Plötzlich war er weg, unser Oberbürgermeister Michael Ebling, er wurde am 12.10. neuer Innenminister unseres Landes. Die Reaktionen reichten von Ratslosigkeit (wie soll’s weitergehen, wer soll’s denn machen?) bis hin zu tiefer Verbitterung (der kann doch nicht so einfach gehen …).

Für politische Beobachter der Landespolitik war vielleicht der Zeitpunkt, aber nicht die Tatsache eine Überraschung. Seit mindestens zwei Jahren wird die Frage diskutiert, wer Nachfolger von Malu Dreyer werden kann. In dieser Zeit wurden zwei Namen gehandelt: Alexander Schweitzer, derzeit Landesminister für Arbeit, Soziales etc., und unser Michael Ebling, Meenzer.
Im März 2021 fanden Landtagswahlen statt, die nächsten Wahlen sind 2026. Nun können Schweitzer und Ebling als Landesminister an ihrem Bekanntheitsgrad arbeiten. Eine erste Weichenstellung wird bei der anstehenden Wahl zum SPD-Vorsitzenden Rheinland-Pfalz erkennbar werden. Wenn Malu Dreyer, aus welchen Gründen auch immer, vor 2026 zurücktritt, dann wählt der Landtag den/die Nachfolger/in.

Aber zurück nach Mainz. Wer soll es werden, neue/r Oberbürgermeister/in?

Die einfachste Frage, welche Aufgaben hat ein Oberbürgermeister, welche Gestaltungsmöglichkeiten hat er und welche Qualifikation wird vor diesem Hintergrund verlangt, scheint sich niemand zu stellen, am wenigsten die selbsternannten Bewerber.

Ein Blick in die Gemeindeordnung klärt auf, was scheinbar selbst den Wählerinnen und Wählern unbekannt ist. »Der (Ober)Bürgermeister leitet die Gemeindeverwaltung und vertritt die Gemeinde nach außen.«

Der OB ist also der Dienstvorgesetzte/Chef von 2000 Beschäftigen der Stadtverwaltung und trägt Verantwortung als AR-Vorsitzender für weitere 3000 Beschäftigte der Stadtnahen Betriebe (Stadtwerke, Wohnbau etc.). Darüber hinaus hat er dafür Sorge zu tragen, dass die Beschlüsse des Stadtrats durch seine Verwaltung auch umgesetzt werden. Und diese nach Recht und Gesetz funktioniert. Nur in absoluten Ausnahmen hat er ein sogenanntes Eilentscheidungsrecht, dieses kann aber in der darauffolgenden Ratssitzung wieder aufgehoben werden.

Wahrgenommen werden von den Medien und der Bürgerschaft (und wohl auch von Kandidaten) nur die öffentlichen Auftritte, wie z.B. die Teilnahme an zahlreichen geselligen Veranstaltungen.
Also, welche Qualifikation und Berufserfahrung braucht ein Mensch, der unmittelbarer und mittelbarer Vorgesetzter von 5.000 Beschäftigten ist und daneben einen Haushalt von über 1 Milliarden Euro verantwortet?

Die Frage habe ich mir schon bei den letzten OB-Wahlen gestellt, als die CDU Herrn Nino Haase ins Rennen geschickt hat. Wenn ich mich recht erinnere, hatte er zum damaligen Zeitraum noch keine abgeschlossene Ausbildung aber zumindest den Raab in einer TV-Show geschlagen.

Er hat, wie nicht anders zu erwarten war, sofort seine Kandidatur erklärt. Wie zu hören war, gab es einen führenden CDU-Landespolitiker, der ihn wieder haben wollte, aber die Mainzer Parteifreunde wehrten sich dagegen tapfer, mit einer rekordverdächtig schnellen Aufstellung von Manuela Matz.

Weder Haase noch Matz werden als OB eine Unterstützung für ihre Ideen im Rat finden, denn dort haben SPD, FDP und Grüne das Sagen, zumindest bis zu den nächsten Ratswahlen 2024. Das hindert sie aber nicht daran nun schon einmal eine lange Liste an Wahlkampfthemen vorzustellen. Hoffentlich fragt mal im Wahlkampf jemand die beiden, wie sie diese eigentlich durchsetzen wollen und ob sie glauben, dass ein OB die Gestaltungsmacht hat.

Grüne und SPD im Mainz haben, wie ein Blick auf die Rats- und Vorstandsmitglieder zeigt, eine sehr junge Truppe, kaum Jemand bietet sich direkt an. Katrin Eder wird nicht können/dürfen, das Landeskabinett hat sich gerade zusammengefunden und Eder’s Staatssekretär steht unter Feuer.

Wenn es ein Strategiespiel »OB wählen« gäbe, würde ich für Rot und Grün einen gemeinsame/n Kandidaten/in ins Rennen schicken. Das wäre erfolgreich und ein gutes Signal. Dagegen steht jedoch der Parteienegoismus oder wie es diplomatischer heißt: »der Wille der Basis«. Also wird für die SPD Mareike von Jungenfeld ins Rennen gehen und wen die Grünen küren, ist noch offen.

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