Wie geht es weiter mit dem Stadtumbau in Mainz, wann kommt in Mainz ein Radnetz. Die Dezernentin für Umwelt, Grün, Energie und Verkehr, Janina Steinkrüger, arbeitet auch an den Antworten auf diese Fragen.

Kürzlich wurde der neu gestaltete Münsterplatz in Mainz offiziell eingeweiht. Schöner und zweckmäßiger als zuvor ist er nun schon. Ob eine solche »Steinwüste« zu den klimapolitischen Zielen der Stadt Mainz passt? Janina Steinkrüger war zwar bei der Einweihung dabei. Mit der Planung hatte sie aber nichts zu tun. Die fiel in die Amtszeit ihrer Vorgängerin, Katrin Eder. Und: diese Planung musste sich orientieren an den Maßgaben von Städtebauförderungs-Programmen, damit die Stadt Mainz solche grundlegenden Umbauprojekte finanziell stemmen konnte. Das hat sich geändert. »Nun ist die Stadt Mainz in einer komfortablen finanziellen Situation und kann Umbauprojekte der Größenordnung Bahnhofstraße, Große Langgasse und Münsterplatz unabhängiger von solchen Förderrichtlinien planen. Eventuell wird Mainz nicht mehr in den Genuss von bestimmten Fördergeldern kommen«, erklärt Janina Steinkrüger. Die 46-Jährige trat am 1. September 2021 die Nachfolge von Katrin Eder an.

Das Integrierte Entwicklungskonzept IEK

Zu dieser Einschätzung passt, dass die weitere Umsetzung des »Integrierten Entwicklungskonzeptes« gestoppt ist. Das 2015 verabschiedete Konzept war die Grundlage für die genannten Umbaumaßnahmen und soll auf Beschluss des Stadtrats evaluiert werden. Laut IEK wäre nun die Umgestaltung der Großen Bleiche an der Reihe. Aber: Es mache keinen Sinn, diese Planungen anzugehen, bevor die Umgestaltung der Binger Straße nicht abgeschlossen sei, so Steinkrüger. Durch die Straßenbahngleise in der Binger Straße werde sich dieser Verkehrsraum verändern, diese Veränderungen sollten beobachtet und evaluiert werden, bevor die Planungen für den Verkehrsraum Große Bleiche begönnen. Die Erfahrung habe gezeigt, dass sich bereits während einer Baumaßnahme Verkehrsströme veränderten, dass Ausweichrouten gesucht würden.

Laut Planungen könnte 2025 die erste Straßenbahn durch die Binger Straße fahren. Egal wie die Umgestaltung der Großen Bleiche letztlich aussehen werde, das Ziel bleibe klar, sagt Steinkrüger. Die Große Bleiche als Achse für den Umweltverbund, mit Vorrang für ÖPNV, Fußgänger:innen und Radelnde. Dazu gelte es den Durchgangsverkehr weiter zu verringern und in die Kaiserstraße, bestenfalls sogar auf die Autobahnringe zu verlagern. Denn: »Wir müssen die Verkehrswende hinbekommen, d.h. wir brauchen weniger Autos auf und weniger Blech an den Straßen. Es macht keinen Sinn, alle Autos mit Verbrennungsmotor einfach gegen Autos mit E-Antrieb auszutauschen!« Steinkrügers verkehrspolitische Ansagen sind eindeutig. Es gehe nicht darum, das Auto zu verdammen, sie fahre selbst hin und wieder Auto, aber es brauche nicht jede:r ein eigenes Auto. Im Stadtvorstand sei diese Verkehrspolitik Konsens, bekräftigt durch Stadtratsbeschlüsse wie zum Klimanotstand. Steinkrügers Auftrag lautet, diese Ziele umzusetzen.

Das Radnetz Mainz

Mapathon Mainz, »Verkehrswende jetzt! – Bausteine für ein Mainzer Mobilitätskonzept«, »Gonsenheim setzt aufs Rad«: Es gibt viele Akteure, die bereits ein gesamtstädtisches Radnetz für Mainz entwickelt haben. »Aber es ist auch klar, keines der Konzepte kann eins zu eins umgesetzt werden«, stellt die Verkehrsdezernentin klar. Die Verkehrsverwaltung habe eigene Kriterien entwickelt, es müssten verschiedene Verkehrsteilnehmer:innen berücksichtigt werden und bei allem stehe die Sicherheit im Vordergrund. »Diese Akteure stärken mir natürlich den Rücken, in dem sie den Wunsch aus der Bevölkerung nach einem umfassenden Radwegekonzept unterstreichen.« Die Dezernentin widerspricht der Auffassung, die Ausgestaltung des Radnetz Mainz gehe zu langsam. »Von außen sieht es immer so aus, als sei Verwaltungsarbeit sehr langsam, aber demokratische Prozesse brauchen nun mal Zeit und Verwaltungsarbeit unterliegt demokratischen Verfahren: Pläne, Konzepte müsse legitimiert werden durch Entscheidungen politischer Gremien.«

Wann es ein umfassendes Radwegekonzept in Mainz geben wird, kann Steinkrüger nicht sagen. Aktuell steht das Bypad-Audit als Beteiligungsverfahren an. Allerdings sind Bürger:innen in diesem Verfahren nicht explizit beteiligt, der Prozess werde zwischen Politik, Verwaltung und Interessenverbänden erarbeitet, erklärt die Verkehrsdezernentin. Wobei auf Seiten der Interessenverbände der Bürger:innen-Input inkludiert sei. Zusätzlich seien die Impulse der Bürger:innen im »Radkonsens« in zwei Veranstaltungen vor Corona eingesammelt worden. Und dieser fließe wiederum über die Interessenverbände mit ein. »Wir wollen das Bypad Audit aber auch ›teil-öffentlich‹ machen, in dem es öffentliche ›Zwischenberichte‹ gibt. Wir informieren dann öffentlich über den Status-Quo, dazu wird jede:r Interessierte über die bekannten Medien eingeladen.« Wie teuer dieses Beteiligungsverfahren ist, könne erst nach der erfolgten Ausschreibung für das komplette Paket bekannt gegeben werden.

Fahrrad-Projekte in der Warteschleife

Abgesehen von der Erarbeitung des »Radnetz Mainz« hängen zahlreiche Fahrrad-Projekte in der Warteschleife. Allein 3,6 Mio. Euro, die im Etat 2021 zur Verfügung standen, konnten nicht ausgegeben werden und wurden vom Stadtrat in den Etat 2022 «übertragen«. Sowohl die Einschränkungen durch die Corona-Pandemie als auch die personelle Unterbesetzung des fahrRad-Büros werden als Ursache genannt. Spätestens im Herbst soll dieses Büro mit dann fünf Mitarbeitenden voll funktionstüchtig sein, erwartet Steinkrüger. Dann könnten auch wieder mehr Fahrrad-Projekte umgesetzt werden. Eines liegt der Verkehrsdezernentin besonders am Herzen: Die Querung der Windmühlenstraße auf Höhe des Zitadellenwegs und der Eisgrub-Serpentine fahrrad- und fußfreundlich zu gestalten. Geplant sei den Rechtsabbiegestreifen bergauf umzubauen, den so gewonnenen Platz dem Gehweg zuzuschlagen, der somit für Rad- und Fußverkehr verbreitert werden könne. Außerdem solle die Lichtsignalanlage auf Höhe des Eisgrubweges in Richtung Zitadellenweg verschoben werden.  So könne ein direktes Queren zwischen Eisgrub-Serpentine und Zitadellenweg möglich werden.

Der Fußverkehr

Janina Steinkrüger denkt Fuß- und Radverkehr immer zusammen, weshalb Mainz keine(n) Fußverkehrsbeauftragte(n) brauche. »Es geht nicht darum, die eine Mobilitätsart gegen die andere aufzuwerten, Verkehrsräume müssen zusammen gedacht werden« so ihre Auffassung. Dazu gehöre, dass Radeln auf der Straße, wo möglich und die Sicherheitsanforderungen der Menschen es ermöglichen.

Fuß- und Radverkehr zusammendenken ist auch Aufgabe der AGFKs, (Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundlicher Kommunen), die es in vielen Bundesländern und teilweise schon sehr lange gibt. Ursprünglich auf die Förderung des Radverkehrs fokussiert, werde mittlerweile der Fußverkehr einbezogen, was z.B. bei den AGFKs in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen durch die Namensgebung »AG Fahrrad- und Fußfreundlicher Kommunen« zum Ausdruck komme, erläutert Steinkrüger. In Rheinland-Pfalz sei die Gründung der AGFK in Reichweite und die Zusammenführung von Rad- und Fußverkehr als Aufgabe sehr wahrscheinlich.

Beschluss für das Radnetz Mainz

Voraussichtlich am 1. Juni 2022 wird die Erarbeitung des Radnetz Mainz durch den Stadtrat offiziell beschlossen und die Verkehrsverwaltung beauftragt, ein Planungsbüro zu suchen, welches das fahrRad-Büro in diesem Prozess der Erstellung des Radnetzes unterstützt. Wie viel Geld für die Arbeit dieses Planungsbüros ausgegeben werden muss, ist offen; die Verwaltung gehe aber davon aus, dass das vorhandene Budget des Stadtplanungsamtes ausreichen wird, heißt es in der Beschlussvorlage.
| SoS

 

Mainzer Radwegekonzept ideenlos?