Rued Langgards Oper »Antikrist« als deutsche Erstaufführung

Furiose Streicherklänge, Trompetenfanfaren und spannungsgeladene Paukenwirbel. Dann ein geheimnisvolles Flirren, düsteres tiefes Blech und plötzlich: ein operettenartiger Walzer, aus dem heraus sich die Solovioline zum erregten Wechselspiel mit dem Orchester aufschwingt. Dazwischen immer wieder satter Orgelklang, Glockengeläut und schließlich hymnischer Chorgesang.

Die Musik zu Rued Langgaards 1930 komponierter Oper »Antikrist« ist wechselhaft und vielseitig und in eine ungewöhnliche und faszinierende Form gegossen: Sie beginnt mit einem Prolog, in dem Gott und Luzifer den Antichristen heraufbeschwören und in die Welt hinaus entsenden. Doch der Antichrist erscheint nicht einfach als Figur, er hat mehrere Gesichter und präsentiert sich in verschiedener Gestalt. Missmut, Große Hure, Hass oder Lüge sind nur einige Namen, die er trägt. In mehreren aufeinanderfolgenden Bildern zieht er die Aufmerksamkeit der Menschen auf sich, umgarnt und verführt sie – und treibt die Welt schließlich bis an den Rand des Untergangs. Erst als die Sterne herabstürzen und die Welt am Boden liegt, greift Gott ein und vernichtet den Antichrist mit ewigen Blitzen.

Langgaard hat den Text der Oper selbst verfasst und stützt sich dabei auf die apokalyptischen Bilder der Johannesoffenbarung. Doch die biblischen Szenen dienen ihm vor allem als Spiegel seiner eigenen Zeit, die er als oberflächlich und materialistisch empfand. Stimmungen, die auch in unserer Zeit deutlich zu spüren sind: Orientierungslosigkeit angesichts einer pluralistischen Welt, das Sich-Verlieren in Pessimismus, der Drang zur Selbstoptimierung oder das Sich-Verstricken in Lebenslügen.

ANTIKRIST
von Rued Langgaard
Musikalische Leitung: Hermann Bäumer, Inszenierung Anselm Dalferth
Premiere 3. Juni, Großes Haus, weitere Spieltermine 10., 12. und 19. Juni
www.staatstheater-mainz.com