»Man darf nicht alles glauben, was man sieht«

Seit Wochen proben die Schauspielerinnen und Schauspieler Fallen. Treppenfallen. Immer und immer wieder. Der volle Körpereinsatz fordert blaue Flecken und andere Blessuren. Keiner schont sich.

Denn für die Figuren auf der Bühne steht viel auf dem Spiel. Viel Geld. Und das könnten sie verlieren, wenn sie sich nicht anstrengen. Denn wenn sie sich nicht anstrengen, könnten sie bald auf dem Boden der Tatsachen landen. Sie alle leben im goldenen Käfig, im Hause Orgons, der viel zu vererben hat. Nun aber will er alles Tartuffe vermachen, womit er die Familie in größte Panik versetzt. Bevor der Fremde ins Haus kam, tanzte man dort dem Familienoberhaupt auf der Nase herum. Doch damit ist jetzt Schluss. Denn jetzt droht die Wohlstandsblase zu platzen. Abseits von Macht und Geld ist Orgon auf seiner Suche nach einem höheren Sinn fündig geworden. Er hat Tartuffe, einen Underdog von der Straße, in sein Haus geholt. Durch ihn fühlt er sich wie neu geboren. Tartuffe ist der Heilsbringer, bescheiden und demütig. Das Gegenteil von der verwöhnten Brut. Und der Eindringling bewirkt, dass alle plötzlich um ihren Wohlstand und ihr Erbe bangen. Für Orgon ist er Mittel zum Zweck, die Familie gefügig zu machen: Wenn sie nicht folgen, verlieren sie alles. Wie sie sich da plötzlich winden, sich lieb Kind machen. Es ist eine absurde Maskerade, alle belügen einander, jeder ist sich selbst der Nächste. Tartuffe lässt es sich derweil gutgehen, für seinen neuen Lebenswandel muss er noch nicht einmal einen Finger krumm machen. Tartuffe ist ein Scharlatan, ein Blender und Schmarotzer. Doch Orgon liegt dem Mann zu Füßen, der ihn zum Narren hält. Das bereitet seiner Familie Kopfschütteln und Haareraufen. Und dem Publikum großes Vergnügen.

«Tartuffe» von Molière

Inszenierung: Christoph Frick

Premiere am 3. März

weitere Vorstellungen
am 8., 15., 18. und 31.3., 10., 24. und 29.4., 9.,12., 22. und 23.5., sowie 1. und 8.6.

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