»Vor dem Dorscht und nach dem Dorscht immer schmeckt rhoihessisch Worscht!«

Wenn die Mainzer und Rheinhessen über »ihre« Wurst sprechen, ist damit meist die klassische »Fleischwurst« gemeint, die auch außerhalb der Region als ein Teil der gastrosophischen Trilogie »Weck, Wurst und Wein« (aka »Weck, Worscht un‘ Woi«) bekannt ist und uns zugeschrieben wird. Viele Mainzerinnen und Mainzer haben nicht nur ihren Lieblingswinzer und Lieblingsbäcker, sondern auch ihren Lieblingsmetzger bei dem sie regelmäßig, wenn nicht sogar ausschließlich, einkaufen und auf dessen Produkte sie nichts kommen lassen. »Wenn Du eine richtige Fleischwurst essen willst, musst du zum X gehen!«

Schließt die Innenstadt-Filiale des Stamm-Metzgers, ist er auf dem Wochenmarkt nicht mehr zu finden oder macht er sein Geschäft komplett zu, ist dies für den Einheimischen genauso schlimm wie die Schließung der Weinstube mit der die Familie über Generationen verbunden ist. Nur langsam nähert er sich den Produkten der noch am Markt verbliebenen Anbieter an, bis er eines Tages frohlockt: »Die Fleischwurst vom Metzger A ist ja (fast) genauso gut wie die vom Metzger B.«

Doch was ist eine Fleischwurst eigentlich genau – was macht ihren typischen Geschmack, ihre typische Konsistenz aus? (Wobei wir unterstellen, dass es einen »typischen Geschmack« und eine »typische Konsistenz« gibt.)

Die gute Nachricht zuerst: Wir müssen nicht bis zu den Römern zurückgehen – schon ein Blick über unsere westlichen Grenzen genügt. Aber auch hier gilt: Je länger man recherchiert, desto komplizierter wird die Antwort.

Fassen wir zusammen: Die Fleischwurst ist eine Brühwurst ohne Einlage. Sie besteht primär aus gepökeltem Schweinefleisch und kann mit Rückenspeck, Rind- und/oder Kalbfleisch sowie diversen Gewürzen variiert werden. Die so entstandene Masse wird mit feinem oder groben Eisschnee vermischt (gekuttert), in Därme gefüllt, gebrüht und leicht geräuchert.

Je nach dem Anteil der bindegewebsfreien Proteine im Fleisch (BEFFE-Gehalt) kommt sie unter verschiedenen Namen in die Wursttheke (»einfache Fleischwurst«, »Fleischwurst (extra)«, Schinkenfleischwurst etc.)

A-pro-pos-Namen: Eigentlich ist die Fleischwurst eine Lyoner. Sie wird so genannt, weil das Ur-Rezept aus dieser Stadt stammen soll. Allerdings wird sie dort heute »Cervelas« genannt – was nichts mit unserer Cervelatwurst zu tun hat. Als »Lyoner« kennt man sie im deutschsprachigen Gebiet meist nur im Saarland. Auf ihrem Weg über den Atlantik hat sie dann weitere Wandlungen durchgemacht. In den USA ist sie unter den Namen Bologna und Polony bekannt. Allerdings findet man auf einem Bologna-Sandwich meist nur eine Scheibe Mortadella – mit Ketchup, Senf und Mayonnaise. In einigen Gegenden der USA ist diese Kombination auch als Baloney-Sandwich bekannt – wobei Baloney ein Slangausdruck für »Blödsinn« ist.

 

Die Sieger des Fleichwursttests

Platz 1
Landmetzgerei & Wildkammer Schuck (Schwabenheim)

Platz 2
Metzgerei Walz (Mainz)

Platz 3
Metzgerei Frankenberger (Mainz)

Die weiteren Finalisten (in alphabetischer Reihenfolge)

Eckert Metzgerei Catering (Bodenheim)
Globus Fachmetzgerei (Mainz)
Metzgerei Hamm (Stadecken-Elsheim)
Landmetzgerei Harth (Stadecken-Elsheim)
Metzgerei Kleemann-Liebst (Mainz)
Metzgerei Rheinganz (Mainz)
Metzgerei Schuster (Mainz)
Metzgerei Weil (Mainz)

Kleine Historie DER MAINZER Fleischwursttest

Bereits in den neunziger Jahren hatte der MAINZER schon dreimal die Frage aller Fragen gestellt: Welche Fleischwurst ist die beste ihrer Art, mundet den Mainzer und Rheinhessen am besten (kalt oder warm) und besticht darüber hinaus durch Geruch und Aussehen? Jedes Mal rief die Redaktion eine Prominenten-Jury zusammen, die goutierte und bewertete und obwohl es immer einen harten Kampf – Pelle an Pelle, Zipfel an Zipfel – gab, stand schließlich bei diesen frühen Wettbewerben immer die gleiche Wurst auf der obersten Stufe des Siegertreppchens und konnte ihre Enden stolz in den Mainzer Abendhimmel recken: Das Prachtstück aus dem Hause Riechardt.

Zwölf Jahre später (2006) schien uns die Zeit gekommen, das »Projekt Fleischwurst« erneut anzugehen. Der neue Test fand im Rahmen der 2. »Woche des Geschmacks«, einer Initiative vom Haus Burgund in Zusammenarbeit mit dem MAINZER, statt. Neu war auch der Veranstaltungsort: die Verkostung fand jetzt öffentlich auf dem Theaterplatz statt. Hier siegte die Fleischwurst der Metzgerei Ebling. Der fünfte Test fand im Sommer 2015 statt – ohne den Titelverteidiger. Die Metzgerei Ebling schloss im gleichen Jahr und kam daher nicht mehr in die Wertung. Das Finale war spannend wie nie: Am Ende konnte sich die Metzgerei Hamm (Stadecken-Elsheim) in einem Fünferfeld knapp durchsetzen.

Fleischwursttest 2025

Nach fast einem Jahrzehnt lud der MAINZER in diesem Frühjahr erneut zum Test. Fachjury und Redaktion versammelten sich am 14. Februar im Atrium Hotel Mainz. Den 16 Testerinnen und Testern wurden die Würste von 11 Metzgereien präsentiert. Jede Wurst wurde in den Kategorien »Geschmack kalt«, Geschmack warm«, »Geruch« und »Optik« mit Schulnoten bewertet. Nicht mehr dabei war der dreimalige Champion aus dem Hause Riechardt. Auch diese Metzgerei wurde inzwischen geschlossen.

Die abgegebenen Noten wurden in den folgenden Tagen in der Redaktion ausgewertet und alle Anwesenden zu Geheimnisträgern (bis zum Erscheinungstag dieses Heftes) erklärt.
Dazu noch eine Anmerkung: Wir wenden auch in diesem Jahr das Procedere an, das bei den letzten Tests mit der Mainzer Fleischer-Innung abgesprochen wurde. Das bedeutet, dass wir

a) nicht die Noten der einzelnen Würste veröffentlichen, da diese vermeintlich »absolute Maßstäbe« bei einem subjektiven Test setzen und

b) auch nicht die Testurteile der einzelnen Jury-Mitglieder abdrucken. Auch dies soll schon in Einzelfällen zu Unstimmigkeiten mit dem jeweiligen »Hausmetzger« geführt haben.

Klarer Sieger wurde in diesem Jahr die Landmetzgerei & Wildkammer Schuck aus Schwabenheim an der Selz. Vielen Mainzerinnen und Mainzern auch durch ihre Filiale am Schillerplatz (Kötherhofstraße 1a) ein Begriff.

Auf den Plätzen zwei und drei endeten fast punktgleich die Metzgereien Walz (Mombach / Wochenmarkt) und Frankenberger (Schießgartenstraße).

Wir gratulieren dem Sieger und allen Teilnehmern an dem spannenden Finale.

Resümee

Was bedeutet dieses Ergebnis nun? Zunächst einmal: Die Fleischwurst aus Mainz und Rheinhessen ist Spitze – auch in der Breite. Jeder Metzger bringt seine individuelle Note mit in die Pelle ein, die sein Produkt (fast) unverwechselbar macht.
Alle Würste wurden im Schnitt hoch bewertet – es gab auch in diesem Jahr praktisch keinen einzigen negativen Ausreißer. Und die Mitglieder der Jury haben sich als gleichermaßen kritische wie faire Fleischwurstexperte geoutet – was das Lob an die Spitzenwürste noch wertvoller macht.

Übrigens: Sollte »Ihre« Wurst in diesem Jahr nicht auf dem Siegertreppchen gelandet sein, ist das kein Grund, gleich den Metzger zu wechseln. Tests sind subjektiv und auch bei Jurymitgliedern entscheidet die Tagesform. Und Varianten »mit Musik« oder »an Kraut« würde das Bild wahrscheinlich auch schon wieder verändern. Von der Variante »Cervelas chaud à la Beaujolaise« ganz zu schweigen. Das Thema »Fleischwurst« ist noch lange nicht ausgereizt.

|MDL

Testerinnen und Tester

  1. Dr. Matthias Dietz-Lenssen Autor
  2. Alexander Ehrhardt Hut Streibich
  3. Lutz Frey Atrium Hotel
  4. Dirk Fuhrmeister Fuhrmeister
  5. Engelbert Günster IHK
  6. Werner Horn HWK
  7. Walter Kehr Journalist
  8. Michaele Link unterhaus
  9. Manuela Matz Rathaus
  10. Peter Metzger Möbel Martin
  11. Jan Sebastian Willenberg
  12. Hans-Jürgen Stierle Mainz Gourmet
  13. Harald Strutz Mainz 05
  14. Melitta Soost Haus Burgund
  15. Peter Walz Innungsmeister
  16. Britta Zimmermann Unterhaus