Als im vergangenen Jahr wieder Platten von der Rathausfassade abfielen, war schnelles Handeln angesagt. Es gelte, möglichst viele Natursteinplatten zu »retten«, berichtete Jörg Neubert, Leiter des Projektteams Rathaussanierung.
Er erklärte Anfang Januar 2022 den Medien vor der Rathausfassade u.a., warum bei der Rathaussanierung Männer auf dem Gerüst in Schutzanzügen und mit Atemschutzmasken arbeiten (siehe Foto).
Zur Erinnerung: Um den Porsgrunn-Marmor, aus dem die Platten der Rathausfassade gefertigt sind, gab es ein heftiges Tauziehen. Die Denkmalpflege verlangte ursprünglich von der Stadt, einen neuen Naturstein zu finden, der dem Porsgrunn-Marmor gleicht. Was nicht gelang. Schließlich einigten sich Denkmalschutz und Sanierungsverantwortliche, Keramikplatten anzubringen. Die werden mit einer speziellen Fototechnik so gestaltet, dass sie den Original-Marmorplatten zum Verwechseln ähnlich sehen.
Nach den Schilderungen von Projektleiter Neubert lässt sich im Nachhinein noch feststellen: Herzlichen Glückwunsch zu dieser Lösung. Längst sind sich Fachleute einig, diese Marmorplatten sind absolut untauglich für die Außenverkleidung von Gebäuden. Bei der Mainzer Rathausfassade stellte sich außerdem heraus, das Fugenmaterial ist ebenso schadstoffbelastet wie das dahinterliegende Dämmmaterial. Deshalb müssen die Arbeiter in Ganzkörperanzügen und mit Atemschutzmasken aufs Gerüst.
Da die Platten in einem komplizierten Aufhänge-Mechanismus verankert sind, fallen die meisten förmlich auseinander, sobald sie aus ihrer Verankerung gelöst werden. Eine »statische Katastrophe« nennt Neubert das, die Platten stünden ohne die Verankerung quasi haltlos da.
16.000 Platten
10.000 qm Fassade hat das Mainzer Rathaus, 6.500 qm bestehen aus Natursteinplatten, etwa 16.000 Platten sind zu entfernen, so Neubert, der hofft, 200 davon retten zu können. Sie werden für den geplanten neuen Treppenabgang an der Rheinfront gebraucht und als Vorlage für den Fotoprint auf den Keramikplatten.
Andreas Schuldes vom Büro AGN Niederberghaus und Partner (Generalplaner der Rathaussanierung), nennt als einen Vorteil der neuen Keramikfassade, sie sei etwa ein Viertel günstiger als eine neue Natursteinfassade. Wie teuer allein die neue Fassade werde, ließe sich derzeit aber nicht beziffern, so Schuldes. Oberbürgermeister Michael Ebling meinte bei der Gelegenheit, seriöse Zahlen zu den voraussichtlichen Kosten für die gesamte Rathaussanierung, seien aufgrund der exorbitant steigenden Baukosten, nicht möglich.
Der Abbau der Rathausfassade soll im Februar 2022 abgeschlossen sein, im März könnte die Schadstoffsanierung beginnen und für den Herbst sind die ersten Rückbau-Maßnahmen geplant. 2025 soll die neue Keramikfassade zum Abschluss der Rathaussanierung aufgebracht werden. 2027, laut aktuellem Zeitplan, soll das Rathaus wieder zum Arbeitsort der meisten Stadtverwaltungs-Mitarbeitenden werden.
| SoS