»Können die Mainzer überhaupt noch zu Hause gewinnen ?« mag sich der eine oder die andere nach der 0:1 Heimniederlage gegen Leipzig am dritten Bundesligaspieltag gefragt haben. Saisonübergreifend…

…muss man jedenfalls schon relativ lange zurückblicken, um einen »Dreier« im eigenen Stadion zu finden. Es war das 2:0 am 23. Spieltag gegen St. Pauli. Danach folgten in der vergangenen Saison noch fünf Unentschieden.

Grundsätzlich können die Mainzer aber auch in der heimischen Arena dreifach punkten, wie es die Trondheimer Fans sicher ungern bestätigen werden. Das 4:1 im Conference League-Rückspiel gegen die Norweger war deutlich. Man erlebte ein überragendes Team das Hoffnung auf mehr machte – national wie international. Doch der »Mammut-Saisonauftakt« den uns auch der DFB miteingebrockt hat und eine erste Verletztenserie hinterließen ihre Spuren – nicht jeder Ausfall kann eins zu eins kompensiert werden und neue Spieler wie Sōta Kawasaki müssen sich in das Mainzer System erst noch eingewöhnen.

Pflichtspiele im Drei-Tage-Takt

Aber alles der Reihe nach: Der FSV Mainz 05 startete in die Saison 2025/26 dreigleisig: Neben Bundesliga und DFB-Pokal stand nach vielen Jahren endlich auch einmal wieder »Europa« auf dem Programm: Die Qualifikation zur Gruppenphase der Conference League. Mit einem Sieg gegen Rosenborg Trondheim winkten jeweils drei europäische Heim- und Auswärtsspiele. Schön für die Fans und letztlich auch finanziell interessant für den Verein. Wer in dieser Phase leider nicht mitspielte, waren die Funktionäre des DFB. Während der norwegische Verband Rosenborg Trondheim eine optimale Vorbereitungsphase zugestand und vom Ligabetrieb freistellte, musste der FSV sein nationales Pokalspiel (1. Runde) in Dresden an einem wenig fan-freundlichen Montagabend austragen: nur drei Tage vor dem Hinspiel in Trondheim.

Der Antrag des FSV, bereits am Sonntag im Dresden zu spielen wurde wegen einem dort gleichzeitig stattfindenden Stadtfest abgelehnt. Noch im Vorjahr erlaubte der DFB bei vergleichbaren Umstände eine entsprechende Verlegung. Die Mainzer Proteste wurden von den Frankfurter Funktionären ignoriert.

Die Rot-Weißen zogen mit einem ebenso verdienten wie unspektakulären 0:1 Sieg bei den Sachsen in die zweite Pokalrunde. Nicht im Kader stand der U-21 Nationalspieler Nelson Weiper der auch schon für das Pokalspiel nicht berücksichtigt wurde. Es war der Höhepunkt eines temporären »Zerwürfnisses« mit dem Angreifer. Doch schon nach wenigen Tagen war Entspannung angesagt, die Missverständnisse geklärt und ein Vertrag bis 2029 unterschrieben. Das Gerücht, der FSV würde in den USA bereits einen Nachfolger suchen, verpuffte. Vom Spiel bleibt in Erinnerung, dass Zentner einen fast schon jämmerlich schlecht geschossen Handelfmeter von Jakob Lemmer hielt und Trainer Bo Henriksen kurz vor Spielende die rote Karte sah.

Die verflixte 90. Minute

Weniger Glück hatte man in den beiden folgenden Spielen. Im Dreitage-Rhythmus musste die Rotweißen in Trondheim und zuhause gegen den 1. FC Köln (1. Bundesligaspieltag) antreten. Beide Spiele wurden denkbar knapp (1:2 bzw. 0:1) verloren – jeweils durch ein Tor in der 90. Minuten. Die neue Mainzer Spitze, »Königstransfer« Benedict Hollerbach, lief gegen Köln zwar mit der Startelf auf, musste aber noch in der ersten Viertelstunde verletzt ausgetauscht werden. Für ihn kam Nelson Weiper ins Spiel. Paul Nebel sah in der Partie wegen einer Notbremse die rote Karte und fiel damit für die nächsten beide Spiele ebenfalls aus.

Vier Tage nach dem suboptimalen Saisonauftakt standen die Mainzer wieder auf heimischen Rasen und ließen Rosenborg Trondheim bei dem schon erwähnten 4:1 keine Chance. (Torschützen: Bell, Lee, Weiper, Amiri). Damit hatte der FSV die Liga-Phase der Conference League mit zunächst sechs Begegnungen (jeweils drei Heim- und drei Auswärtsspiele) erreicht. Die Pyro-Aktionen der Mainzer Fans konnten die UEFA-Funktionäre nicht begeistern: Mainz erhielt eine Geldstrafe (40.000 Euro) und wurde verwarnt: Bei erneuten Vorfällen droht eine teilweise Schließung des Mainzer Stadions. Außerdem müssen die von den Fans zerstörten Trondheimer Toiletten bezahlt werden. Ob die UEFA auch auf die zerstochenen Reifen des Mainzer Mannschaftsbusses reagiert hat, war nicht zu erfahren.

Deadline-Day

Auch der FSV schlug am »Deadline-Day«, wenige Stunden vor Schließung des Transfer-Fensters noch einmal zu und verpflichtete William Böving für vier Jahre. Der dänische Angreifer spielte zuletzt bei Sturm Graz und vervollständigt das neue Mainzer Sturm Quartett (Böving, Hollerbach, Kawasaki, Weiper) von dem sich die Verantwortlichen mehr Flexibilität erhoffen. Ob sie am Saisonende gemeinsam die gleiche Torquote wie der für 22 Millionen Euro an die Frankfurter Eintracht verkaufte Jonathan Burkardt (18 Treffer in der Saison 2024/25) erreichen, bleibt zu  hoffen.

Am 2. Bundesligaspieltag hatte der VfL Wolfsburg Glück, dass die Mainzer nur einen Punkt mitnahmen. Bereits in der 6. Minute übersah Schiedsrichter Storks ein klares Handspiel im Wolfsburger Strafraum. In der 88. Minute brauchte er dann nervtötend lange, bis er ein weiteres Handspiel der Wolfsburger Abwehr mit Hilfe des VAR als solches erkannte. Amiri verwandelte zum mehr als verdienten Ausgleich.

Auch am 3. Spieltag konnten die Gäste aus Leipzig wieder alle Punkte mitnehmen. Es war, darin waren sich die meisten Beobachter einig, ein verdienter Sieg. Die ersatzgeschwächten Rotweißen kamen nach der Länderspielpause nicht in allen Bereichen gut ins Spiel und konnten sich letztendlich freuen, dass die Treffsicherheit der Sachsen zu wünschen übrigließ.

Nadiem Amiri

Apropos Länderspiel: Gleich zwei Mainzer Spieler waren für die Spiele gegen die Slowakei (0:2) und Nordirland (3:1) nominiert: Nadiem Amiri und Paul Nebel. Zum Einsatz kam nur Amiri, der mit seinem Treffer zum 2:1 gegen Nordirland zum Matchwinner wurde. Entsprechend enthusiastisch wurde er in den Medien gefeiert. Man darf wohl davon ausgehen, dass ihn der Bundestrainer auch in Zukunft berücksichtigen wird. Amiri fährt in dieser Saison quasi »viergleisig«.

Bereits zu Saisonbeginn zeigt sich so, wie wichtig für den Verein seine Entscheidung war, weiter für Mainz zu spielen. Er erhielt für diese Saison die Rückennummer 10 und wurde außerdem Vizekapitän des Teams. Kapitän bleibt der Schweizer Nationalspieler Silvan Widmer, der in der letzten Saison nur drei Einsätze in der Startelf hatte. Den Mannschaftsrat komplettieren Dominik Kohr und Robin Zentner.

Noch ein letzter Blick auf die vergangene Saison. Das Fachmagazin »Kicker« hat ausgerechnet, wie viele Bundesliga-Einsatzminuten jeweils von Spielern absolviert wurden, die im klubeigenen Nachwuchsleistungszentrum (NLZ) ausgebildet wurden. Hier »gewann« der SC Freiburg (9682 Minuten) ganz knapp vor dem 1. FSV Mainz 05 (9652 Minuten). Auf Platz drei, mit großem Abstand, folgt der FC Bayern München (5397 Minuten). Schlusslichter sind die Eintracht aus Frankfurt (24 Minuten) und der VfB Stuttgart (2 Minuten).

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