Alle Menschen sind kreativ, viele kommen ohne innovative Konzepte durchs Leben; sogar beim Müll einsammeln und Baumscheiben bepflanzen.

Sie tauchen fast überall auf, die Begriffe »kreativ« und »innovativ«. Vermutlich hängt es mit meinem Beruf zusammen, dass ich regelmäßig die Stirn in Falten lege, wenn ich einen der beiden Begriffe einmal mehr lesen muss. Es gibt kaum eine Pressemitteilung oder PR-Meldung, in der nicht ein innovatives Konzept und kreative Ideen angepriesen werden. Ist das öde. Zumal diejenigen, die sich dieser Begriffe befleißigen anscheinend nicht kapieren, das ist widersinnig. Wenn ein Konzept nicht innovativ ist oder eine Idee nicht kreativ – zu welchem Zweck wird sie dann verlautbart? Reicht es nicht, zu sagen oder zu schreiben, ein neues Konzept, eine andere Idee? Nein, das passt nicht mehr in die Zeit.

Ankündigungen, gleich ob es werbliche sind oder politische, müssen sich überbieten in ihrer extravaganten Besonderheit. Meinen diejenigen, die sie verfassen. Dass die Mehrzahl der Adressaten und Adressatinnen dem Innovationspotenzial solcher Konzepte schon lange nicht mehr glaubt und von kreativen Ideen die Nase voll hat, haben sie noch nicht gemerkt (oder es ist ihnen egal).

Unbemerkt bleibt offensichtlich auch, dass bei so viel Innovation und Kreativität weder die Konzepte noch die Ideen wahrgenommen werden. Es ist einfach zu anstrengend unter dem Sprachmüll den Inhalt zu entdecken. Wer sich dennoch die Mühe macht, wird oft enttäuscht. Was als innovativ oder kreativ umschrieben wird, bleibt letztlich inhaltsleer.

Ankündigungs-Populismus

Wohltuend erscheinen im Vergleich zu diesem Ankündigungs-Populismus Bekanntmachungen von Engagierten, die ein konkretes Ziel vor Augen haben. Da wird nicht nach kreativen Ideen gefahndet und es werden keine innovativen Konzepte vorgestellt. Klar und deutlich ist die Ansprache. Kein Wunder. Wer Unterstützung für Flüchtlinge aus der Ukraine organisieren will, weiß was Sache ist, was gebraucht und was zu tun ist. Genau das wird formuliert und das wirkt. Wer das liest oder hört, fühlt sich angesprochen und macht mit. Oder lässt es sein. Ganz nach Belieben. Aber die Botschaft ist angekommen. Weil sie sich nicht unter blumigen oder nebulösen Formulierungen versteckt.

Solche klaren Ansprachen funktionieren auch, wenn Politik und Verwaltung etwas von den Bürger:innen wollen. Der Aufforderung, sich am »Frühjahrsputz im Freien«, dem Mainzer »Dreck weg-Tag« zu beteiligen, folgten in diesem Jahr 5.800 Mainzer:innen. Es soll ein Rekord gewesen sein. 25 Tonnen Müll wurden dabei insgesamt im Mainzer Stadtgebiet eingesammelt. Wenn das nicht kreativ ist! Wie auch das Engagement von Mainzer:innen in Vereinen, Bürgerinitiativen und Nachbarschaftsinitiativen oder in Kleingruppen, um ihr Wohnumfeld zu verschönern – siehe die Baumscheibe im Martin Luther King-Park auf dem Foto. Sehr kreativ, innovativ auch. Und schön anzuschauen.

| SoS

 

Dreck weg-Tag: Für ein sauberes Mainz