Die Mobilitätswende hat es in sich: Staus, Vernichtung öffentlicher Parkplätze, leergefegte Innenstädte, rote Welle.

Das Thema Verkehr erregt die Gemüter. Einerseits sind wir eine mobile Gesellschaft, andererseits ist das Fahren mit dem Verbrenner-Auto laut und es verunreinigt die Luft. Bei Elektroautos sind die Herstellung und die spätere Entsorgung  der Batterie umweltschädlich. Dazu kommt noch die immense Luftverschmutzung durch Schiffe und  Flugzeuge. Aber an die kommt man so schlecht dran, sprich: dazu fehlt den Mainzer Politikern der Einfluss!

Die neue Umweltdezernentin, Janina Steinkrüger, hat schon vor ihrer Ernennung zur Umweltdezernentin der Stadt Mainz verkündet, dass sie gerne die Autos aus der Stadt vertreiben wolle (AZ).

Die von der Verkehrsdezernentin initiierte Bürgerumfrage zum Thema »Verkehr« kam denn auch – Überraschung – zu dem Ergebnis, das ziemlich genau dem vorher geäußerten Wunschdenken der Verkehrsdezernentin entspricht. An der Bürgerbefragung nahmen 2,85 % der Einwohner teil, das sind 6.266 von 220.000 Einwohnern. Dann wurden noch Zahlen geändert, weil zu viele ältere Jahrgänge an der Befragung teilgenommen hatten. Das kann man machen, aber es müsste offenbart werden, nach welcher Methode die Zahlen geändert wurden…

Wichtiger als die Umfrage unter den Mainzern wäre aber die Umfrage im Umland. Was meinen die Menschen aus Rheinhessen und Hessen? Warum kommen sie nach Mainz? Warum kommen sie nicht mehr nach Mainz? Fahren die Rheinhessen und Hessen noch nach Mainz? Wie viele kommen noch ins Zentrum? Langsam fallen in der Innenstadt die Leerstände von ehemaligen Geschäften und Restaurants auf. Und hinter jeder Geschäftsaufgabe stehen Schicksale.




Massive Staus

Die bisherigen Umbauten an der Großen Langgasse haben den Verkehr beruhigt, wenn man darunter massive Staus versteht, besonders an Nachmittagen. Staus produzieren Abgase. Ist das die Basis für die nächste Bürgerbefragung? Weitere Verschlechterung der Luft…

Durch die Vernichtung von öffentlichem Parkraum wollte man die Autofahrer zwingen die teuren Parkhäuser anzufahren. Auf den neu entstandenen angeblichen Flanierboulevards, 8 m breite Trottoirs in der Großen Langgasse, flaniert nur keiner, weil es die ersten 200 m nichts zu sehen gibt (von der Großen Bleiche bis zur kleinen Langgasse), danach kommt auch nicht viel. Leider macht man hier den zweiten Schritt vor dem ersten. Erst sollte man ausreichend Besucher-Parkplätze bauen und dann die Innenstadtparkplätze zu grünen Inseln umbauen!

Der Mär, alles mit dem ÖPNV lösen zu können, widersprechen bundesweit vor allen Dingen die Verkehrs- und Mobilitätsunternehmen. Diese Illusion platzt ganz schnell: Es fehlt an Geld, Personal, Bussen… In Mainz schießen heute schon die Mainzer Stadtwerke jährlich zwischen 20 und 25 Millionen Euro dem defizitären ÖPNV zu. Experten rechnen durch die angestrebte Verkehrswende und den Ausbau des ÖPNV dennoch mit deutlich höheren Verlusten des Verkehrsbereiches in den kommenden Jahren.

Städte sind einst entstanden an bevorzugten Orten, wo sich Wege kreuzten und Flüsse mündeten. Dort konnte man tauschen, essen und trinken. Je mehr Leute kamen, desto schneller wuchs der Ort. Aus Märkten wurden Dörfer und Städte, der Handel wurde zur Triebfeder für viele Entwicklungen. Die Städte wuchsen. Möchte man auch heute eine lebendige Stadt werden und bleiben, dann braucht man zuallererst einen gesunden und florierenden Einzelhandel. Ohne Einzelhandel stirbt die Stadt. Zu sehen an einer gespenstisch-ausgestorbenen Stadt während des ersten Covid-Lockdowns.

Zur Automobilindustrie
Im Jahr 2022 waren in der Auto­mobilindustrie 774.000 Beschäftigte in Arbeit und erwirtschafteten 509.000.000.000 € (509 Milliarden €). *

»Die Automobilindustrie ist Deutschlands wichtigster Industriezweig: So erbrachten die rund 880.000 Erwerbstätigen in der Automobilindustrie im Jahr 2016 nach Angaben der Volkwirtschaftlichen Gesamtrechnungen eine wirtschaft­liche Leistung von 134,9 Milliarden Euro. Dies entsprach einem Anteil von 4,7 % an der Bruttowertschöpfung in Deutschland….

Rund 4 % der Erwerbstätigen in Deutschland sind mit der Automobilbranche verbunden.« ** »Die wichtigste Industriebranche Deutschlands – gemessen am erwirtschafteten Umsatz – ist die Kraftfahrzeugindustrie, der Umsatz lag im Jahr 2022 bei rund 509 Milliarden Euro.« Dazu kommen noch die unzähligen Werkstätten, Tankstellen…

Wie sagt der Volksmund: »Man sollte nicht den Ast absägen, auf dem man sitzt.« Und an die Autokritiker: Man braucht nicht die Politik, um der Automobilindustrie die Grenzen aufzuzeigen, das macht sie schon selbst: Die hoch bezahlten Manager haben allesamt die Elektromobilität total verschlafen. Und jetzt zeigen die Chinesen den Deutschen, wie man preisgünstige E-Autos baut.

* Statistisches Bundesamt

** Google

Große Parkflächen + ÖPNV

Wenn also Autos draußen bleiben sollen und trotzdem Besucher und Kunden nach Mainz kommen sollen, liegt die Lösung auf der Hand: Große Parkflächen an den Ein- und Ausfahrtstraßen und ein kurz getakteter ÖPNV, der die Besucher am Parkplatz abholt und später wieder zu ihrem Auto bringt. Und das zu kundenfreundlichen Tarifen! Das neue Defizit würde wenigstens teilweise durch den höheren Umsatz kompensiert.

So könnte die Innenstadt wieder zu einem lebendigen kommunikativen Zentrum werden. Ansätze gibt es schon: die Burgunder Tage, die Wissenschaftstage der Johannes-Gutenberg-Universität in der Ludwigsstraße, verkaufsoffene Sonntage…

Allein: Autos bekommt man nie komplett aus der Innenstadt: Taxi, Polizei, Krankenwagen, Paketboten, Notärzte, Behindertenfahrdienste, Lieferwagen, Handwerker….

Manchmal wäre auch die Luftreinheit schnell und effektiv zu verbessern, z.B. mit einer » grünen Welle«.  Die ist in Mainz immer noch die Ausnahme – leider. Es gibt dafür sogar ein neues Verkehrszeichen mit eingespiegelter Geschwindigkeitsvorgabe, aber nicht in Mainz. In einer grünen Welle fließt der Verkehr, anstatt dauernd die Bremsen zu betätigen und dann wieder Gas zu geben.  Das sollte eine Landeshauptstadt doch hinkriegen, diese einfache, preiswerte und schnell umzusetzende  Maßnahme.

Will man Autofahrer quälen, schafft man Abbiegespuren ab, verengt die Fahrspuren, provoziert Staus. Bei Hamstern nennt man das »Vergrämen«.

| WHO