Advent und Weihnachten: Selbst nüchternen Menschen stielt sich ab und an ein verklärtes Lächeln ins Gesicht. Es ist Freude!
Zwei Fahrräder, die um ein Verkehrsschild herum gewickelt scheinen – was hat dieses Foto mit Freude zu tun?
Beim Anblick der beiden derart platzierten Fahrräder schoss mir durch den Kopf: »Geschieht euch recht«. Euch bezieht sich auf die Besitzer/-innen der Räder. Ich hatte den Eindruck, Personen, denen die Räder im Weg standen, versuchten auf diese Weise sich mehr Platz zu verschaffen. Einfach dürfte es nicht gewesen sein, die Räder aus dieser Position zu befreien und vielleicht ging bei der Aktion auch etwas kaputt.
Hinter dem »Geschieht euch recht« steckt ein Gefühl, das als Schadenfreude bezeichnet wird. Freude und Schaden: Eigentlich passt das gar nicht zusammen, ein Widerspruch in sich. Denn Freude sollten wird doch als schön und angenehm empfinden. Der schadenfrohe Mensch ist dagegen froh über den Schaden, den andere haben.
Schadenfreude
Andererseits: Wer so wenig auf seine Umgebung achtet und an einer stark frequentierten Straßenecke im Bleichenviertel sein Fahrrad ausgerechnet am Verkehrsschild abschließt (das ist zwar verboten, nur wen interessiert das schon?) und keine Gedanken daran verschwendet, wie denn Zufußgehende mit und ohne Kinderwagen oder Rollator oder gar Rollifahrende um die Räder herum kommen sollen, dem und der gehört es doch nicht anders, oder? Diese Relativierung entspricht nicht so ganz dem, was unter christlicher Nächstenliebe verstanden wird, ich weiß. Der Zorn, der in mir brodelt, wenn ich Menschen erlebe, die sich keinen Deut darum scheren, ob ihre Verhaltensweisen andere in ihrer Bewegungsfreiheit einschränken, auch nicht.
Es sind vielleicht zwanzig Meter bis zu den Fahrradständern, höchstens. Die der Mann hätte laufen müssen. Hin und zurück wären es dann 40 Meter. Nö, er stellt sein Fahrrad direkt in den Geschäftseingang. Erkennbar Mobilitätseingeschränkt ist er nicht. Ob er die Fahrradabstellanlange nicht gesehen habe, frage ich ihn. Kurz habe ich das Gefühl, er springt mir jetzt ins Gesicht. Dann hat er sich wieder im Griff und antwortet, er wolle ja nur schnell etwas einkaufen und sei dann schon wieder weg. Klar, auch die Frau, die ihr Auto mit laufendem Motor in der zweiten Reihe abstellt, ist ganz schnell wieder da…
In der Weihnachtszeit wird viel getan, um andere Menschen zu erfreuen – eine Freude, die weder Geld kostet noch Aufwand bedeutet, ist es, auf andere zu achten: ein Schulterblick zur rechten Zeit, auf die Bremse statt aufs Gas treten, wenn die Ampel auf Rot springt,…
DER MAINZER wünscht Ihnen allen eine schöne Zeit, erfreuen Sie sich am Advent, verbringen Sie angenehme Festtage, lassen Sie sich nicht die Vor- und die Freude verderben und kommen Sie gut ins Neue Jahr.
| SoS