Karl Kardinal Lehmann ist gestorben. Ein ganz großer unter den Menschen, die wissen was sie tun und es erklären können, hat sich auf den Weg gemacht zu dem, auf den er ein irdisches Leben lang vertraut hat.

Es gab Nachrufe über Nachrufe. Alle, die ihm begegnet waren, die um seine Unterstützung gebeten, die sich im Glanze seines Wirkens gesonnt hatten, beschrieben die Großartigkeit dieses Kirchenmannes. Unzählige Menschen wussten von einer persönlichen Begegnung zu erzählen. Meist standen die Herzensgüte, seine Fähigkeit, sich dem Menschen ganz zuzuwenden, im Vordergrund. Sein Humor, sein herzhaftes Lachen oder sein verschmitzten Lächeln – kaum einer der Rückblicke, vor allem aus der Sicht der Mainzer/-innen, kam ohne die Erinnerung an diese außergewöhnlichen Eigenschaften aus.

Meine eindringlichste Erinnerung an den Mainzer Bischof ist eine Situation in der kein Lächeln sein Gesicht erhellen konnte. Ende 1999 verkündete Bischof Lehmann, der damals noch nicht zum Kardinal ernannt worden war, anlässlich einer Pressekonferenz den Rückzug der katholischen Kirche aus der staatlichen Schwangerschaftsberatung. Der Mainzer Bischof musste umsetzen, was Papst Johannes Paul der II. angeordnet hatte. Wie schwer es Bischof Lehmann fiel, dieser Anordnung Folge zu leisten, war seinem Gesicht deutlich anzusehen. Der damalige Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz rang mit sich und mit den Worten. Ich kann mich aber nicht erinnern, dass er in dieser Pressekonferenz die Entscheidung des Papstes kritisiert hätte.
Karl Kardinal Lehmann hatte die Fähigkeit, seine Meinung deutlich zu formulieren ohne damit auf Distanz zu gehen zu denjenigen, die nicht seiner Meinung waren. Ein rhetorisches Geschick, das erlernt, wer Güte und Barmherzigkeit zu leben versteht. Eine Fähigkeit, die in unserer Debattenkultur dringend gebraucht wird und die wir ebenso schmerzlich vermissen, wie sein Lachen und seine klare Haltung.

Das Foto oben entstand anlässlich seines Doppeljubiläums im Oktober 2013: 30 Jahre Mainzer Bischof und 50 Jahre katholischer Priester.

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