Sind Verkehrskontrollen ein Mittel, um das widerrechtliche Befahren der Fußgängerzone Ludwigsstraße samt dem Bereich der Bushaltestelle Höfchen einzudämmen? DER MAINZER sprach mit der Mainzer Polizei.

Rege ist der Fahrzeugverkehr in der »Lu«, im Bereich der Bushaltestelle kommt es zu unübersichtlichen Überholmanövern, so ein Ergebnis der MAINZER-Recherchen. Auf die Frage, warum die Polizei dort nicht regelmäßig den fließenden Verkehr kontrolliert, sagte Polizeisprecher Alexander Koch in der MAINZER-Titelgeschichte im Juli 2018 (siehe QR-Code am Ende des Artikels), die Polizei orientiere ihre Kontrollmaßnahmen nicht daran, wo sie am meisten Bußgelder eintreiben könne. Welche Kriterien stattdessen dazu führen, dass die Polizei den fließenden Verkehr kontrolliert, besprach DER MAINZER mit dem Leiter der Polizeiinspektion Mainz 1, Polizeioberrat Heiko Arnd (auf dem Foto links) und mit Alexander Koch, Polizeihauptkommissar und Pressesprecher (auf dem Foto rechts).

»Um Schwerpunkte für Kontrollmaßnahmen zu erkennen, versuchen wir uns möglichst ein 360 Grad-Bild zu machen mit Informationen aus eigenen Quellen, von der Stadt und von den BürgerInnen«, fasst Arnd zusammen. Zu den eigenen Quellen gehörten das Unfalllagebild: hier werden die Unfallhäufungen aufgrund des jeweiligen Verhaltens analysiert. »Außerdem fragen wir die Bürger­Innen, wie z.B. aktuell mit dem Fragebogen für Fahrradfahrer, wo es für Sie gefährlich ist und häufiger kontrolliert werden müsse.« Die Ergebnisse würden zusammengeführt und entsprechende Kontrollpunkte festgelegt.

Arnd bindet in diese Analysen auch die praktischen Erfahrungen seiner Kolleg/Innen ein. »Wir haben anhand von Zielvereinbarungen Schwerpunkte für Kontrollen ermittelt. Zurzeit sind das Kontrollen des Radverkehrs und sogenannter Poser – wobei die Poser für die BürgerInnen ein Ärgernis darstellen, denn sie sind laut, da geht es nicht vordergründig um Unfallvermeidung.«

Diese Schwerpunktsetzungen, die weniger Kontrollen an anderen Stellen zur Folge haben, führen zur Frage, wird nur deshalb so wenig kontrolliert, weil es zu wenige PolizistInnen gibt? Heiko Arnd kennt die Diskussion und sagt: »Egal wie groß unser Personalkörper ist, wir müssen immer Schwerpunkte bezüglich der Kontrollmaßnahmen setzen. Die Polizei hat schließlich noch viele andere Aufgaben.« Der Leiter der PI Mainz 1 kennt auch die Diskrepanz zwischen objektiver und subjektiver Sicherheit: Obwohl die Statistik z.B. zu Todesopfern durch Verkehrsunfälle in Rheinland-Pfalz keine Steigerung erkennen lässt, fühlen sich BürgerInnen nicht unbedingt sicher. »Wir verstehen uns als Bürgerpolizei, deshalb orientieren wir uns auch am subjektiven Sicherheitsgefühl.«

Kontrollen + Sanktionen

Der Beobachtung, dass PolizistInnen bei Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung zu selten ein Verwarnungs- oder Bußgeld verhängen, widerspricht der Polizeidirektor. Sanktionen seien der Regelfall, sagt Arnd. Jeder Polizist habe zwar einen Ermessensspielraum, aber eine »Ansprache« oder Belehrung ohne Sanktion, sei die Ausnahme. Gehe es um Straftatbestände »müssten« PolizistInnen einschreiten, bei Ordnungswidrigkeiten »sollten« sie es tun. »Liegt ein offenkundiges Fehlverhalten vor, dann möchte ich, dass kontrolliert wird«, betont Arnd. Auch wenn es quasi ein Vergehen am Wegesrand sei, wenn z.B. RadfahrerInnen auf der falschen Straßenseite fahren. Die PolizistInnen im vorbeifahrenden Streifenwagen sollten dann, sofern kein dringender Einsatz ansteht, auf jeden Fall kontrollieren.

Respekt + Kommunikation

Mangelnder Respekt bis hin zu Gewalt gegen PolizistInnen, ist schon lange ein Thema. Befördert das Verhalten von PolizistInnen, die bei Verkehrsvergehen »ein Auge zudrücken«, die Respektlosigkeit?
»Wir agieren auf Augenhöhe mit den BürgerInnen«, sagt Arnd. »Gleichzeitig handeln wir gemäß dem Subordinationsprinzip, das besagt, der Staat ist dem Bürger übergeordnet. Wir versuchen das miteinander in Einklang zu bringen.« Arnd berichtet von Studien, in denen untersucht wird, was Verkehrsteilnehmer dazu bewegt, Regeln zu beachten und fasst das Ergebnis wie folgt zusammen: »Je höher das Entdeckungsrisiko und je höher das Strafmaß, desto geringer ist die Übertretungswahrscheinlichkeit.« Folge dem erhobenen Zeigefinger, also der Ansprache, die monetäre Sanktion dann sei die Wahrscheinlichkeit, dass Fehlverhalten unterbleibe, höher.

Vorbild Hamburg?

Hamburg will, laut Presseberichten, 100 »Polizei-Angestellte« bis Mitte 2020 einstellen, die dafür sorgen, dass Verkehrs- und andere Regeln eingehalten werden – eine Unterstützung, die auch in Mainz guttäte, um Regelverletzungen einzudämmen?
Arnd ist skeptisch, mit Blick auf die Expertise des Personals. »Unsere PolizistInnen haben einen Bachelor-Abschluss und sind rechtssicher, geht es z.B. um die Grundrechte der Bürger. Das will ich auch so. Ob man diese Expertise in einer verkürzten Grundausbildung mit Fortbildung sicherstellen kann? Da bin ich skeptisch!« Da in Mainz für die Kontrollen Stadt und Polizei mit ihrem Personal verantwortlich seien, könne man sicherlich gemeinsame Aktivitäten von Verkehrsüberwachungsamt und Polizei optimieren, so Arnd.

| SOS

Wer kann der fährt. Wer kann der parkt.

 

Verkehrsregeln: Ist doch eh egal