Reichen die von der Stadt aufgestellten Sitzmöbel in der Großen Langgasse nicht aus? Still-Leben? Sperrmüll-Entsorgung auf Kosten der Allgemeinheit? Wir wissen es nicht.
Auch nicht, ob der Blick auf die Bauarbeiten in der Großen Langgasse Freude macht. »Nehmen Sie Platz und genießen Sie das Schauspiel. Sie setzen hier in der ersten Reihe und bekommen aus allernächster Nähe präsentiert, wie es mit der Baustelle weitergeht. Oder wie es nicht weitergeht.«
Die Einladung von einem Scherzkeks? Der oder die zum Sit-in auffordert. Eine Demonstration der Beschaulichkeit im Anblick der Baustellenhektik – auch als Realsatire geeignet. Ein/e Anwohner/-in? Hat sich Urlaub genommen, um zu beobachten, was hier passiert – und was eben nicht passiert.
Alle Welt schimpft seit über einem Jahr auf diese Baustelle. Die Autofahrer/-innen, die kaum vorankommen. Die zu Fuß Gehenden, die sich um Bauzäune herum winden, die gestern noch nicht da waren und morgen wieder weg sein werden. Die Radfahrenden, denen Fahrzeuge entgegen kommen, die nicht einsehen wollen, dass auch hier Radfahren gegen die Einbahnstraße erlaubt ist. Die Geschäftsleute, die über entgangene Einnahmen klagen und ihre Existenz bedroht sehen. Die Bewohner/-innen, denen der Lärm und der Dreck die letzten Nerven rauben.
Schönes Plätzchen
Die beiden Sofas aber sind ein schönes Plätzchen, um zu dokumentieren – die Fortschritte: wie oft bewegen sich die Bagger? Wie viele Arbeiter sind beschäftigt? Den Stillstand: wenn sich nichts bewegt, keine Arbeiter zu sehen sind. Futter für die ewigen Nörgler/-innen. Die seit über einem Jahr wissen, die Staugefahr ist hoch hier. Die dennoch unbedingt diese »Abkürzung« nutzen wollen, auf ihrem Weg von Gonsenheim nach Weisenau – durch die Große Langgasse in der Innenstadt. Der Weg über den Autobahnring, der ist viel länger. Der Spritverbrauch ist höher. Lieber in der Großen Langgasse stehen und warten. Bei laufendem Motor. Wegen der Klimaanlage. Viel Zeit, um in Gedanken die Parkplätze zu zählen, die weggefallen sind. Schimpfen. Die Parkgebühren sind sowieso zu hoch. Immer diese Grünen mit ihrer sogenannten Verkehrswende. Oh Gott: wenn Mainz auch noch eine grüne Oberbürgermeisterin wählt …
Von den gemütlichen Sofas aus lässt sich gut beobachten, wie Emotionen hochkochen. Da parkt tatsächlich ein Mann sein Auto so in der dafür vorgesehenen Parkbucht, dass zwei Räder auf der Fahrbahn stehen. Kein LKW kommt mehr vorbei. Die Fahrzeuge stauen sich zurück bis zur Binger Straße. In den klimatisierten Autos explodiert die Wut. Und die Stickoxidwerte? Die werden in der Großen Langgasse zurzeit nicht gemessen. Sonst hätte am Ende noch die Deutsche Umwelthilfe wieder was zu meckern.
Tja, und dann waren sie weg. Die beiden Sofas. Hat wohl doch nur einer eine kreative Lösung für sein Sperrmüll-Problem gesucht.
| SoS