Doofe Politik
Was ich vor kurzem in der FAZ lesen durfte, das lässt mich nicht mehr los. Die Bevölkerung wurde gefragt, ob sie folgender Aussage zustimmt: »Die Politiker haben keine Ahnung. Das könnte ich besser als die!«
Na, was glauben Sie, wieviel Prozent der Bevölkerung halten sich für die besseren Politiker? 39 %, in Worten neununddreißig Prozent! Unglaublich! Besonders geeignet halten sich die Wähler der AfD, von denen glauben 64 % es besser zu können! Links wie rechts ist das Selbstbewusstsein wohl besonders ausgeprägt, denn immerhin fühlen sich 50 % der Wähler der Linken als die geborenen Politiker. Bei den Grünen, die kaum in einer Großstadt genügend Kandidaten für ihre Listen finden, können es 42 % der Wählerschaft besser. FDP, CDU und SPD-Wähler sind etwas bescheidener, aber immerhin fühlen sich ein Drittel der Anhänger als potentielle Politiker.
Das könnte ich besser
Nun frage ich mich wie dieselben Bürger auf die Feststellung: »Die Ärzte, Bäcker, Köche, Schreiner, Taxifahrer und Gemüsehändler haben keine Ahnung. Das könnte ich besser!« reagieren würden. Bestimmt nicht mit dem gleichen Ergebnis. Allenfalls die Aussage »Bundesligatrainer haben keine Ahnung, das könnte ich besser!« würde wahrscheinlich vergleichbar beantwortet werden.
In unseren Nachbarländern sieht das nicht anders aus, in Österreich liegt zum Beispiel das Ansehen der Politiker unter dem der Prostituierten. Woher kommt es, dass das Image des Politikers/der Politikerin dermaßen im Keller ist, dass Krethi und Plethi glauben, es besser zu können? Politik sei die »angewandte Liebe zur Welt«, hat die Philosophin Hannah Arend einmal gesagt. Diese Empfindung teilt das Volk wohl nicht. Es mag sein, dass die Politiker ein ganzes Stück selbst schuld sind. Das liegt bestimmt insbesondere an dem Wahlkampfstil der letzten Jahre, da wird versprochen, dass sich die Balken biegen und anschließend gibt es jede Menge »Sachzwänge«, warum die Versprechen nicht eingelöst werden können.
Sie wollen kluge Politiker
Ich glaube, dass die Menschen gar keine großartigen Reformen und Versprechungen wollen, sie wollen zuverlässige, ehrliche und kluge Menschen, die die Politik für sie gestalten. Politik für die Menschen bedeutet faire Rahmenbedingungen für das Leben für Jung und Alt zu schaffen und gesellschaftliche Krisen ruhig und selbstbewusst abzuwenden.
Ein Blick in Facebook und Co. zeigt die andere Seite des Volks, der Wähler. Die Respektlosen und Unanständigen beginnen zunehmend die Republik zu erobern. Jede/r, der nur auch nur dem Anschein nach »Person des öffentlichen Lebens« sein könnte, wird niedergemacht.
Sie bedarf keiner Erneuerung
Die repräsentative Demokratie, die viele Jahre ein Erfolgsmodell war, bedarf keiner Erneuerung sondern muss gerade in dieser Zeit konsequent gelebt werden. Dieses Modell auch nur teilweise aufzugeben, führt zum weiteren Autoritätsverlust der regierenden Politiker. Sie bemerken wahrscheinlich wo ich hin will: Bürgerentscheide aus nichtigem Anlass ist Wasser auf die Mühlen derjenigen, die völlig davon überzeugt sind, dass sie die besseren Politiker sind – und gerade die möchte ich nicht erleben müssen.
| Mogunzius