Zwölf Direktkandidaten zur Bundestagswahl am 24.9.17 sind im Wahlkreis 205 zugelassen. Darunter zwei Frauen. Der Wahlkreis umfasst die Kreisfreie Stadt Mainz und die verbandsfreien Gemeinden des Landkreises Mainz-Bingen: Bingen, Budenheim, Ingelheim. Die Wähler-/innen haben zwei Stimmen. Soweit die Formalien.
Inhaltlich ist diese Bundestagswahl anders als die in früheren Jahren. Mit der AFD versucht eine Partei in den Bundestag einzuziehen, die in vielem als Wolf im Schafspelz erscheint. Der Mainzer AFD-Kandidat wird hier zu Wort kommen. Die Tatsache, dass sich Sebastian Münzenmaier, Pressemeldungen zufolge, vor Gericht wegen versuchten Raubes und Körperverletzung verantworten muss, ändert nichts daran, dass er sein passives wie aktives Wahlrecht ausüben kann. Erst nach einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr, wird das passive Wahlrecht für fünf Jahre automatisch entzogen.
Inhaltlich ist noch anderes bemerkenswert. So wurden z.B. in der Vergangenheit die Wähler/-innen von der Partei ihres Vertrauens manchmal aufgefordert, die Zweitstimme bitte einer ganz bestimmten Partei zu »schenken«, um die Bildung von Koalitionen zu erleichtern. Das ist bei der Bundestagswahl 2017 ganz anders. Es gibt keine eindeutigen Koalitionsaussagen. Im Grunde könnte jeder mit jedem. Klar, es gibt Präferenzen. Die CDU mit der FDP, die SPD mit den GRÜNEN, keiner mit der AFD – und mit der LINKEN eigentlich auch nicht – oder vielleicht doch? Diese Haltung der maßgeblichen Parteien, sich alle Türen offen zu halten, bringt manche Wähler in Zwickmühlen. Mal angenommen, diese Diesel-Kumpanei geht Ihnen derart gegen den Strich, dass Sie keinesfalls einen Verkehrsminister Dobrindt mehr in Berlin sehen möchten, wen wählen Sie da? Wird es ein Schwarz-Grünes Ensemble, ist ein Minister Dobrindt nicht auszuschließen. Bei Schwarz-Gelb ebenfalls nicht, auch nicht bei Schwarz-Rot, Schwarz-Rot-Grün oder Schwarz-Rot-Gelb. Was tun? Zum einen: Auf jeden Fall wählen. Das Wahlrecht ist für alle Demokraten auch eine Wahlpflicht.
Als Beitrag zur Entscheidungsfindung fragte DER MAINZER alle zwölf Direktkandidat/-innen: Warum sollen die Mainzer/innen ausgerechnet Sie in den Bundestag wählen? Elf Kandidat/-innen haben es geschafft, rechtzeitig und mit maximal 500 Zeichen zu antworten.
Piraten, René Pickhardt
Ca. 100 Mrd. € Steuergelder geben wir pro Jahr für Bildung aus. Also 100 € pro Kopf pro Monat. Den größten Teil davon für Gehälter von Menschen, die Lehrmaterialien erstellen. Diese Materialien sind nicht automatisch öffentlich zugänglich, sondern gehören den UrheberInnen und müssen aktuell von der Gesellschaft in Form von Büchern zurück gekauft werden. Im Bundestag würde ich mich dafür einsetzen, dass Angestellte des Staates öffentlich finanzierte Lehrmaterialien offen lizenzieren müssen.
FDP, David Dietz
Derjenige, der selbst am besten weiß, was er möchte und wie er dorthin kommen will; diejenige, die eigenverantwortlich und selbstbestimmt leben möchte und nicht auf den Staat oder andere Mächte baut; diejenigen, die glauben, dass »Hose voll« die schlechteste Lebensphilosophie von allen ist; alle die in Mainz einen politischen Ansprechpartner haben wollen: David Dietz und die Freien Demokraten!
SPD, Dr. Karsten Kühl
Mainz – hier lebt meine Familie, das ist meine Heimat. Ich mag die Menschen, die Mainzer Lebensart und die 05er sind mein Verein. Ich möchte für Mainz in Berlin arbeiten: für mehr bezahlbaren Wohnraum, für eine starke Wirtschaft mit guten Arbeitsplätzen und für einen fairen sozialen Ausgleich.
Ich verfüge über eine mehr als 30-jährige politische Erfahrung. Als ehemaliger Wirtschaftsstaatssekretär und Finanzminister habe ich gelernt, wie man sich in der Politik für die Interessen der Menschen einsetzt.
ÖDP, Wilhelm Schild
Als einziger Kandidat im Wahlkreis beziehe ich klar Stellung zugunsten von Bargeld. Ich bin also gegen die Abschaffung von Geldscheinen und Münzen. Ich schweige mich nicht aus, bis wir alle vor vollendeten Tatsachen stehen. Ich bin für echte Demokratie durch bundesweite Volksentscheide und für Umweltschutz. Reinhaltung der Luft und die Eindämmung von Verkehrslärm einschließlich Fluglärm sind mir besonders wichtig. Die ständige Nachverdichtung durch immer mehr Neubauten muss endlich aufhören.
Freie Wähler, Gerhard Wenderoth
Ich habe eine Ausbildung als Maschinenschlosser und bin seit über zwanzig Jahren selbständig. Ich kenne die bürokratischen Hürden als Unternehmer und die Sorgen der Mitarbeiter, daher bin ich die Alternative zu Berufspolitkern, sozial engagiert und bodenständig. Machen statt meckern ist meine Triebfeder für mein politisches Engagement. Ich stehe für Ideen statt Ideologien! Als unabhängiger Kandidat bin ich nicht abhängig von einer Parteikariere, Konzernen, Gewerkschaft oder Lobbyvereinigungen.
CDU, Ursula Groden-Kranich
Die Mainzer/innen sollten mich wieder in den Bundestag wählen, weil ich in den letzten vier Jahren gezeigt habe, dass ich »Bundestagsabgeordnete« kann. Ich habe mir meine Unabhängigkeit bewahrt, etwa beim Thema »Griechenlandhilfen«. Das Thema Fluglärm habe ich immer wieder auf die Tagesordnung gebracht und die Fachpolitiker sensibilisiert. Denn Ruhe darf auch in unserer Heimatregion kein Privileg sein. Und weil ich sowohl in Berlin als auch in Mainz für Mobilität statt für Stillstand eintrete.
Die Partei, Dr. Bernd Föhr
Dr. Bernd »fucking« Föhr – Ihr Kandidat der Partei Die PARTEI für den Bundestag aus Mainz. Wrestler – Ex-Hippie – Wissenschaftler – Freibierfanatiker – Einhorn – Catcher. Für mich steht im Wahlkampf der Kampf im Vordergrund. Als Fachmann im Faustrecht ist mein Sitz besonders wertvoll, da ich meine widerspenstigen Gegner in den Sleeperhold nehme. Ich weiß mich gegen Mehrheiten durchzusetzen. Alle anderen Parteien verarschen euch, ich auch. Denn ich bin genauso korrupt wie die anderen, aber billiger.
Linke, Martin Malcherek
Eine andere Welt ist nötig. Soviel steht fest. »Weiter so« geht nicht. Statt drohendem Atomkrieg, sozialem Kahlschlag und ökologischem Raubbau brauchen wir Abrüstung, Frieden, Gerechtigkeit und Solidarität. Klar, das ist revolutionär. Aber Mainz hat eine große revolutionäre Tradition. Die gilt es fortzuschreiben. Von den Mitbewerbern im Wahlkreis sind zwei bereits Mitglied im Bundestag, einer war Minister. Es wird Zeit für was Neues. Vote left, vote Malcherek.
Bürgerkandidat, Bernhard Heck
Ich werde als parteiloser Bürgerkandidat und unabhängiger Mediator (Vermittler) Meinungsbildungsprozesse in der Bürgerschaft des Wahlkreises initiieren. Bei wichtigen Entscheidungen werde ich Abstimmungen durchführen. Dafür steht das Bürgerkomitee bereit und jedem offen. Ich möchte, dass die Bürger im Sinne direkter Demokratie mitentscheiden können. Z.B. bei Themen wie soziale Gerechtigkeit, Handelsabkommen, Energie, Verkehr, Lobbyismus etc. Dem Votum der Bürger fühle ich mich verpflichtet.
AFD, Sebastian Münzenmaier
Liebe Mitbürger, es ist an der Zeit, dass wieder eine wahre Opposition in unser Parlament einzieht! Die AfD möchte Ihre Stimme im Bundestag sein und wird für einen grundlegenden Politikwechsel sorgen! Wir setzen uns als einzige Partei dafür ein, dass wieder Politik für das eigene Volk gemacht wird. Wir stehen für Innere Sicherheit, Volksabstimmungen nach Schweizer Vorbild und die konsequente Rückführung aller abgelehnten Asylbewerber. Geben Sie uns am 24.09. eine Chance – beide Stimmen AfD!
Grüne, Tabea Rößner
Der Dieselskandal erschüttert die Republik und hat Auswirkungen auf die Region. Auch in Mainz drohen Fahrverbote. Die Autoindustrie hat gedeckt von der Großen Koalition Innovation verhindert. Daher braucht es dringend GRÜNE in der Regierung. Ich kämpfe dafür, dass nachhaltige Verkehrskonzepte umgesetzt werden, eMobilität vorangebracht wird und Verbraucher nicht den Preis für die Fehler von Industrie und Politik zahlen. Nur eine ökologische Politik ist zukunftsweisend und gut für Mainz und die Region.
| SoS