Ulrike Zollfrank, ursprünglich ein echt Frankfurter »Schlippche«, hat eine besondere Führung für die Mainzer Zitadelle konzipiert. Als »Julchen« erzählt sie aus dem Leben der Familie Schinderhannes.
Das »Julchen« heißt Juliana Bläsius, sie war die Geliebte des Schinderhannes. Ulrike Zollfrank hat sich mit dem Leben der Frau vertraut gemacht, sachkundig und anekdotenreich führt sie als Julchen über und unter die Mainzer Zitadelle. Zwar ist der Schinderhannes bekannter, aber auch das Leben der Juliana Bläsius sei gut dokumentiert – bis hin zu ihrer Kleidung. Bei den Führungen trägt Ulrike Zollfrank ein mittelalterlich anmutendes Gewand mit entsprechender Haube und erzählt in feinstem »rhoihessisch«.
Ist die Geschichte des Schinderhannes und seiner »Familie« nicht eine traurige? Der Räuberhauptmann endete schließlich ohne Kopf im Grab. »Aber nein«, sagt die promovierte Erwerbsgartenbauerin, die sich auch mit Schinderhannes intensiv befasst hat. »Der hat selbst vor Gericht noch die Menschen zum Lachen gebracht.« So erzählt Ulrike Zollfrank alias Julchen eine Anekdote nach der anderen, berichtet dabei auch von den Lebensumständen zu Schinderhannes-Zeiten (»es herrschte Anarchie – aber der Schinderhannes war kein Robin Hood«) und verpackt darin die Geschichte der Mainzer Zitadelle. Das Publikum freut es – was wiederum Julchen freut: »Wenn die Leute so richtig herzhalft lachen, dann ist das wunderschön.«
Dr. Ulrike Zollfrank ist 1958 in Frankfurt geboren: »Ich bin ein echtes Frankfurter ›Schlippche‹!« Wie bitte? Schleife bedeutet das auf Hochdeutsch, was wiederum in ihrem Elternhaus gesprochen wurde. In Hofheim am Taunus machte sie Abitur, es folgte ein Praktikum im Badischen als Gärtnerin, in Weihenstephan studierte sie Erwerbsgartenbau, der Pilz Hallimasche stand im Zentrum ihrer Promotion an der Technischen Universität München in Weihenstephan.
Vielseitig unterwegs
Ende der 1980er Jahre sagte Ulrike Zollfrank der wissenschaftlichen Laufbahn Adieu, folgte ihrem Ehemann nach Mainz und qualifizierte sich hier für den höheren Landesdienst. Bei der Landesanstalt für Pflanzenbau und Pflanzenschutz (die 2003 aufgelöst wurde) koordinierte sie u.a. den Aufbau des agrarmeteorologischen Messnetzes Rheinland-Pfalz. Seit 16 Jahren arbeitet sie beim Landesamt für Geologie und Bergbau – Bodenschutz ist jetzt das Thema.
»Mainz, das ist meine Wahlheimat« sagt sie aus tiefstem Herzen. Hier wollte sie bleiben, also blieb sie. Nachdem der erste Sohn Stefan 1992 geboren wurde, reduzierten beide Elternteile ihre Arbeitszeit um 50 Prozent. Ein ganzes Jahr lang. »Wir haben das so gewollt, deshalb hat es funktioniert«, stellt sie fest.
Seit 2011 führt Ulrike Zollfrank als Julchen über und unter die Zitadelle, seit 2015 bietet die ausgebildete rheinhessische Gästeführerin zusätzlich mit einer Winzerin eine Führung mit Weinprobe auf der Zitadelle an.
Unterwegs ist die 61-Jährige aber nicht nur als Julchen. Als 2015 Flüchtlinge nach Mainz kamen, übernahm sie mit ihrem Mann gemeinsam die Patenschaft für eine ganze Familie aus Syrien. »Die sind jetzt selbständig, die kommen klar«, stellt sie fest. Auch für eine Grünanlage in Hechtsheim hat sie die Mitverantwortung übernommen. Seit 23 Jahren hegt und pflegt sie mit dem CVJM gemeinsam als »Patenschaftsgruppe« den Zagreb-Platz. Auf der Frankenhöhe half sie »SoundConnection« aus der Taufe. »Singen, das ist meins, das hat mich über alle Ortswechsel hinweg begleitet.« Der Gospel-Chor feierte in diesem Jahr sein 20-jähriges Jubiläum und brachte die dritte CD heraus.
Effizient Arbeiten
Und dann ist da noch der urgroßväterliche Bauernhof im Vogtland, den Ulrike Zollfrank geerbt und in ein Feriendomizil umgewandelt hat. Wie das alles zusammen geht? »Ich bin einfach sehr effizient in meinem Arbeiten, deshalb geht das.«
Es geht dann auch noch, dass sie die Füße hoch legt und liest (»unheimlich gerne und viel«) und im Urlaub Wander- und Klettersteige erkundet.
| SoS