quasi durch den Hintereingang des grandiosen Innenhofs das Weinhaus betreten. Jahrhundertealte Natursteinmauern, Fachwerk, modernes Mobiliar, dazu ein geschmackvolles Lichtkonzept und viel Liebe zum Detail. Das ist auf Anhieb ein Ort zum Wohlfühlen.

Der gut aufgelegte, flinke und fröhliche Service führt uns zum Tisch und stellt Sekunden später auch schon die große Schiefertafel mit den Tagesempfehlungen auf. Da werden wir auch schnell fündig. Eine Spargelcrèmesuppe (8,90 €) und Ingelheimer Stangenspargel mit Zander (30,90 €) sind die erste Wahl, dazu kommen von der Standardkarte noch Bruschetta (8,20 €) und Wiener Schnitzel vom Kalbsrücken (26,90 €). Insgesamt hat die Karte einen Hang zu mediterraner Küche mit italienisch-französischem Einschlag. Und mit einem rheinhessischen Augenzwinkern gibt es auch eine Handkäse Trilogie (12,90 €), bestehend aus Handkäs mit Musik, Handkäs-Suppe und Handkäs-Salat.




Überzeugender Grauburgunder

Große Klarheit prägt auch die Weinkarte: Die Schoppenweine (zwischen 5,30 und 6,60 €) kommen (von einem kleinen Seitensprung in den Rheingau abgesehen) aus Grolsheim und den Nachbarorten. Das geht auch deshalb gut, weil im Dreieck Bingen-Bad Kreuznach-Ingelheim reputierliche Weinbaubetriebe links und rechts der Nahe arbeiten, die mit den heimischen Sediment- und Verwitterungsböden bestens umgehen können. Davon überzeugen uns auch gleich ein Grauburgunder (5,30 €) von Bischel in Appenheim und ein Weißburgunder (5,80 €) von Schweickardt, ebenfalls aus Appenheim. Beide Jahrgang 21, beide trocken ausgebaut, beide eine Zierde ihrer Rebsorte mit feiner Säure und fülliger Frucht von Melone und Aprikose im einen und Zitrus und Ananas im anderen Glas.

Bei den Flaschenweinen ist die Auswahl aus der Region noch größer, aber auch hier immer mit einem Blick auf das Qualitätsversprechen erfahrener Weingüter.

Unerwartet zügig lässt die Küche die Vorspeisen auftragen. Meine Bruschetta liefert mit kräftig geröstetem Weißbrot, bestrichen mit Pesto und belegt mit Tomatenwürfeln, eine gute Grundlage, auf der Rucola und Parmesanspäne um die Geschmacksvorherrschaft rangeln. Gewinner dabei: der Gast.

»Genau so muss es sein«

Mister X tupft sich schon die Lippen. Eine sehr schaumige und gleichzeitig dickflüssige Crème behütet Spargelstücke mit noch knackigem Biss. »Genau so muss es sein« , resümiert der Meister zufrieden und lobt nebenbei das frische und geschmacksintensive Weißbrot, das zur Suppe gereicht wird.

Auch die Hauptspeisen lassen nicht lange auf sich warten. Mit dem ersten Blick erfasst Mister X, dass es sich beim Wiener Schnitzel im Weinhaus Engel nicht um die vor mehr als hundert Jahren in der kaiserlich-königlichen Hofmundküche gebräuchliche Variante mit »Wienergarnitur« , also Zitronenscheiben, Sardelle und Kapern handelt. Die war dem Hochadel vorbehalten. Heute empfiehlt selbst die Landwirtschaftskammer Österreichs Zitrone, Petersilie und Salat als Garnitur. Im »Engel«  gibt es noch Preiselbeeren und Pommes Frites dazu.

Dünn geschnitten und nicht geklopft

Die Hauptsache ist ohnehin die Fleischzubereitung. Vom Kalbsrücken muss es sein, dünn geschnitten und nicht geklopft, allenfalls gedrückt. Schwimmend muss es gebraten werden, damit die lockere Panade soufflieren kann und die luftigen Wölkchen aufwirft, die der Meister gerade wohlgefällig bewundert. Und der Geschmack? »Perfekt!«  Am Ende muss er sich das zweite Schnitzel sogar einpacken lassen. Die Portion war einfach zu groß.

Üppig ist auch mein Teller mit prächtigen Spargelstangen, einem sehr großen Zanderfilet und gebratenen neuen Kartöffelchen belegt. Das Edelgemüse hat noch einen knackigen Biss, eine aromatische Variante einer Hollandaise gibt ein crèmiges Mundgefühl. Der Zander ist auf der Haut gebraten, kräftig gewürzt und hält dem intensiven Spargelaroma stand.

Darauf noch ein Glas Wein.

| Lou Kull

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Fazit

Zugegeben, für Mainzer ist es kein Katzensprung nach Grolsheim, aber der Weg lohnt allemal. Im Weinhaus Engel stehen Meister der Küchenklassiker am Herd. Der Weinkeller bietet eine spannende Mischung aus renommierten Weingütern links und rechts der Nahe. Der Service ist flink und erfrischend gut gelaunt. Das alte Naturstein-Anwesen ist drinnen und draußen die prächtige Kulisse eines geschmackvollen Abends. Das alles zu mehr als angemessenen Preisen. Landhausküche in Bestform.

Weinhaus Engel
Alzeyer Straße 7
55459 Grolsheim
Telefon: 06727 357
www.weinhaus-engel.de
Öffnungszeiten
Mo bis Sa 18 bis 22.30 Uhr,
So und Feiertage 17 bis 22.30 Uhr