Die Corona-Pandemie ist zwar überstanden, aber die Preise für Energie und vieles andere sind enorm gestiegen:

Bundesweit klagen kulturelle Einrichtungen über zu hohe Energiekosten, gleichzeitig müssen sie erhebliche Anstrengungen unternehmen, um die Menschen in die Veranstaltungssäle und Museen zu locken. Wie sieht das in Mainz aus? Gelingt es an die Auslastungszahlen in Zeiten vor der Corona-Pandemie anzuknüpfen? Welche Rolle spielen die Energiekosten im Budget der Mainzer Kultureinrichtungen? Fragen, die DER MAINZER den Verantwortlichen gestellt hat.

Capitol & Palatin

Jochen Seehuber, Mainzer Programmkinos Capitol & Palatin: »Ob unsere Besucherzahlen bereits an jene vor der Pandemie heranreichen, lässt sich zuverlässig erst über längere Zeiträume beurteilen. Hinzu kommt, dass wir wegen der Energiekrise eingeschränkte Öffnungszeiten haben. Jedoch sind die Besucherzahlen bereits überraschend stark, weit entfernt vom damaligen Niveau können sie nicht mehr sein. Während der Pandemie hatten viele selbsternannte Wahrsager Lust daran gefunden, das Ende des Kinos zu behaupten. Die schon jetzt und auch bundesweit zu verbuchenden Zahlen verraten aber: Im Wunsch der Bevölkerung liegt das nicht.« www.programmkinos-mainz.de

Deutsches Kabarettarchiv

Das Deutsche Kabarettarchiv freute sich über steigende Besucherzahlen in 2022, denn es werde zunehmend als Begegnungsort wahrgenommen, ob im Museum, bei Kabarettveranstaltungen oder an der Kabarett-Bar, stellt Archivleiterin Martina Keiffenheim fest. Trotz institutioneller Förderung werde das Archiv mit dem kleinen Budget aber aufgrund der zu erwartenden hohen Material- und Energiekosten und der Inflationsrate Einsparungen vornehmen müssen, um geplante Projekte umsetzen zu können. Es sei von einem Mehraufwand von ca. 23.000 € allein für den Standort Mainz auszugehen. Aus diesem Grund hofft das Archiv dringend auf Zuwendungserhöhungen und Sponsorengelder. www.kabarett.de

Stadthistorischen Museum

Bernd Gudat, im Stadthistorischen Museum für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig, ist erfreut, dass nach der Pandemie kein Besucherrückgang zu verzeichnen sei. Im Gegenteil seien die Zahlen leicht angestiegen. Kultureller Nachholbedarf und die Attraktivität der Sonderausstellungen (aktuell – »Mainz – Stadt am Strom«) sowie diverser Sonderformate (siehe Webseite) sieht er als Ursache. Getrübt werde diese positive Bilanz allerdings durch den Rückgang aktiver Mitglieder im Museumsteam, u.a. würden dringend ehrenamtliche Mitarbeiter:innen für die Aufsicht während der Öffnungszeiten gesucht. www.stadtmuseum-mainz.de

Mainzer Fastnachtsmuseum

Nach dem Corona bedingten Rückgang hat sich die Anzahl der Besucher im Mainzer Fastnachtsmuseum mittlerweile stabilisiert, bzw. liegt sogar über denen vor Beginn der Pandemie, berichtet Dr. Diether Degreif, 1. Vorsitzender des Fördervereins Mainzer Fastnachtsmuseum. Dazu trage u.a. die Ausstellung »Mir kenne noch« über den Neustart der Mainzer Fastnacht nach 1945 bei, sowie der zunehmende Besuch größerer Gruppen und Schulklassen. Derzeit könnten die Kostensteigerungen im Bereich Energie, Heizung und allgemeiner Geschäftsbedarf noch durch vorsorglich gebildete bescheidene Rücklagen aufgefangen werden. www.mainzer-fastnachtsmuseum.de

Naturhistorisches Museum Mainz / Mainzer Gutenberg-Museum

Die beiden »städtischen« Museen, das Naturhistorisches Museum Mainz und das Mainzer Gutenberg-Museum, lassen via Mainzer Pressestelle mitteilen, sie seien zuversichtlich, die Nachwirkungen von Corona überwinden und die Besucheranzahl weiter steigern zu können. Sicherlich kein leichtes Unterfangen, muss doch das GuMu während des anstehenden Neubaus ins NHM »umziehen«, was gleichzeitig für das NHM bedeutet, einige Ausstellungsstücke aus Platzgründen nicht zeigen zu können. Annähernd 100.000 Gäste hätten das GuMu 2022 besucht – damit ist das Weltmuseum der Druckkunst nach eigenen Angaben auf dem besten Weg, das Vor-Corona-Niveau zu erreichen. www.gutenberg-museum.de / www.mainz.de/nhm

Mainzer Kunsthalle

Die Mainzer Kunsthalle steht vor einem vorübergehenden Amtswechsel: Yasmin Afschar vertritt als Interimsdirektorin Stefanie Böttcher in ihrer Elternzeit und wird bis März 2024 vier Ausstellungen umsetzen. Die Besuchszahlen hätten wieder das Niveau der Vor-Corona-Zeit erreicht, schreibt Yasmin Afschar. Sowohl beim Interesse an den Ausstellungen und den Begleitprogrammen wie beim Kunstvermittlungsprogramm sei das enorme Nachholbedürfnis der Kinder und Jugendlichen zu spüren. Auch Schulen nutzten die Angebote für Ausstellungsrundgänge und Workshops stärker als in den Zeiten vor Corona. www.kunsthalle-mainz.de

Staatstheater Mainz

»Die Entwicklung der Besucherzahlen im Staatstheater Mainz ist absolut positiv«, sagt Intendant Markus Müller. »Im November und Dezember 2022 konnte das Niveau der Zeit vor Corona erreicht werden – mit einem Besucherplus von mehr als 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Zahlreiche Vorstellungen spielen wieder vor ausverkauftem Haus, darunter Sweeney Todd, Cosí fan tutte, Peter Pan, Soul Chain, Promise, Anna Karenina, Sophia, der Tod und ich sowie regelmäßig die Kakadu Bar. Allein das Familienstück Der Wunschpunsch haben über 31.000 Zuschauer*innen gesehen.«

Die allgemeinen Kostensteigerungen bedeuteten erhebliche Herausforderungen, ergänzt Müller. Heizkosten und Materialpreise in den Werkstätten wirkten sich dabei ebenso aus wie die gestiegenen Mindeslöhne und -gagen. »Im Bereich Energie wurde bereits vor Jahren durch Umrüstung der Scheinfwerfertechnik auf LED gegengesteuert, was eine Ersparnis von bis zu 90% bedeutet.« Eine Arbeitsgruppe entwickele Modelle zur Nachhaltigkeit, der Theaterbetrieb werde dahingehend konsequent überprüft, Bühnenbilder würden auch unter dem Aspekt der Recyclebarkeit konzipiert: »All dies hilft, wird allerdings die zu erwartende massive Kostenbelastung nur zu einem Teil auffangen können.« www.staatstheater-mainz.com

Landesmuseums Mainz

Wir sind derzeit sehr zufrieden, schreibt Dr. Birgit Heide, Direktorin des Landesmuseums Mainz. Die Ausstellung zu Paul Strecker, die Familien- und Mitmach-Ausstellung »High Tech Römer« und das Römerfest hätten jeweils gute bis sehr gute Besucherzahlen erreicht. Trotz der insgesamt guten Resonanz sei das Niveau von vor der Corona-Pandemie noch nicht erreicht. Allerdings hätten die verschiedenen Formate und die auch digital durchgeführten Vorträge zahlreiche neue Besucher:innen ins Museum geführt. Aufgrund von energiesparenden Maßnahmen, die bereits 2022 vorgenommen wurden, seien die Energiekosten deutlich gesenkt worden, so dass es keine Einschränkungen für die in diesem Jahr geplanten Ausstellungen und Projekte geben werde. www.landesmuseum-mainz.de

Mainzer Forumtheater unterhaus

Sie seien zufrieden, was die Veranstaltungen betreffe, berichtet Britta Zimmermann, Geschäftsführerin des Mainzer Forumtheaters unterhaus, um dann auf das neue Motto in der Kulturbranche anzuspielen: »60 Prozent ist das neue ausverkauft«. Auf jeden Fall ziehe der Ticketverkauf wieder an, manche Veranstaltungen seien schnell ausverkauft, bei anderen dauere es länger oder gelänge gar nicht. Zugenommen hätten die spontanen Buchungen, vor der Pandemie seien Eintrittskarten länger im Voraus gekauft worden. Auch mit den Energiepreisen kämen die »Unterhäusler« ganz gut hin. Dank eines freiwillig durchgeführten Energie-Audits seien schon vor längerer Zeit veraltete Technik ersetzt und die Beleuchtung komplett auf LED umgestellt worden, die Energieeinsparungen seien spürbar. Da Co-Geschäftsführer Luca Caso eigenhändig den Thekendienst bei den Veranstaltungen leistet, fielen an dieser Stelle die Personalkosten weg. Britta Zimmermann verweist auf die drei finanziellen Standbeine des unterhauses: Ticketverkauf, Unterstützung durch den Förderverein und die institutionelle Förderung. Damit ließe sich auskömmlich wirtschaften. www.unterhaus-mainz.de