Die Ludwigsstraße ist eine Fußgängerzone, die Bushaltestelle am Höfchen darf nur von Bussen und Taxen befahren werden und für das Parken auf Mainzer Plätzen bedarf es einer Ausnahmegenehmigung. Nur, wen interessiert das überhaupt?

Seit den 90er Jahren ist die Ludwigsstraße für den Durchgangsverkehr gesperrt. Wer sie befahren will braucht eine Ausnahmegenehmigung. Komplett gesperrt ist der Straßenabschnitt an der Bushaltestelle Höfchen – sogar für Fahrzeuge, die eine Ausnahmegenehmigung für das Befahren der Fußgängerzone haben. Die Beschilderung ist eindeutig. Sie erlaubt die Durchfahrt ausschließlich für Busse und Taxen. Selbst Fahrradfahrer haben hier nichts verloren.

Seit Anfang des Jahres hat sich das Verkehrstreiben auf der Lu noch einmal verschärft, so hat es den Anschein. Die Große Langgasse ist nur in eine Richtung zu befahren, wer den Umweg über die Rheinstraße scheut, fährt eben durch die Fußgängerzone »Lu« und die Bushaltestelle Höfchen, um schneller zur Quintinsstraße und über Flachsmarkt und Bauhofstraße Richtung Kaiserstraße und Neustadt zu kommen. Oder alles retour.

Ob der Eindruck, die Lu habe sich in eine ganz normale Verkehrsstraße verwandelt stimmt, und welche Möglichkeiten es gibt, die bestehende Verkehrsregelung durchzusetzen, sind die Ausgangsfragen für diese Reportage.

Gefahr für die Fahrgäste?

Der erste Schritt war eine über mehrere Tage und zwei Wochen lang durchgeführte Zählaktion: Jeweils 15 Minuten lang wurden alle Fahrzeuge gezählt, die über die »Lu« kommend sowie von der Alten Universität kommend das Höfchen durchfuhren. Fahrzeuge bedeutet, LKWs und PKWs jeder Art – auch jene, die eine Ausnahmegenehmigung für das Befahren der Fußgängerzone haben. Denn auch die dürfen, laut der Beschilderung, diesen Abschnitt nicht befahren. Nicht mitgezählt wurden Taxen und Busse. Ergebnis: Vormittags waren die meisten Fahrzeuge unterwegs, 15 bis 28 in einer Viertelstunde. Bei einem Mittelwert von 21,5 bedeutet das in einer Stunde 86 Fahrzeuge, die widerrechtlich den Bereich der Bushaltestelle befahren. Hier fanden zudem mehrmals Überholaktionen mit plötzlichen Bremsvorgängen statt, weil auf der Gegenseite ein Bus oder ein anderes Fahrzeug in die Bushaltestelle einfahren wollte. Außerdem mussten Busse immer wieder vor der Bushaltestelle warten, bis die widerrechtlich die Bushaltestelle durchfahrenden Fahrzeuge Platz gemacht hatten. Stellenweise herrschte zwischen den beiden Bussteigen ein kaum zu überblickendes Durcheinander von Fahrzeugen (Foto u.).

Höfchen

Vor diesem Hintergrund wollte DER MAINZER von der Mainzer Mobilität wissen, was unternommen werde, um die Sicherheit der Fahrgäste in der Bushaltestelle Höfchen zu gewährleisten? Pressesprecher Michael Theurer antwortet schriftlich: »Die MVG kann wenig unternehmen, da eine mögliche Gefahr ausschließlich durch Dritte entsteht und es sich um den öffentlichen Straßenbereich handelt. Werden dort von den Verkehrsteilnehmern alle Regeln eingehalten, gibt es aus unserer Sicht keine29 Gefahr. Zudem spielen sich die beschriebenen Szenen im Fahrbahnbereich, also im öffentlichen Straßenbereich ab. Wir sind da nicht zuständig, auch wenn es auch unsere Fahrgäste betrifft. Es ist aber natürlich dennoch nicht gut, wenn so etwas passiert.« Auf die Frage, ob die Mainzer Mobilität die Polizei auffordern kann, den Verkehr vor den Einfahrten in die Bushaltestelle Höfchen zu kontrollieren, antwortet Theurer: »Eine Kontrolle der Einfahrt in den Fußgängerzonen Höfchen/Lu wäre sicher wünschenswert, wir werden diesbezüglich noch mal Rücksprache halten mit der Stadt und der Polizei.«
Pressesprecher Alexander Koch von der Mainzer Polizei beantwortete die MAINZER-Fragen schriftlich und telefonisch. Seit Einführung der Großbaustelle Große Langgasse, so Koch, seien mehrere Kontrollstellen eingerichtet worden. Bei den Kontrollen sei insbesondere auf die verbotswidrige Benutzung der Fußgängerzone geachtet worden, da es durch dieses Fehlverhalten vorkam, dass Fußgänger behindert oder gar gefährdet wurden.

Koch verweist auf insgesamt zwölf Kontrollen in diesem Bereich – allerdings wurden bis auf zwei Kontrollen alle dabei erfassten Daten bereits gelöscht. Das sei aus Gründen des Datenschutzes vorgegeben, so Koch. Drei Monate nach einer Kontrolle müssten alle dabei erhobenen Daten gelöscht werden. Einzig die Tatsache, dass eine Kontrolle stattgefunden habe fließe in solchen Fällen in die Polizeistatistik ein. Im Nachhinein ließe sich somit weder die Anzahl der Verkehrsverstöße noch die Anzahl der Bußgelder ermitteln. Allein zur letzten Schwerpunktkontrolle am 31. März 2018 liegen die Erfassungsdaten noch vor: Zwei Polizeibeamte kontrollierten von 15.30 bis 16.15 Uhr elf Fahrzeuge, von denen sechs eine Ausnahmegenehmigung zum Befahren der »Lu« hatten. Allerdings, ergänzt Koch, seien in dieser Zeit weitere Fahrzeuge über die »Lu« gefahren, die nicht kontrolliert werden konnten. Der Polizeisprecher hebt hervor, dass seit Einrichtung der Großbaustelle Große Langgasse am 15. Februar 2018 kein einziger Unfall im Bereich »Lu/Höfchen« gemeldet worden sei. Außerdem erläutert Koch, dass die Polizei ihre Kontrollmaßnahmen nicht daran orientiert, wo sie am meisten Bußgelder eintreiben könne. »Ziel ist es, den Verkehrsunfall in seiner Entstehung zu verhindern.«

Mainz parkt auf seinen Plätzen

Egal an welchem Wochentag, egal zu welcher Uhrzeit: auf Mainzer Plätzen und in Mainzer Fußgängerzonen sind immer Fahrzeuge abgestellt. Wer eine Ausnahmegenehmigung für das Befahren der Mainzer Fußgängerzonen hat, ist auch berechtigt, auf den Plätzen in den Fußgängerzonen zu parken, so steht es auf den gelben Zetteln der Mainzer Stadtverwaltung, die gut sichtbar hinter der Windschutzscheibe platziert sein müssen. Nicht alle Fahrzeuge, die in Fußgängerzonenbereichen parken haben eine solche Ausnahmegenehmigung. Nachforschungen, zwei Wochen lang an mehreren Tagen jeweils vormittags ergaben: sowohl auf dem Gutenberg-, als auch auf dem Ballplatz besaßen von den jeweils dort geparkten Fahrzeugen im Durchschnitt die Hälfte keine entsprechende Ausnahmegenehmigung (großes Foto o.). Die parkenden Fahrzeuge im Durchgang zwischen Ball- und Schillerplatz (Foto rechts u.), ausschließlich PKWs, hatten, bis auf ein einziges, nie eine Ausnahmegenehmigung.

ballplatz

Ist hier nun Parken erlaubt oder nicht, war die Frage, die, da es sich um »ruhenden Verkehr« handelt, von der Mainzer Pressestelle beantwortet werden musste. Laut Pressesprecher Ralf Peterhanwahr sei hier Parken, entsprechend der Beschilderung nur für Lieferverkehr während der zum Be- und Entladen frei gegebenen Zeiten erlaubt. Denn es handele sich um eine angeordnete Fußgängerzone und in Teilbereichen zudem um eine Feuerwehrzufahrt. Das Buß-/Verwarnungsgeld bei Verstößen betrage 30 Euro. Ausnahmeregelungen gelten für schwerbehinderte Verkehrsteilnehmer/-innen mit blauer Sonderparkberechtigung während der Ladezeiten sowie für alle Fahrzeuge, die Sonderrechte haben (z.B. Polizei, Rettung und Feuerwehr) als auch für Fahrzeuge mit Ausnahmegenehmigung, die von der Straßenverkehrsbehörde erteilt wurden. Kontrollen führt hier das Verkehrsüberwachungsamt durch, das seit Jahresbeginn bis Ende April 2018 hier 24 Mal kontrolliert hat. Aufgrund einer Beschwerde avancierte er zum Schwerpunktbereich und wurde allein seit Anfang Mai 34 Mal kontrolliert. Dabei wurden in der Regel zwei bis drei abgestellte Fahrzeuge angetroffen, teils mit Ausnahmegenehmigungen. Hatten sie keine, erfolgten Verwarnungen, im Extremfall ein Schlepp. Insgesamt halte sich das Fehlverhalten aber »in gewissen Grenzen«. Über möglicherweise abzupollernde Durch- und Zufahrtsbereiche könne erst nach der Johannisnacht nachgedacht werden.

Kommentar: Das falsche Signal?

Das Thema Sicherheit und Kontrollen ist eines, über das nicht gerne öffentlich gesprochen wird. Die Mainzer Mobilität befürchtet, die ruhende Debatte über den Busverkehr in der Fußgängerzone könnte wieder aufflammen. Also lieber nicht zu oft darauf hinweisen, dass es für die Busfahrer/-innen anstrengend ist, den eh schon geringen Platz an der Bushaltestelle Höfchen mit anderen Fahrzeugen teilen zu müssen. Polizei und Verkehrsüberwachung haben zu wenige Kräfte, um überall dort, wo Kontrollen und Bußgelder regelwidriges Verhalten und die Gefährdung anderer verhindert, präsent zu sein. Und die, um die es hauptsächlich geht, die Fahrgäste und die Flanierer in der Fußgängerzone, denen bleibt nichts anderes übrig, als sich zu arrangieren. Das kann als Signal verstanden werden: Wer sich nicht um Verkehrsregeln schert, hat kaum etwas zu befürchten. Wer sich an Verkehrsregeln hält, ist selbst schuld.

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