Um das Mainzer Marktfrühstück gab es im Mainzer Frühsommer 2018 viel Gerede. Die Marktbeschicker und manche Einzelhändler beklagten Umsatzeinbußen, das Sicherheitskonzept und die Anzahl der Toiletten wurden als unzureichend benannt. DER MAINZER schaute sich nach den Sommerferien um und fragte nach.

Der Weinstand vor dem Römischen Kaiser, Sitzgelegenheiten in der Apsis der Liebfrauenkirche: mit dieser Neuerung startete das Mainzer Marktfrühstück (MMF) am 24.März in die 2018er- Saison. Neu war außerdem, dass zeitgleich der Weinstand am Fischtor (der mittlerweile am Rheinufer vor dem Rathaus platziert ist) geöffnet war und erstmals kam eine professionelle Sicherheitsfirma zum Einsatz. Nicht ganz neu, in diesem Ausmaß aber doch überraschend, war der Ansturm der Menschen am Eröffnungs- und den darauf folgenden Wochenenden. »Immer zu Beginn der Saison ist das MMF besonders stark frequentiert«, weiß Christopher Sitte. Der Wirtschafts- und Ordnungsdezernent beobachtet, so sagt er, das Geschehen regelmäßig und zu unterschiedlichen Uhrzeiten Vorort. Außerdem seien an diesen Samstagen immer Mitarbeiter/-innen des Ordnungs- und Vollzugsdienstes unterwegs, um auf Beschwerden direkt reagieren zu können.

An den Frühlings-Wochenenden 2018 wurden bis zu 8.000 Besuchern gezählt – allerdings, stellt Sitte klar, sei das der Durchlauf eines gesamten MMF-Tages. Das heißt 8.000 Menschen durchliefen diesen Bereich. Ob die dort alle Wein trinken, oder auf dem Wochenmarkt einkaufen oder von A nach B laufen, darüber sagten diese Zahlen nichts aus.

Sicherheitsdienst im Einsatz

Der Wirtschaftsdezernent ist der Ansicht, dank der Verlagerung des Weinstands vor den Römischen Kaiser (was im Zuge der ursprünglich geplanten Bauarbeiten für den »Bibelturm« notwendig geworden war Anm.d.Red.) sei die Engstelle auf der Höhe der Apsis entzerrt, die Entfluchtung gelungen, die »Leichtigkeit des Verkehrs« gewährleistet, was bedeutet, Rettungsfahrzeuge könnten schnell durch eine Rettungsgasse geleitet werden. Dies ist vor allem Aufgabe des Sicherheitsdienstes, der, laut Sitte mit bis zu 13 geschulten Mitarbeitern im Einsatz sei, gesteuert von der Einsatzzentrale, nahe dem Eingang zum Gutenbergmuseum platziert. Die Männer sorgen auch für die Abfahrt der Marktbeschicker, gewährleisten Anwohnern die Zufahrt zur Rote Kopf-Gasse und sprechen schon mal weinselige Besucher auf ihr Verhalten hin an (hat die Autorin beobachtet). Die Sicherheitsfirma agiert im Auftrag der Mainzer Winzer und wird von diesen bezahlt.

Heftige Kritik äußerten im Frühsommer einige Marktbeschicker: Zu viele Betrunkene, die die normale Wochenmarktkundschaft vertrieben, entsprechende Umsatzeinbußen, Geschiebe, Gedränge – manche Marktbeschicker sahen ihre Existenz gefährdet und verlangten dringend Abhilfe.

Auf Wunsch der Marktbeschicker habe man die Situation gemeinsam erörtert, so Sitte. Eine Minderheit der Marktbeschicker habe sich dabei über die negativen Auswirkungen des MMF beschwert. Der größere Teil der Beschicker begrüße die höhere Kundenfrequenz und stelle sich auf das Einkaufsverhalten am Samstag ein.

Bereits zuvor war klar, die Metzgerstände machen ihren Umsatz samstags eher mit heißer Fleischwurst statt mit Kotelett zum Selberbraten, die Backwarenstände verkaufen eher handliche Brötchen statt großer Brotlaibe. Allmählich, so fasst es Sitte zusammen, erkennen auch Anbieter anderer Waren, dass sie mit und durch die MMF-Gäste Umsatz machen können. Käsewürfel und Obstsalate finden genauso ihre Abnehmer, wie Oliven-und Schafkäsemischungen.

So sieht Sitte das Miteinander von Wochenmarkt und Marktfrühstück auf einem guten Weg und wird nicht müde zu betonen, dass sich Mainz glücklich schätzen könne, ein solch erfolgreiches Veranstaltungsformat nicht erst erfinden zu müssen, sondern auf diese Weise Massen, zum großen Teil jüngerer Menschen, in die Stadt zu locken.

Das Miteinander ist gut

Bleibt die Toilettenfrage. Dazu teilt die Verwaltung mit, in der Gaststätte »Moguntia Vinothek« (Fischtor 3) stünden Toiletten für das MMF-Personal zur Verfügung. Die MMF-Besucher könnten die (kostenpflichtigen)Toiletten im Dom-Museum sowie die (kostenlosen) öffentlichen Toiletten Heugasse und Höfchen nutzen. Grundsätzlich werde die Anzahl von Toiletten, die bei Veranstaltungen zur Verfügung gestellt werden müssen, im Einzelfall je nach Veranstaltungsart und zu erwartenden Besucherzahlen etc. entschieden.

Auf MAINZER-Nachfrage erklärt Catrin Tronser, Geschäftsführerin des Vereins Mainzer Winzer, i.d.R. seien um die acht Mitarbeiter der Sicherheitsfirma unterwegs plus diejenigen, die in der Leitzentrale das Geschehen beobachten und im Ernstfall schnell Kontakt zu Polizei und Rettungsorganisationen herstellen könnten. Außerdem blockiert ein Fahrzeug als »mobile Sperre« die Zufahrt von der Heugasse aus. Jeder Winzer trage die Kosten für die Sicherheitsfirma, die an dem Tag seines Ausschanks anfallen. In den Ferienmonaten z.B. waren, ob des geringeren Andrangs, weniger Sicherheitskräfte Vorort, die Kosten entsprechend niedriger. Konkrete Zahlen nennt Tronser nicht. Das Miteinander »Winzer+Marktbeschicker« bezeichnet sie als gut. Den Winzern gehe es nicht um die Etablierung eines weiteren Weinstands, sie wollten eindeutig ein »Marktfrühstück«, das nur in unmittelbarer Nähe zum Wochenmarkt, zu Bäckern, Metzgern, Obst- und Gemüsehändler funktionieren könne.

Hässliche Situationen

Marion Hensel-Jung im Möbelhandel jung. in der Fischtorstraße bezeichnet die Situation mittlerweile als entspannt. An den Frühjahrs-Samstagen sei das nicht der Fall gewesen, zu viele Menschen drängten sich im Sondernutzungsbereich des Marktfrühstücks, hässliche Situationen mit Betrunkenen blieben nicht aus. »Wir hatten uns insofern darauf eingestellt, dass wir z.B. ab 12 Uhr unsere Hängematte draußen entfernten«, so Hensel-Jung. Eine Umsatzanalyse habe ergeben, dass der Samstag nicht mehr der umsatzstärkste Tag sei. Allerdings könnten sie nicht von Umsatzeinbußen sprechen, es habe eine Verlagerung stattgefunden.

Das Zusammenspiel von Markt, Marktfrühstück und Einzelhändlern wäre sicher kein Problem, würden alle Gäste des Marktfrühstücks auch die Belange der Marktbeschicker und Einzelhändler berücksichtigen, so Hensel-Jung.

Rechtsanwalt Hans-Joachim Hasemann-Trutzel hat vom Mainzer Markt Verein e.V. den Auftrag, die Marktbeschicker zu beraten und zu unterstützen, um das Mit- und Nebeneinander von MMF und Wochenmarkt zu gewährleisten. Sein Schwerpunkt ist, die Interessen der Marktbeschicker, festgelegt in der Marktsatzung, zu sichern. Dass die Beschicker unterschiedlich mit dem samstäglichen Andrang umgehen, ist ihm vertraut.

Klar ist aus seiner Sicht, dass die Marktverwaltung und damit letztendlich der verantwortliche Dezernent Sitte gewährleisten müssten, dass die Wochenmarktbeschicker den in der Marktsatzung enthaltenen Auftrag, die Mainzer/-innen mit frischen Nahrungsmitteln zu versorgen, erfüllen können. Samstags, bei entsprechendem Besucherandrang des MMF, sei das objektiv nicht mehr möglich, der Wegebereich im und zum Wochenmarkt vielfach überlastet.

Zwar sei bekannt, dass der Andrang auf dem MMF an den ersten Frühlings-Samstagen immer besonders groß ist, »aber es ist ein erheblicher Unterschied, ob 4.000 Besucher unterwegs sind oder 8.000 – und dann die Marktbeschicker damit zu vertrösten, dass der Andrang im Frühsommer zurückgehe, sie ihren Geschäften wieder nachgehen können, das widerspricht klar der Marktsatzung.«

Marktsatzung ernst nehmen

Zurzeit (im August 2018, Anm.d.Red.) ruhten die Gespräche zwischen Beschickern und Verwaltung / Wirtschaftsdezernat. Es sei allerdings nicht Aufgabe der Beschicker, Lösungen zu entwickeln, sagt der Rechtsanwalt. Die Stadt Mainz formuliere in der Marktsatzung, dass der attraktive Hauptmarkt für Tradition und Stadtkultur stehe, sich als Ort des Handels verstehe. »Wenn die Marktsatzung ernst genommen werden soll, dann muss der Satzungsgeber auch dafür Sorge tragen, dass die von ihm geschaffene Einrichtung ‚Markt‘ funktionsfähig erhalten bleibt.« Als Aufgabe der Marktverwaltung nennt Hasemann-Trutzel, den ordnungsgemäßen Ablauf des Wochenmarktes auch am Samstag mit MMF sicherzustellen. Dazu reiche es nicht, im Notfall mittels Security-Personal Fluchtwege für Rettungswagen frei zu machen und die Abfahrt der Marktbeschicker zu garantieren. Wenn die Situation es erfordere, wenn neuerlich mehrere Tausend MMF-Besucher unterwegs seien, müsse sofort reagiert werden können. »Dann muss eben Personal des Ordnungs- und Vollzugsdienstes dauerhaft präsent sein und für den reibungslosen Ablauf des Wochenmarkts, gegebenenfalls auch hinter den Ständen sorgen – und zwar direkt. Nicht erst am Samstag danach.«

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