Im Winter 2022/2023 wird die Temperatur in öffentlichen Gebäuden in Mainz auf 18 Grad begrenzt, das Wasser im Mainzer Taubertsberg-Freibad ist jetzt schon kälter. Der Mainzer Energiesparplan ist auf den Weg gebracht.

Die EU will es, die rheinland-pfälzische Landesregierung will es, der Deutsche Städtetag ebenfalls. 15 % des Gasverbrauchs müssen eingespart werden, damit wir alle durch den Winter kommen können. Mitten in den Sommerferien, bei 30 Grad Außentemperatur erscheint es unvorstellbar: die Raumtemperatur in allen öffentlichen Gebäuden in Mainz wird mit Beginn der anstehenden Heizperiode auf 18 Grad beschränkt. 18 Grad klingen gerade jetzt nach einer willkommenen Abkühlung. In den Wintermonaten wird sich das anders anfühlen.

Oberbürgermeister Michael Ebling, Hauptamts-Leiterin Diana Spengler, Beate Conradi, Energiemanagement der Gebäudewirtschaft Mainz und Michael Worch, technischer Geschäftsführer der Mainzer Netze GmbH erläuterten den Mainzer Energiesparplan.

Wichtigster Baustein des Mainzer Energiesparplans: 18 Grad Raumtemperatur

Damit die Stadt Mainz ihren Mitarbeiter:innen die 18 Grad in den Wintermonaten zumuten kann, bedürfe es noch einer Anpassung der Arbeitsstättenverordnung, sagte OB Ebling. Dass diese Anpassung durch das Bundesjustizministerium vorgenommen wird, scheint sicher. Von der 18-Grad-Regelung ausgenommen werden die Mainzer Kindertagesstätten. Für die Kleinsten bleibt es bei 22 Grad. Auch für die Bewohner:innen des Städtischen Altenpflegeheims ändert sich nichts an der Raumtemperatur. «Es ist das Gebot der Stunde, Energie weiter einzusparen«, gibt OB Ebling die Marschrichtung vor – die für Alle gelte. Eine jede und ein jeder möge in seinem Umfeld die Einsparpotenziale prüfen und überall wo möglich, weniger Energie verbrauchen. Klar ist: Das Absenken der Raumtemperatur erzielt die höchsten Einspareffekte. Eine anerkannte Regel, so Beate Conradi, laute, ein Grad Absenkung der Raumtemperatur spart 6 % Energie ein.

Vorausetzung für den Mainzer Energiesparplan:  Einsparpotenziale prüfen

Der Verkündung des Mainzer Energiesparplans ging die Suche nach Einsparpotenzialen in der Verwaltung und im «Konzern Stadt« voraus. Alle Stadt-Töchter müssen ihren Beitrag leisten, damit die avisierte 15-Prozent-Reduzierung erreicht werden kann. Die Mainzer Wohnbau GmbH wird für ihren Wohnungsbestand die Raumtemperatur ebenfalls auf 18 Grad absenken, allerdings nur nachts. In den Schwimmbädern wird die Wasser- und die Raumtemperatur um 2 Grad abgesenkt. Die Mainzer Stadtbad GmbH hat dies im Taubertsberg-Freibad bereits umgesetzt. Das vom Mainzer Schwimmverein als gemeinnützige GmbH betriebene Mombacher Schwimmbad soll diesen Schritt ebenfalls vollziehen. Angekündigt wurde zudem, dass im Taubertsberg-Hallen- und Sportbad die Temperatur des Schwimmerbeckens von 28 Grad auf 26 Grad sinkt und die des Nichtschwimmerbeckens von 30 Grad auf 28 Grad.

Mainzer Energiesparplan sieht 17 Grad in den Sporthallen vor

In den städtischen Sporthallen wird die Temperatur um 3 Grad abgesenkt – ausgenommen seien die Hallen, in denen Geflüchtete untergebracht sind sowie die Duschräume, sagt Ebling. In den städtischen Gebäuden wird außerdem die Warmwasserversorgung dort unterbrochen, wo es technisch einfach ist: wenn Boiler unter den Waschbecken das «einfache« Abschalten ermöglichen. Wird warmes Wasser durch ein Leitungssystem bereitgestellt, ist die Abschaltung zu aufwendig und es besteht die Gefahr der Legionellenbildung. Schließlich: Nach der Sommerpause wird die Teilklimatisierung des Stadthauses Große Bleiche um 2 Grad angehoben.

Energiesparen ist auch bei der öffentlichen Beleuchtung angesagt. Allerdings nicht bei der Straßenbeleuchtung. Die An- und Abschaltzeiten, die automatisch gesteuert sind und sich an den jeweiligen Lichtverhältnissen orientieren, werden nicht verändert. Aber: 70 Lichtpunkte in der Stadt bleiben ausgeschaltet. Ausgenommen sind nur der Dom St. Martin (siehe Foto), die Christuskirche und die Kirche St. Stephan. «Wir wollen keine dunkle Stadt, keine Erinnerungen wecken an die dunklen Zeiten im Zweiten Weltkrieg«, begründet Ebling deren Beleuchtung. Die in Mainz übliche Beleuchtung von Straßen und Plätzen in der Adventszeit, ist Stand jetzt, geplant.

Nothilfefonds von Stadt und Mainzer Stadtwerke

«Die Situation ist angespannt, aber wir wollen nicht panisch um uns schlagen«, so Ebling. «Mit all diesen Maßnahmen kommen wir dem 15 %- Einsparziel sehr nahe.« Der Oberbürgermeister kündigte außerdem an, die Stadt werde gemeinsam mit den Mainzer Stadtwerken einen «Nothilfefonds« einrichten, der, ausgestattet mit 1 Mio. Euro denen helfen soll, «die unverschuldet durch die Preissteigerungen in Not geraten sind.«

Technische Voraussetzungen

Die Aufgabe, in allen Gebäuden die Raumtemperatur um 2 Grad abzusenken, nennt Beate Conradi «sportlich«. Die GWM-Energiemanagerin bezieht sich dabei auf den Aufwand, um diese Absenkung technisch zu erreichen. Dreieinhalb bis vier Wochen würden die Techniker:innen dazu brauchen. «Manche Gebäude müssen dazu extra angefahren werden, andere können wir zentral steuern«, so Conradi. Auf jeden Fall sollen die technischen Voraussetzungen für die Absenkung der Raumtemperatur bis zum Beginn der Heizperiode geschaffen sein. Die GWM werde prüfen, ob die Maßnahmen wirken, ob tatsächlich so viel Energie eingespart werde, wie angenommen. «Andernfalls müssen wir nachsteuern«, so Conradi, die außerdem klarstellt, dass mit den eingeleiteten Einsparmaßnahmen der Gasverbrauch realistisch um 11 % gesenkt werden können – mit der Tendenz das 15 %-Einsparziel zu erreichen. Das tatsächliche Energieeinsparpotenzial für jede städtische Liegenschaft sei abhängig vom Gebäudetyp, vom Energieträger sowie vom Nutzungsverhalten und im Voraus schwer zu berechnen. Erst die Kontrolle der Zählerstände bringe Gewissheit.

Heizlüfter bleiben aus

Michael Worch unterstreicht, die Stromversorgung sei grundsätzlich sichergestellt in Deutschland und die systemrelevanten Gaskraftwerke, zu denen auch die der Kraftwerke Mainz Wiesbaden gehören, würden vorrangig mit Gas versorgt. Sorge bereiten der Mainzer Netze GmbH allerdings die «Heizöfchen«. Der technische Geschäftsführer der Mainzer Netze GmbH spricht von einer Verdreifachung der Stromlast, die durch elektrisches Heizen entstehen könnte, was weder die Sicherungen noch die Trafos aushalten würden, das Stromnetz werde zusammenbrechen. Die Bitte aller Beteiligten an die Bevölkerung ist unmissverständlich: Lassen Sie die Heizlüfter ausgeschaltet. In den Räumlichkeiten der städtischen Liegenschaften wird aus der Bitte eine Anweisung: Heizlüfter dürfen nicht in Betrieb genommen werden.

Marion Diehl (SoS)