Gasthaus Zum Bürgerhof Gonsenheim hält die Fahne der deutschen Regionalküche hoch. Ehrliche Hausmannskost, die schmeckt.
Fragt man Menschen nach ihrem Lieblingsessen, kommen sie oft ins Schwärmen: von der Kindheit, von Gerüchen und Aromen in Omas oder Mutters Küche, von Rouladen, Gulasch, Eintopf, Sauerbraten und Pfannkuchen. Selbst wenn man Omas Rezeptbuch hat – es wird nie wieder so schmecken wie damals in der warmen Stube, als Lactose- und Glutenunverträglichkeit noch gar nicht erfunden waren, Hühnersuppe noch nicht in kleine Tüten oder Plastikbecher passte und Spinat noch extrem viel Eisen hatte.
Und wenn man selbst schon nicht in der Lage ist, den Zauber von damals wieder auf den Teller zu holen, wo soll er herkommen? Eine Möglichkeit wäre vielleicht die so genannte »gutbürgerliche Küche«. Aber wo finden zwischen Pizzeria, Asia-Imbiss, Gyros, Döner und Gourmet-Lokal?
Altmodisch und zugleich gemütlich
In Gonsenheim wurde Mister X fündig. Dort, so wurde ihm versichert, gibt es sie noch, die bürgerliche Küche, mit Russischen Eiern, Hawaii-Toast, Schinkennudeln und Hacksteak.
Wir sind im Gasthaus Zum Bürgerhof, an der Breiten Straße, wenige Schritte vom Juxplatz. Brauereigestühl, alte Postkarten-Stiche an den Wänden, altmodisch und zugleich gemütlich und adrett. Was gleich auffällt, ist das unregelmäßige, aber beständige Klopfen aus der Küche. Wer so viel Fleisch plattiert, weiß offenkundig, dass heute noch viele Schnitzel und Rumpsteaks über die Theke gehen werden.
Doch zunächst ein Blick in die Karte. Sie ist tatsächlich ein Spiegelbild der Küche der 60-er und 70-er Jahre, Gerichte, die teils vom Aussterben bedroht scheinen. Und: Sie ist ein Spiegel deutscher Regionalküche, mit einem Schwerpunkt auf dem Süden (gebratener Leberkäse, Biergulasch, Käsespätzle, Kaiserschmarrn). Alle Speisen, ob Wurstsalat, Bauernomelette, hausgemachtes Hacksteak mit Spiegelei, Tatar, Currywurst, Schnitzel oder Rumpsteak, werden mit Brot serviert, es sei denn, der Gast entscheidet sich für eine der zahlreichen angebotenen Beilagen von Nudeln, Spätzle und Kartoffeln bis hin zu Pommes Frites, Kroketten und Brezel (zwischen 1,50 und 4 €).
Der Schwerpunkt liegt – nach dem Klopfen aus der Küche keine Überraschung – auf Schnitzelgerichten und Rumpsteaks.
Schoppen aus Rheinhessen
Pragmatismus pur ist das Weinangebot. Es gibt Schoppen (auf Wunsch auch Piffchen) aus Rheinhessen oder dem Rheingau, manchmal mit Lagenangabe, alle QbA, alle lieblich, mild, feinherb oder trocken. Die Preise sehr zivil zwischen 3,60 und 4,50 Euro. Mit einem Rivaner und einem Grauburgunder, beide trocken, haben wir jedenfalls zwei sehr ordentliche, mit deutlichen Kernobst- und Zitrusaromen gesegnete fruchtige und sortentypische Weine im Glas und können den Rest des Abends darüber diskutieren, welcher denn nun rechts und welcher links des Rheins gewachsen sein mag (wir plädieren bei beiden Weinen für Rheinhessen). Von Mainz-Wiesbadener Nickeligkeiten scheint die Wirtsfamilie ohnehin nichts zu halten. Hessischer Apfelwein gehört ebenso zum Angebot wie Rheingauer Rieslingsekt.
Der im vollbesetzten Lokal vielbeschäftigte und dennoch wieselflinke Service hat die Speisen gebracht. Eine Hühnersuppe mit Ei (4 €) und Fleischeinlage birgt wenig Überraschungen, die Gulaschsuppe (4,90 €) mit Pilzen und Paprika ist vor allem eins: hausgemacht, feurig, gut bestückt und sehr aromatisch. Die als Vorspeise georderten Kartoffelecken (3,50 €), eigentlich eine typische Convenience-Beilage, sind kräftig gewürzt und punkten mit einem knackig-frischen Salat als Beilage.
Gut geklopft
Bei den Hauptgerichten habe ich mich von der Neugier leiten lassen und ein Bürgerhofschnitzel Spezial (9,90 €) geordert. Das gut geklopfte panierte Schnitzel ist über jeden Zweifel erhaben und ist mit einer Haube aus Meerrettichsoße, Zwiebeln und Käse überbacken. Ein ungewohnter Kick für Schnitzelfreunde. Andere Spezialitäten zum gleichen Preis sind das Feuerschnitzel (mit Paprika und Peperoniwurst), das Bauernschnitzel (mit Speck und Spiegelei) oder das Schnitzel »Sofia« (mit Preiselbeeren und Camembert überbacken).
Mister X hat sich für ein Zwiebel-Rumpsteak (15 €) entschieden. Und der Meister ist voll des Lobes: Das große, schön gemaserte Steak ist auf ganzer Länge – wie gewünscht – medium-rosa gebraten, im Biss zart, und wird begleitet von einem Berg in der Pfanne geschmorter süß-saftiger Zwiebeln. Dazu Bratkartoffeln mit Speck (4 €) – perfekt. Er hat den Teller leer gegessen. Das schafft nicht jeder Koch.
| Lou Kull
ESSEN | 7,5 |
TRINKEN | 7,5 |
SERVICE | 8,5 |
AMBIENTE | 7,5 |
PREIS/LEISTUNG | 8,5 |
GESAMT | 39,5: 5 = 7,9 KAPPEN |
Fazit
Im Bürgerhof in Gonsenheim erfüllt sich ein wenig diese Sehnsucht nach der vermeintlich guten alten Zeit. Im Ambiente von damals wecken viele Gerichte die Erinnerung an die deftige Küche von früher – und das mit einwandfreiem Küchenhandwerk, eben hausgemacht. Zur ehrlichen Hausmannskost passt der ehrliche Schoppen. Der Service ist unprätentiös, flink und erfüllt auch Sonderwünsche. Keine Weinstube, kein Restaurant, sondern ein Gasthaus im besten Sinne. Und obendrein müssen die Preise im Verhältnis zum Gebotenen keinen Vergleich scheuen.
Gasthaus Zum Bürgerhof
Breite Straße 3a
55124 Mainz-Gonsenheim
Telefon 06131 450 90
www.buergerhof-gonsenheim.de
info@buergerhof-gonsenheim.de
Öffnungszeiten
Mo bis Fr 11 bis 14.30 Uhr und 17 bis 22 Uhr.
Küche mittags ab 11.30, abends bis 21.30 Uhr